25. Kirchenordnung 1578
nicht ist, auf daß es sey, wie Paulus zun Römern
am 4. [17] saget; das ist, wenn er ein ding nennet,
das vor nicht war, so wird es also bald, wie ers
nennet. Darumb, wenn er das brod nimpt und
spricht, es sey sein leib, so ist es gewißlich alsbald
sein leib; und wenn er den kelch mit dem wein
nimpt und spricht, es sey sein blut, ^so ist es gewiß-
lich alsobald sein blut®. Das sind wir schuldig zu
glauben, wöllen wir anderst rechte Christen sein.
[198 b] 11 Und obwol in disen gefehrlichen zeiten
etliche irrige leut 5 hin und wider gefunden werden,
die da auß lauter mutwillen rdcht bekennen wöllen,
daß es der leib und das blut Christi sey, allein dar-
umb, daß sie mit ihrer blinden vernunft rdcht be-
greifen können, wie es zugehe, so solt doch ir euch
mit allem fleiß hüten, daß ir inen nicht gleich werd
und euch nicht verfüren last. Denn solche leut sind
gewißlich nicht christen und haben noch nie ge-
lernet den ersten artikel des glaubens, nemlich, daß
Gott allmechtig sey, welchen doch ihr, meine liebe
kindlein, wol wisst. Darumb hütet euch vor irem
irrtumb und glaubet, was der herr Christus sagt, obs
gleich ewer vernunft nicht begreifen kan. Denn wir
sollen alle vernunft gefangen nemen unter den ge-
horsam Christi, wie uns der heilige Paulus leret
[2 Kor 10, 5].
Zum dritten spricht er, sein leib sey flir uns ge-
geben und sein blut zur vergebung der siinden ver-
gossen. Das sollen wir auch glauben und bekennen,
daß wir alle in sünden empfangen und geboren
seyen, wie wir denn in den zehen gebotten, sonder-
lich in den letzten zweyen, Uein gelernet haben 16.
Darumb sind wir auch kmder des zorns von natur
und müsten verdampt sein, wenn uns Christus
durch sein heiliges leyden nicht erlöset het. Denn
er ist für uns mensch worden und hat alles das ge-
e-s So Brand. KO 1533 (Sehling 11, 277). Fehlt A (und
KO 1688)
11 Der folgende Abschnitt in Langenburger Ex. hs.
gestrichen.
1-1 In Stuttgarter Ex. hs. Änderung: solches lernen.
k In Braunsbacher und Ruppertshofener Ex. hs.
Zusatz: durch die mittel brots und weins.
1 Ebenso: nicht nur [Ruppertshofen: + bloß] brot
und wein, sonder zumal auch.
m Statt: ,,gibt uns“ in Braunsbacher und Rupperts-
hofener Ex. hs. Änderung: Schafft es in kraft sei-
tan für uns, das wir [199] zu tun schuldig waren und
kontens nicht; das ist, er hat das gesetz für uns er-
füllt und hat alles das für uns gelitten, was wir mit
unsern sünden verdient hetten, und hat sein blut
für uns vergossen, auf daß uns die sünde vergeben
würd. Das alles sollen wir festiglich glauben. Dar-
umb irren sich die menschen grewlich, die für ihr
sünd selbs wöllen genug tun mit fasten, beten, all-
mosen und anderen dergleichen guten werken. Denn
wiewol man solche gute werk tun soll, so sind sie
doch nicht genug, unser stinde zu bezalen, sonder
das leyden und blutvergiessen Christi hat genug für
unser sünd getan und vergebung erlanget, wie Jo-
hannes in der ersten epistel am andern capitel [2]
saget: Er ist die versönung für unsere siinde und
nicht allein für die unsern, sondern auch für der
gantzen welt.
Zum vierten spricht er: Solches tut zu meinem
gedechtnuß 7. Dem sollen wir nun auch gehorsam
sein und sollen tun eben das, das er uns zu tun be-
folhen hat. Darumb, meine liebe kindlein, solt ir
nicht zweifeln, es ist warlich der leib und das blut
Christi, unsers herrn, das wir im abendmal k empfan-
gen; denn er hats selbs gesagt und durch sem wort
also gemacht. Darumb, dieweil er spricht, wir sollen
eben solches auch tun, sooft wirs tun, so ist gewiß,
daß ers noch allweg macht, daß es * 1 sein leib und blut
sey wie [199 b] zum ersten mal; sonst könten vdr nit
eben dasselb tun, das seine jiinger getan haben. Er
hat uns aber gebotten, wir sollen eben solchs tun,
das ist, auch sehi leib und sem blut nemen, wie ers
selbs gegeben hat. Und last euch der unglaubigen
nerrische red nicht anfechten, die da sprechen: Wie
könt der diener den leib und das blut Christi ma-
chen? Denn es machts ja iht der diener, sonder
Christus selbs gibt uns m sein fleisch und blut, wie
nes worts und gibt uns im heiligen abendmal ver-
mittelst brots und weins.
5 1533 waren wohl eher als die Täufer die nur in den
höheren Schichten des Volkes einflußreichen An-
hänger Zwinglis gemeint (Sehling 11, 277). In der
Zeit nach 1578 dachte man sicher an Calvinisten,
obwohl die Beschreibung nicht paßt.
6 Das 9. und 10. Gebot wurden in einer Predigt aus-
gelegt, die mit der Erbsünde beginnt (Sehling 11,
233).
7 Lk 22, 19; 1 Kor 11, 24 f.
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nicht ist, auf daß es sey, wie Paulus zun Römern
am 4. [17] saget; das ist, wenn er ein ding nennet,
das vor nicht war, so wird es also bald, wie ers
nennet. Darumb, wenn er das brod nimpt und
spricht, es sey sein leib, so ist es gewißlich alsbald
sein leib; und wenn er den kelch mit dem wein
nimpt und spricht, es sey sein blut, ^so ist es gewiß-
lich alsobald sein blut®. Das sind wir schuldig zu
glauben, wöllen wir anderst rechte Christen sein.
[198 b] 11 Und obwol in disen gefehrlichen zeiten
etliche irrige leut 5 hin und wider gefunden werden,
die da auß lauter mutwillen rdcht bekennen wöllen,
daß es der leib und das blut Christi sey, allein dar-
umb, daß sie mit ihrer blinden vernunft rdcht be-
greifen können, wie es zugehe, so solt doch ir euch
mit allem fleiß hüten, daß ir inen nicht gleich werd
und euch nicht verfüren last. Denn solche leut sind
gewißlich nicht christen und haben noch nie ge-
lernet den ersten artikel des glaubens, nemlich, daß
Gott allmechtig sey, welchen doch ihr, meine liebe
kindlein, wol wisst. Darumb hütet euch vor irem
irrtumb und glaubet, was der herr Christus sagt, obs
gleich ewer vernunft nicht begreifen kan. Denn wir
sollen alle vernunft gefangen nemen unter den ge-
horsam Christi, wie uns der heilige Paulus leret
[2 Kor 10, 5].
Zum dritten spricht er, sein leib sey flir uns ge-
geben und sein blut zur vergebung der siinden ver-
gossen. Das sollen wir auch glauben und bekennen,
daß wir alle in sünden empfangen und geboren
seyen, wie wir denn in den zehen gebotten, sonder-
lich in den letzten zweyen, Uein gelernet haben 16.
Darumb sind wir auch kmder des zorns von natur
und müsten verdampt sein, wenn uns Christus
durch sein heiliges leyden nicht erlöset het. Denn
er ist für uns mensch worden und hat alles das ge-
e-s So Brand. KO 1533 (Sehling 11, 277). Fehlt A (und
KO 1688)
11 Der folgende Abschnitt in Langenburger Ex. hs.
gestrichen.
1-1 In Stuttgarter Ex. hs. Änderung: solches lernen.
k In Braunsbacher und Ruppertshofener Ex. hs.
Zusatz: durch die mittel brots und weins.
1 Ebenso: nicht nur [Ruppertshofen: + bloß] brot
und wein, sonder zumal auch.
m Statt: ,,gibt uns“ in Braunsbacher und Rupperts-
hofener Ex. hs. Änderung: Schafft es in kraft sei-
tan für uns, das wir [199] zu tun schuldig waren und
kontens nicht; das ist, er hat das gesetz für uns er-
füllt und hat alles das für uns gelitten, was wir mit
unsern sünden verdient hetten, und hat sein blut
für uns vergossen, auf daß uns die sünde vergeben
würd. Das alles sollen wir festiglich glauben. Dar-
umb irren sich die menschen grewlich, die für ihr
sünd selbs wöllen genug tun mit fasten, beten, all-
mosen und anderen dergleichen guten werken. Denn
wiewol man solche gute werk tun soll, so sind sie
doch nicht genug, unser stinde zu bezalen, sonder
das leyden und blutvergiessen Christi hat genug für
unser sünd getan und vergebung erlanget, wie Jo-
hannes in der ersten epistel am andern capitel [2]
saget: Er ist die versönung für unsere siinde und
nicht allein für die unsern, sondern auch für der
gantzen welt.
Zum vierten spricht er: Solches tut zu meinem
gedechtnuß 7. Dem sollen wir nun auch gehorsam
sein und sollen tun eben das, das er uns zu tun be-
folhen hat. Darumb, meine liebe kindlein, solt ir
nicht zweifeln, es ist warlich der leib und das blut
Christi, unsers herrn, das wir im abendmal k empfan-
gen; denn er hats selbs gesagt und durch sem wort
also gemacht. Darumb, dieweil er spricht, wir sollen
eben solches auch tun, sooft wirs tun, so ist gewiß,
daß ers noch allweg macht, daß es * 1 sein leib und blut
sey wie [199 b] zum ersten mal; sonst könten vdr nit
eben dasselb tun, das seine jiinger getan haben. Er
hat uns aber gebotten, wir sollen eben solchs tun,
das ist, auch sehi leib und sem blut nemen, wie ers
selbs gegeben hat. Und last euch der unglaubigen
nerrische red nicht anfechten, die da sprechen: Wie
könt der diener den leib und das blut Christi ma-
chen? Denn es machts ja iht der diener, sonder
Christus selbs gibt uns m sein fleisch und blut, wie
nes worts und gibt uns im heiligen abendmal ver-
mittelst brots und weins.
5 1533 waren wohl eher als die Täufer die nur in den
höheren Schichten des Volkes einflußreichen An-
hänger Zwinglis gemeint (Sehling 11, 277). In der
Zeit nach 1578 dachte man sicher an Calvinisten,
obwohl die Beschreibung nicht paßt.
6 Das 9. und 10. Gebot wurden in einer Predigt aus-
gelegt, die mit der Erbsünde beginnt (Sehling 11,
233).
7 Lk 22, 19; 1 Kor 11, 24 f.
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