Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0158
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13. Polizeiordnung 1558

Es soll auch niemands von gastgeben oder wir-
ten 67 unsern undertanen sollich zudrinken und
warten 68 gestatten oder zulassen, auch weder hilf,
rat noch tat darzue tue[n], bei 69 obbestimbter
straff, die unsere amptleut von den wirten gezwi-
facht nemen und doran nit nachlassen sollen.

[8.] Das sich niemand ohne vorwissen
seiner eltern, vormunder oder
freuntschaft 70 wissen verheyraten soll
und von winkelehen

Nachdem dann weyter in erfarung befunden, das
sich vill unrichtigkeit, irrung, gezenk und beschwe-
rung auß den haimblichen glübden und verspre-
chung der ehe, so ohne verwissen der elter oder irer
verlassenen 71 kinder vormunder, derselben freund-
schaft oder sonsten haimlichen und m den winkel
vilmals geschehen oder geschehen sein, angezogen
werden, und das dardurch auch jernals andere
unzucht- und -geburliche handlung beschonet 72
werden will, zutragen: solchen ungeschickhchkeiten
und unzimlicheit, so auß götthchen und mensch-
lich rechten [verboten] 73 und aller erbarkeit ent-
gegen und zuwider, zeitlichen zu begegnen und für-
zukommen, so bevelhen wir hiemit allen unsern
raten, amptleuten, vogten, kellern, schultheissen
und sonsten allen andern, in was versehung die
seyen 71, das, wa sich kunftig mehr zutragen und be-
geben würd, das man solche heimliche wmkelehen

h A: einlatten.

1 A: irer.

67 Gastgebe = Gastwirt. — Württ. LO 1552: + wein-
schenken oder andern stuben meister und knechten.

68 = „nachkommen beim geselligen Trinken“, Ant-
wort auf das Zutrinken (Grimrn 13, 2147). Württ.
LO 1552: bringen in irn behausungen nit.

69 Schluß in Württ. LO 1552: bei gleicher straff, wie
bei den zutrinkern oben begriffen steet.

70 = Verwandtschaft.

71 Verwissen = Vorwissen; verlassen = hinterlassen,
nach dem Tode zurücklassen.

72 beschönen = rechtfertigen, entschuldigen.

73 Römisches Recht: CJC Inst 1, 9 (De patria pote-
state) und 1, 10 (De nuptiis); D 23, 2, 2, 18. 35; C 5,
4, 18 pr. Im kanonischen Recht war nur der Kon-
sens beider Nupturienten notwendig (Corpus Juris
Canonici Causa 27, quaestio 2, c. 2), anders die älte-
ren Canones, z.B. C. 32 q. 2 c. 13, C. 30 q. 5 c. 3.

und glubden, die ohne vorwissen der elter oder irer
verlassenen kinder, vormunder oder anderer irer
freundschaft, sonderlichen von denn personen, so
under fünfundzwaintzig jaren seind, geschehen
und nit offentlich in ethcher unverdechtiger per-
sonen beisein oder gegenwertigkeit versprochen
und gehandlet weren, anzeigen und volnzogen ha-
ben wolt, das man dieselben personen mit sollichem
irem fürhaben und begeren [nicht] zulassen, noch
inen ires mutwillens gestatten, auch solches für
kein ehe halten, einlaiten 11 75 noch volnziehen las-
sen soll.

Ob sich auch iemants mit vergessung und hin-
stellung iunkfrawlicher oder weiblicher zucht, vde
sich das vielmal zutragen ist und geclagt würd,
darauf konftig beschoenen und dernhalben ver-
lorner ehr abtrag oder widerkerung 76, in was weiß
oder weg das ausserthalb notzucht geschehen
möcht, begeren wolt, soll man sich solcher clagen-
den personen von unsertwegen alhie zu hoff und in
unsern ampten nit annemen, sonder dieselben irer
inzichtigen handlungen selbst schult tragen und
die angezogene schmach iren * 1 verdienten lohn sein
und pleiben lassen.

[9.] Von hochzeiten 77

Alß dann auß dergleichen und ander ufrichtigen,
offentlichen eheversprechnussen sich begeben tut,
das man zu volziehung derselben hochzeiten halten

Luthers Stellungnahme gegen die heimlichen Ehen
stützte sich auf das 4. Gebot. Er setzte sich gegen-
über den Wittenberger Juristen durch. H. Dörries,
Der Juristen Schwitzbad. In: Pestschrift für Erich
Ruppel zum 65. Geburtstag am 25. Jan. 1968.
Hrsg. v. H. Brunotte u.a. Hannover usw. 1968, 63-
88.

74 Versehung hier = Amt. Zu den einzelnen Ämtern
siehe S. 9f.

75 Einleiten = einsegnen (für die kirchliche Trauung),
nachdem die eigentliche Eheschließung durch die
Verlobung geschehen ist.

76 Abtrag = Genugtuung, Sühne durch Geldzahlung,
Ehrenerklärung usw. (DRW 1, 307). Widerkehrung
ist ebenso eine Ersatzleistung oder Entschädigung
(Grimm 14, 1, 2, 1080).

77 Dieses Kapitel ist in die EheO. 1572 (Nr. 19a, § 5)
bearbeitet aufgenommen worden, wobei ausdrück-
lich auf vorliegende Ordnung Bezug genommen
wurde.

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