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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0148
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12. Visitation 1558

[11.] Von ainer christlichen zucht 76

Dieweil die welt gantz und gar verrucht und ires
gotlosens lebens will gerumbt sein, so haben die
kirchendienerP ainen herlichen bevelch von Chri-
sto und seinen aposteln, nemhch, das sie das hail-
tumb niht fur solhe hund oder die berhn fur solche
sew schutten oder die hend uf sich eylends legen
sollen 77. Derhalben dieienigen, so in offenthchen
lastern hegen und etlich mal sind ermant worden,
aber unbußfertig drotzenlicher weiß in iren sunden
beharren, sollen niht zum nachtmal, zum tauf als
gvattern gelaßen oder wie ain rechter christ, sonder
wie ain hund zur erden bestettigt werden. Domit
aber niemands hierin zu weit schreit, seien hiebey
die furnembste stuck bezeichnet, umb dero willen
ain solche christliche zucht möcht angericht wer-
den:

Die in öffentlichem ehebruch begrieffen, mans-
oder weibsperson, jungfrawen oder rnagd geschwe-
chet oder die geschwechet worden.

Die ain todsehlag getan und wiederumb einge-
deitigt 78.

Die vatter und muter schlagen, von iren män-
nern oder weibern laufen.

Die verharliche, lesterische papisten seien und
sich niht bekeren wöllen.

Die in unchristlichem wucher liegen und niht
darvon laßen.

Die in langwierigen haß und feindschaft verhar-
ren und wöllen nilit verzeilien.

Die das sacrament in ethch jaren niht empfan-
gen, sonder uber die vermanungen gelestert 79 und
veracht haben.

Die in zechen und uber spiel, in hader und trun-
kenhait erwurget werden und kain bekerung an
inen gmerkt wird.

Die zur predig gantz und gar niht kommen, auch
iren kindern trotzlicher weiß die kinderlehr ver-
pieten.

p In A geändert für: kirchen.

,,denen“ oder ,,(zu)dem“.

76 Nach der obrigkeitlichen Sorge für die Zucht wird
jetzt die Kirchenzucht durch die Pfarrer behandelt;
siehe die Einleitung S. 118.

Die ursachen aber seind diese:

Erstlich, weil die sund offentlich, darnit yeder-
man erkenne, das Gottes wort solche sund straffe,
und die gefallene personen zur ernster bekerung
verursacht werde, dann sonst ghen ir viel dahin,
denken niht ainmal, das sie wieder Got und den
nechsten gesundigt, wie man alle tag erfert.

Zum andern haben solche person die kircben
grewhch geergert, da seind sie schuldig, sich wieder
darnit zu versonen.

Zum dritten bedorfen die gefallene des gepets.
Hat man sich nun niht geschembt der sunden, solle
man billich sich auh niht schemen, das zu zeithcher
und ewiger wolfart dienet.

Zum vierten andern zu ainem abschew, den ci man
auch dienen soll. Dann wie solche andern leuten ain
exempel zu sundigen gegeben, also sollen sie wie-
derumb ain exempel geben, sich von sunden abzu-
halten.

Letzhch, so raichet solches nilit zur schand, dann
man sich berait zuschanden gmacht hat, sonder zu
ehren bey Gott und den menschen und zu gedeien
an leib und seel, darzu die kirchendiener nihts an-
der suchen.

Versehen sich derhalben die kirchendiener, es
werde unsere gnedige herschaft das ir auch darzu
tun, damit sie sampt den iren Gottes zorn entpflie-
hen mögen.

b. [Waldenburger Generalartikel nach
der Yisitation]

Des wolgepornen berrn, herrn Conrads,
grauens zü Tübingen und herrn zu Liecb-
teneckh, meins gn[edige]n herrn, retlich
bedenken liber die artickel, so uber ver-
richte visitation ubergeben worden

Ersthch im ampt Schillingsfurst [... Spezialar-
tikel nicht abgedruckt ...]

77 Perlen vor die Säue werfen, Mt 7, 6. - Die Hände
lege niemand zu bald auf, 1 Tün 5, 22.

78 einteidi(n)gen = jmd. (wieder in die Gemeinschaft)
aufnehmen (DEW 2, 1471).

79 = trotz der (durch den Pfarrer erfolgten) Vermah-
nungen gegen das Abendmahl gelästert.

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