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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0228
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20. Kanzleiordnung 1574

grad auch die ehe nicht gestattet, von einkind-
schaften 22, hochzeithalten, dentzen, kindtaufen,
item waß sich unsere amptsdiener in irer anbefolhe-
nen amptsverwaltung gegen uns, unsern reten, un-
dertonen, auch in verrechnung, innemen und auß-
geben verhalten sollen etc. 23, gnugsame und weit-
leufige außfhurung und versehung beschehen, so wir
noch derzeit nicht zu verpessern wissen,

und haben uns clerhalben miteinander freundlich
dahin verglichen, das solchen angestelten ordnun-
gen in allen und jeden iren articulen, dispositionen
und inhaltungen sowoll von uns, der witwen und
unserer beeder lieber jungern söhn assignirten teil,
sowoll auch von uns, denn eltisten geprudern in un-
sern teiln und sonderbarn 24 sachen, sie gelangen
gleich vor unsere gemeine cantzlei alher oder nicht
oder werden von uns selbsten verricht, allerdings
nachgegangen, daruber gehandhabt und, indem an
keinem ort 25 ohne des andern furwissen und be-
wilgung einiche newerung oder enderung vorgenom-
men werden, sonder sollen auch unsere gemeine ret,
secretarien und sonderbare schreiber und ampts-
diener denselbigen ordnungen in gebung bescheids
und verrichtung unserer gescheft stracks nachgehen
und gemeß erzeigen, alles so lang und vill, biß wir
uns auß erheblichen und bewegenden ursachen oder
notwendigkeiten anderer nutzlichen ordnungen mit-
einander sembtlich vergleichen und die vorigen
endern oder verpessern werden.

22 Einkindscliaft ist die Gleichstellung der Kinder eines
sich wiederverheiratenden verwitweten Ehegatten
mit den aus der neuen Ehe zu erwartenden Kindern
(s. S. 187).

23 Inhalt der Amtsoi’dnung von 1561 hzw. 1564.

24 = nur einen Ilerrn hetreffend (partikular). Unten
sind die Diener nur einer Teilherrschaft gemeint.

25 Handhaben = (die Ordnungen) ausführen (Grimrn
4, 2, 494). Mit ,,Ort(en)“ sind häufig die Haupt- und
Residenzorte gemeint.

26 Alle Sachen und Handlungen, die zur hohen Obrig-
keit und Ilegierung gehören und an denen die vier
Brüder und die Grafschaft allgemeines Interesse
haben, sollen gemeinsam verrichtet werden. Beson-
ders gilt dies für alle Sachen, die die Regalien be-
treffen, wie Lehenschaften, Freiheiten, Begnadi-
gungen, hohe Obrigkeit, alte Rechte, Schutz und
Schirm, Jagdgerechtigkeit, Dienstbarkeit, Geleit,
Zoll, Grenz- und Markungssachen, Yerträge usw.
Auch wenn man mit den Nachbarn in Sachen, die das

[3.] Waß fur sachen furnemblich in die ge-
meine regirung getzogen, auch fur die
gemeine rete und cantzlei gepracht,
gemeinlich miteinander verrichtet oder
jeder teil fur sich selbsten verhandlen mag

[Beginn des Kapitels 26 nicht abgedruckt...]

Anlangent unserer undertonen contract, vertreg,
testament, vermechnüs, letzte willen, donationes
und andere dergleichen sachen, so wichtig, bedenk-
hch und kunftiglich zu nachteil, beschwerdt oder
sonsten zur disputation und nrung gelangen möcht;
item, da sich zwischen den undertanen ansehenliche
und weitleufige zuspruch, irrung, rechtfertigung 27
und dergleichen sachen begeben, so vor den gerich-
ten, die eines jeden orts bißhero gehalten worden
seind, nit außgetragen und entscheiden werden kön-
den oder dem richter daruber zu sprechen bedenk-
lich, oder da gleich darinnen sententiirt, ein oder
der ander teil darvon appellirn wurde; item alle ehe-
sachen, so uber unsere eheordnung mit ordenfichem
rechten außgetragen werden mussen; item einkind-
schaften, die vermög derselben eheordnung fur un-
sere cantzlei remittmt werden sollen 28; dergleichen
abforderungssachen von rotweilschen und andern
frembden, außlendischen gerichten etc. 29: diese
jetzt erzelte sachen sollen alle miteinander, wie zu-
vor auch beschehen, vor die gemeine ret und cantz-
lei als unser der gepruder samentlich hoff- und

Interesse der Gesamtgrafschaft betreffen, zu Irrun-
gen (Streit) und Tagleistungen (Verhandlungen)
kommt, ebenso bei Besuchung der Reichs-, Kreis-
und der fränkischen Grafen- und Herrentage,
möchte man gemeinsam handeln.

27 Zuspruch = rechtlicher, klagbarer Anspruch (Grimm
16, 839). Irrung = Streit. Rechtfertigung = ge-
richtlicher Prozeß.

28 Siehe EheO. 1572 (Nr. 19 a, Schluß und § 4).

29 Abforderung = Abberufung einer Streitsache von
dem erstbefaßten (unzuständigen) Gericht (DRW 1,
79). Die Gerichtsbarkeit des kaiserlichen Hof- und
Landgerichtes in Rottweil a. Neckar in Landfrie-
denssachen und in Rechtsangelegenheiten der
Reichsunmittelbaren, vor allem auf dem Gebiet der
freiwilligen Gerichtsbarkeit, erstreckte sich auf ganz
Schwaben und weit darüber hinaus. (H.Rössler,
G. Franz, Sachwörterbuch zur deutschen Geschichte,
München 1958, 1074.)

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