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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0194
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19. Eheordnung 1572

ehelichung ihrer kinder die erbar- und billichkeit
selbsten bedenken und gefahrlicher oder aygen-
nütziger weiß m die harr 13 und unrechtmeßigen 1
ursach nit verziehen u.

Dan wo in solchem fall ein kind auf sein begheren
inner v fünfundzweintzig jhar semes alters von denn
eltern woder denen, die an derselbigen stat seind w,
an der vermehlung abgehalten und daßelbig nach
verscheinung jetzt bestimbten alters wider eher
handlen oder sich seines aigenen willens verheuraten
würde, so seind wh’ entschlossen, zusampt dem, was
in solchen fall die beschribene recht verordnen und
setzen 14, solchen unväterlichen, unerbarn undgever-
lichen x verzug der gebür nach eberuneßig y straffen
zu laßen 2.

1 KO 1582: ohne rechtmeßige.

u KO 1582: + und sonderlich, da die kinder ire
eltern umb erlaubtnus, sich mit gewissen ehrlichen
personen zu verheyraten, ersuchen und bitten
würden, sie ohne genugsame, erhebliche ursachen
daran nit verhindern.
v KO 1582: so uber.

w-w KO 1582: auch uber obvermelte angelegte bitt.
x A: unvarlichen 16.
y KO 1582: + an den eltern.

2 ,,zu“ fehlt A und C. - KO 1582: + Wir gebieten
und setzen auch hiemit ernstlich, das diejenigen,
so under der vormundschaft gewalt und ir vol-
kommen alter noch nicht erraicht, sich ebenmessig
nicht on irer vormunder und derselben nechsten
befreundten [= Verwandten], von vatter und
mutter hero, rat und wissen heimblich verheyra-
ten. Im fahl aber solches beschehe, solle solche
heimbliche vergelubtnus so weit und lang unwür-
dig [ = ungültig] sein, biß die sach vor unsern ge-
ordneten eherichter und räte gebracht, dieselbige
auch die vormunder und nechste befreundte irer
bedenken oder beschwernus gehört. Welche dar-
nach die sach erwegen und bescheiden sollen, ob
nutz undgutt, solche ehevergelubtnuß zuezelassen,
doch, da beide junge versprochene nicht vonein-
ander begereten, sie, damit die gewissen unbe-
schweret bleiben, ohne sonderliche, grosse, hohe
ursachen nit voneinander erkennen, sonder zue-
lassen.

Da aber eines dem andern solche heimbliche ge-
lübd vernainen wurde, sollen auch unsere ehe-
richter und räte die nit zuelassen, damit die ge-
wiessen ditzfals ebenmessig nicht beschwert. Und,
da auch dergleichen bevormundte personen
flaischliche unzucht getrieben, mit der straf, wie
der kinder halben hieoben gesatzt, gestrafft wer-
den, nit wenigers auch die kupler und kuplerin,

[2.] Von eheverpflichtung deren personen,
so nicht under der eltern oder vormünder
gewalt seind al

Alßdann oftermals andere personnen, so noch in
ledigen oder zuvor im ehestand gewesen und also nit
mehr in der eltern gewalt oder bevormündet sein,
gleichergestalt 1 ohne beysein ander personnen
allein und heimlich ehxander die ehe verloben, auß
welchem aber, wie wir 2teglichs erfahren und vil-
feltiglichen befinden, schwere mainayd und sonsten
treffenlichen grose nachteil und unrat erwachsen,
demselbigen zu vorkommen, so ist unßer ernstlicher
befelch und mainung, das liinfürter, wan dergleichen
personnen 2 sich miteinander ehelichen verheuraten

auch, da schwengeruug vorgelaufen, derenhalben
gehalten werden wie vorstehet.

Und sollen die vormunder ire kinder den pfleg-
söhnen oder -döchtern nicht verheyraten, sie
haben dan zuvor irer vormundschaft halben ge-
nugsame rechnung und uberlieferxmg getann,
solche auch von uns oder unsern ambtsdienern
und gericht approbirt.

Und allermassen, was hievornen unserer under-
tanen halben gesatzt und geordnet, das solle sich
auch uf die ehehalten [ = Dienstboten] und andere
personen, so von frembden orten in unserer grave-
schaft kommen, darinnen dienen und erhalten,
verstanden sein und uf zuetragende fell auch also
gestrafft werden.

a KO 1582: + auch zu was zeit sich ein ehegemecht
nach des andern absterben wider verheyraten mag.

13 In die harre = auf die Dauer.

14 Das „beschriebene Recht“: Inst I, 9; D 23, 2, 2. 18.
35; C 5, 4, 18.

15 Unfahrlich = ungefährlich, ohne böse Absicht
(Grimm 11, 3, 521), was dem Sinn widerspricht.

1- 1 Das ganze Kapitel ist aus der Württ. KO 1559
(Bl. 114b-115b, falsch: cxvi, in die die EheO. 1553
aufgenommen wurde) leicht abgewandelt übernom-
men. Der Beginn lautet dort: Als oftermals andere
personen, so nit mehr in vätterlichem gwalt oder
verpflegt seien.

2- 2 Württ. KO 1559: in glaubwirdiger erfarung vil-
feltig befunden, grewliche, schwäre mainaid und
sonst vil merklicher, treffenlicher, grosser nachteil,
schaden und unrat in vil weg erwachsen, solchs sovil
müglich zu fürkommen, so ist unser meinung und
bevelch, das hinfürter, wann solche personen (die
gleichwol, wie gehört, nit mehr under vätterlichem
gwalt oder vormündern seien).

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