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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0488
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32. Kirchen- und Schulordnungen 1582

sondern auch seine rede, kleidung und wandel, ja auch
alle seine wort und werk eine lehr und tugend sey,
damit nicht, was er mit einer hand erhawe, gleich wider
mit der andern ahreiße und er nicht die kirche beide mit
strefhchem laster und ergerlichem exempel verderbe.

Er soll auch hedenken, das im fur allen andern men-
schen der spruch Christi [Mt 18, 6] gehört: Welcher
ergert dieser geringsten einen, die an mich glauben,
dem were es heßer, das ein muelstein an seinen hals ge-
hengt und erseuft wurde im mehr, da es am tiefsten ist.

Eß soll auch der kirchendiener auf das vleisigste die
epistolas Pauli ad Timotheum et Titum 13 lesen, wider-
lesen und oft repetiren, damit er daraus lerne, wie er
sich beides in lehr und leben halten, wie auch sein eigen
hausgesind sein und er daßelbig regieren soll.

Das er auch unser 14 getruckten kirchenordnung, die
wir allenthalben in unsern kirchen angerichtet 15,
vleisig nachkommen, 16darinnen gar nichts endere, son-
der strack nachsetze und seinem superintendenten
deßelben orts in seinem ampt 16 und von uns habenden
bevelch gehorsam seie und, so sich was irrung oder
mißverstend zwischen ihm und andern unsern kirchen-
dienern, amptleuten, undertanen oder zugewanten zu-
truge, daßelb an den superintendenten oder uns und
unsere räte 17 gelangen laßen und sich bescheits er-
holen.

Wo aber solche irrung dermaßen geschaffen, das die
vermeltermaßen 18 unserer verordnung nach, vde bey
dem titul Von immunitatibus und freyheiten der kir-
chendiener etc. begriffen, nicht entscheiden, sondern
zu recht remittirt werden mußen, so soll er darurnb an
orten und enden, dahin wir inen folgender freiheit nach
ordenlich bescheiden werden, recht geben und nehmen
und sich deßelben ohne wegerung endlichen settigen
laßen, auch von seinem khchenampt ohne unser vor-
wißen und willen nicht abdretten.

13 Besonders 1 Tim 3, 1-7; Tit 6-9.

14 Sächs. KO (Sehling 1, 381): + hiervor in disern
buch. In Tlohenlohe ist die KO 1578 gemeint.

15 Sächs. KO: anzurichten ernstlich befohlen.

16-16 Sächs. KO: und seinem superintendenten und
adjuncten in ihrem ampt.

17 Statt ,,und uns unsere räte“ in Sächs. KO: unser
consistorium.

18 Fehlt Sächs. KO (aber Sehling 1, 383-385 das Kapi-
tel). Siehe KO 1582 § D 5.

19 = jedermann.

20 Absatz fehlt Sächs. KO 1580.

21 Statt „unserer grafschaft“ in Sächs. KO: aller unser
lands-.

22-22 Fehlt Sächs. KO.

23 Iiier wird Vorlage Sächs. KO 1580 nach Württ. KO
1559 verlassen. Dört besteht auch die Verpflichtung
zu „handgebender Treu“.

24 Ergänze: verpflichtet sein.

25 Gefährde = Tlinterlist, Betrug.

In summa, er soll bey der reinen leer des heiligen
evangelii augspurgischer confeßion und unserer grave
schaft kirchen- und andern unserer geistlichen ordnung
verharren, wider dieselbige nicht handlen, sonder, was
ime die uflegen, getrewlich volntziehen, in seinem ampt
wie gemeldet trew und vleisig, im leben und wandel
erbarlich gegen meniglich 19, freundlich, zuchtig, be-
scheiden, demuetig sein, und gentzhchen also verhal-
ten, das sie meniglich, furnemblich aber iren pfarkin-
dern, keinen anstoß noch ergernuß geben, sonder mit
guten exempeln vorgehen und dermaßen, das die pfar-
kinder und sonsten meniglich demselbigen mit lust
und forcht seeliglichen und ohne ergernus volgen mö-
gen 20.

IJnd dieweil er die zeit seines kirchenampts und
diensts unserer grafschaft 21 freiheiten nicht weniger
als unsere undertanen teilhaftig ist, 22 so soll er uns und
unsere erben getrew und hold zu sein 22, unsern nutzen
fordern, auch schaden warnen 23, auch alles das zu tun,
das einem gottsforchtigen, reinen, christenlichen,
frommen und getrewen predigern und seelsorgern ver-
mög Gottes worts und seines ampts halben gegen seiner
obrigkeit und deren undertanen geburt 24; alles ohne
gevehrd 2S.

Und daruf soll der ordinirt oder new angenommen
kirchendiener an aidsstatt stipulata manu 26 sein trew
dem prediger geben, dieß alles steet und vest zu halten.

So er nun daßelbig geton, sollen ime nachvolgende
unserer grafschaft kirchendiener statuta furgelesen
werden:

Articul, so in gemein alle kirchendiener, dero
person, wandel und leben belanget

Dieweil wir aus unsern grafschaften alte ordnungen 27
befinden, das auch die kirchendiener ihre besondere

26 = mit handgebender Treu, Handgelöbnis. Hyso
machte am 26. 12. 1580 Bedenken gegen die von
Graf Wolfgang gewünschte Vereidigung der Kirchen-
und Schuldiener auf die Kirchenordnung geltend
(Siehe Nr. 25, Seite 245): man müsse die Änderung
der KO durch Andreä abwarten; nach der Sächs.
KO 1580 müßten die Pfarrer nicht schwören. Die
Frage ,,Ob die kirchen- und schuldiener uf die kir-
chenordnung zu beaydigen“ wurde auf dem Öhrin-
ger Konvent (Prot. 1581 Art. 45) beraten. Andreä
schlug vor, daß die Ermahnung der Kirchen- und
Schuldiener aus der Sächs. KO übernommen werden
solle mit einem Anhang, ,,das sie ihr trew an eines
ayds statt stipulata manu geben sollen, das sie bey
der raynen lehr und der herschaft kirchenordnung
verharren... “

27 Vielleicht ist an VO 1558 (Nr. 12a, § 9) oder gar an
die Statuten der vorreformatorischen Landkapitel,
z.B. von Künzelsau, gedacht. Unmittelbare Vorlage
bilden aber die Kapitelsstatuten aus KapitelsO.

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