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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Franz, Gunther [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0100
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6. Polizeiordnung 1556

Wir Helena, grevin von Hohenloe etc., witwe,
geborne deß Heyligen Römischen Reichs erbtruch-
seßin, freylnn zuWaldpurg, und wir Conradt, grave
zu Thuhingen, herr zu Liechteneckh, als verordnete
und an dem kayserlichen ca-mmergericht bestettigte
vormunderin und vormunder deß wolgebornen
Eberharten, graven von Hohenloe etc., unsers
freundiichen, lieben sons und pfiegsons 1, entbieten
allen und jeden unsern ambtleuten, vögten, kellern,
schulthaißen, burgermaistern, dorfmaistern und
gemahiden, auch allen und jeden unsern undertonen,
hhiderseßen und verwandten, gaisthchen und welt-
lichen 2, unsern gunstigen gruß und gnad zuvor und
geben euch dabei zu erkennen:

Nachdem wir in teghche erfarung kommen, das
clie schweren laster deß gotßlesterns, schwerens,
spilens, darzu deß zu- und volltrinkens, tag und
nacht in wirtzheusern ligen, clas ir lasterlich und
uppighch verton, weib und kind, auch sich selbst
an bettelstab richten, darzu der ehebruch, kupple-
rey und dergleichen sich teghchs je lenger je mer
einreißen will, welches alles nit allem zu erhaltung
gemaines fridens, erbarer gutter polhcey und wesens,
sonder auch Gott, dem Almechtigen zum höchsten
zuwider, und sein heyhgs wort dardurch geschmecht
und vil menschen geergert werden, derwegen wir
dann von obrigkeit wegen emsehens zu haben ver-
ursacht worden: gebietten und befelhen demnach,
das ein jeder, er sey frembd oder haimisch, sich ge-
melter laster hinfuro enthalte. Wurde aber von je-
mants solchs ubertretten und dem zuwider gehan-
delt, der oder dieselbigen sollen mit unnachleßiger
straff gestrafft werden, wie nachvolgt.

Und ersthchen

[l.JVon der gotteslesterung
Welcher hinfuro, er sey frembd oder haimisch,
mami oder frawen, jung oder alt, niemants alhie

1 Helena, gest. 1567, Witwe des Grafen Georg von
Hohenlohe, und Konrad V. Graf von Tübingen,
gest. 1569, waren bis ca. 1558 Yormünder für Graf
Eberhard (1535-1570).

2 Siehe S. lOf.

3 Das Lästern der Heiligen und der Mutter Gottes
war auch in der PolizeiO. 1558 (Nr. 13, S. 139) und
in den württembergischen Landesordnungen (z.B.
Reyscher 12, 841) verboten. Der Beiname Marias
wirkt unprotestantisch.

4 Gegenüber RPO 1530 Tit. 1 liegt eine Ermäßigung

außgenommen, bei Gottes craft, macht, almechtig-
kait oder bei unsers heben herren und erlösers Jesu
Christi sacrament, marter, leiden, wunden, flaisch,
blütt und dergleichen, welcher auch Gott, den Al-
mechtigen oder sem heyhgs wort, das hochwirdig
sacrament cleß leibs und blüts unsers herren Jesu
Christi, dergleichen den tauf, die außerwelte, gebe-
nedeite junkfrawen Maria, auch die heyhgen Got-
tes 3 4 lestern, schenden oder verachten ’wurden, der
oder dieselbigen sohen ersthch vier tag im turn mit
waßer und brott gespeist und gestrafft, und, so er
zum andern mal solchs ubertretten und solche got-
teslesterung begehen wurde, alsdann acht tag im
turn mit waßer und brott, wie obstett, gestrafft,
und, so der oder dieselbigen zum trittenmal mit sol-
cher gotteslesterung betretten und uberfaren wur-
den, alsdann sollen solche ubertretter fur recht ge-
stelt und seinem verschulden nach, wie recht, ge-
strafft werdenh

[2.] Vom zutrinken

Es soll auch hinfuro kain burger, inwoner oder
underton, er sey in- oder ußlendisch, knecht oder
clienstverwanter, niemants außgenommen, den an-
dern mit zu- oder volltrinken, offenthch noch haim-
hch, das were mit uberflußigem bringen, worten
oder in was gestalt das ummer geschehen mag, nöt-
ten oder zwingen 5, sonder sich liierhi meßighchen
und beschaidenhch halten. Wo aber jemants solchs
ubertretten und diser ordnung zuwider handeln
wurde, der oder dieselbigen sollen mit dem turn,
auch waßer und brot gestrafft werden nach gelegen-
hait irer ubertrettung.

Und nachdem wir hi gewiße erfarung kommen,
das die hiwoner, auch andere undertonen, tag und
nacht hi den wirtzheusern hgen, das h uppighch,
unnutzhch und schenthch verton, weib und kind,

vor. Dort sollte 1. mit 14 Tagen Turm, 2. am Gut,
3. am Leben oder durch Abhauen etlicher Gliederge-
straft werden. Ygl. CCC Art. 106.

5 ,,Der Zutrinkende begrüßt mit Wort oder Gebärde
[Anzeigung] den andern, der ihm Bescheid tut und
auch den Trunk wiederholt. So wird das Z. zu einem
Brauch eines mehr oder weniger rohen geselhgen
Trinkens, das bes. im 15.-17. Jh. herrschte und in
den Trinkzwang ausartete. ‘ ‘ Bringen = zutrinken
(■Grimm 16, 873). Nötten = nötigen, zwingen.

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