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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0471
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B. Generalartikel

uber ein halbe stund wehren lassen, sie auch dahin
gewiesen werden, sich auch deßen befleisigen sollen,
das sie alsbald den text mit der auslegung angreifen,
die lehr daraus kurtz fassen und nit weitlaufig hand-
len, endlich auch mit wenig worten zum beschluß
widerholen, damit die leut widerumb zu irer arbeit e
oder sonsten anheimisch komen und soviel desto
beßer behalten mögen.

Und nachdem auch in sterbenszeiten wenig leut
mit uf den gottsacker komen und ohne zweivel, wo
die predigten in der kirchen beschehen, viel leut
darein kommen wurden, die sonsten entsetzens hal-
ben daheimb bleiben 75, so ist unser bevelch, das uf
solche zutragende fell die leichtpredigten in den
kirchen und allen abgestorbenen und bestetigten,
die deß tags uf ein gewisse stund gehalten und die
leut solche vleisig zu besuchen ermahnet werden.

[15.] Wie lang die verstorbenen biß zur

begrebnus unbegraben sollen bleiben f

Dieweil in gehaltener visitation an einem ort be-
richt einkommen 76, das ein abgestorbener mensch
innerthalben vier stunden nach der verschiedung
zur erden bestetigt, daraus allerley nachreden ver-
ursacht worden, als ob mit der begrebnus zuviel ge-
eilet und solche person verkurtzt worden sein 76a soll,
zudem auch sonst die erfarnus gibt, das mehrmals
kranke leut etüch viel stund gelegen, als weren sie
tod, auch kein zeichen des lebens von sich geben,
welche sich doch endfich widerumb erholet und
widerumb zur gesundheit komen, etliche aber in den
bahren gestorben: solches zu furkommen 77 ist unser

e Der Artikel bis hierher entsprechend Prot. 1581,
Art. 8.

f Dieser Artikel fast wörtlich wie Prot. 1581, Art. 6.
g ,,und auch aus nachgesetzter ursachen“ fehlt
Prot. 1581.

h Der Beginn des Kapitels ist eine interessante Zu-
fügung zu Andreäs Vorschlägen. Ab hier fast
wörtlich aus Prot. 1581, Art. 8.
i-i Fehlt Prot. 1581.

75 Luther (Ob man vor dem sterben fliehen möge, 1527)
ließ die Ärzte entscheiden, ob man Friedhöfe wegen
der Gefährlichkeit vor den Orten anlegt. „Denn ich

bevelch, das hinfurters keine leicht mehr vor zwelf
stunden, und auch aus nachgesetzter ursachens 78,
ziu’ erden bestetigt werden sollen.

[16.] Wem die leichtpredigt geschehen
sollen

Eß sollen aller abgestorbenen pfarrkinder, dem
armen sowol als den reichen, allein die ausgenom-
men, die in den kirchenbann ohne rew und bueß,
empfangene absolution und des heiligen sacraments
verschieden oder umb deren lehr, glauben, bekant-
nus, wandel und leben die kirchendiener kein be-
richt oder wißens haben etc., gehalten werden h.
Und sollen die kirchendiener uf der cantzel das volk
berichten, das der abgestorbenen christlichen be-
grebnus ehrhch zu halten und zur erden bestetigt
werden sollen. Welches dann geschicht durch christ-
liche geseng, tröstliche predigt von der auferstehung
der totten 79. Wir wöllen aber auch, das unsere
amptsdiener unsern undertanen bevehlen und bey
einer straff uferlegen sollen, die toten nicht also
heimbhcher und unversehener ding uf den kirchoff
zu bringen und zu vergraben, sonder das jedes orts
pfarrherr zeithch zu wissen machen, uf das sie sich
mit der leichtpredigt dartzu geschickt machen fund
sonsten unserer kirchenordnung auch dißfals gelebt
werden mög 180, wie dann die predigten den armen
zugleich als den reichen gehalten werden sollen.

Anlangend die begrebnus der abgestorbenen in
den filialn und eingepfarten weilern, wan an dem
ort, da die leicht zur erden bestetigt werden sollen,
schueien verhanden, so soll auch diese anordnung

weis und verstehe mich nichts drauf, oh aus den
grehern dunst oder dampf gehe, der die iuft ver-
rücke.“ (WA 23, 373, 33 und 375, lf.)

76 Wahrscheinlich in den verlorenen Waldenburger
Protokollen von 1581.

76a Schaden erlitten hahen.

77 = zuvorkommen, verhindern.

78 § 16: Vorbereitung des Pfarrers und Totenregister.

79 Eine Einschränkung des Predigtthemas gegenüber
der KO 1578 war sicher nicht beabsichtigt.

80 KO 1578, Kap. 10. Dort ist die Führung von Toten-
registern befohlen.

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