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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0489
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C. Konsistorialordnung

statuta und gesetz gehabt, und manchem noch woll
vonnötten, er sich derselben erinnere, so haben wir fur
gut und nutzlich ermeßen, solche auch wider alher zu
setzen, inmassen wir auch haben wöllen, hiermit ord-
nen und bevehlen, das alle unsere kirchendiener und ein
jeder in sonderheit sich denselben gemeß erzeigen,
auch nach erstattung jetztgemelter gelubd und vor e
der praesentation einem jeden zu Oringew durch den
prediger in beysein der andern kirchendiener furgelesen
und bey denselben seiner geleisten pfiichten ermahnt
werden sollen, denen zu geleben.

1. Solle keiner unserer 28pfarrlichen rechten und
gerechtigkeiten, gutern und gefellen, sie gehen vor
unsern graffschaften oder andern herrschaften zu lehen,
nicht entziehen lassen, die guter, so ime eingeraumet,
nicht versetzen, verpfenden, verkaufen, verendern,
verdauschen, beschweren oder in unbaw oder in ab-
gang kommen lassen, die schließende gebew, so sie ein-
mal von uns gemacht, ebenmeßig von den iren im
wesen erhalten 28.

2. Es solle sich auch ein jeder von aller menschlichen
uppigkeit hueten, ires ampts und studierens vleisig ab-
warten, undereinander friedlich, einich und bruderlich
leben, frembder hendel, clie nit seines beruffs sein,
allerdings muesig gehn, keine gezänk under seinen
collegis, kirchendienern, parteyen oder andern leuten
amichten, seinen superintendenten in gebuerenden
ehren halten, sie oder ein andern kirchendienern bey
der gemein nit verkleinern, uns oder die amptsdiener,
gerichtspersonen oder den gemainen mann wider sie
nit verbittern oder verhetzen f, auch nichts wider uns,
sie oder die unsern practiciren.

3. 21 Es solle auch ein jeder, wie es an ime selbst
recht, nottwendig und billich ist, in stetten und uf dem
land der verstorbenen kirchendienern armen witwe
und weisen die reditus und nutzung von den pfrinden,
widembguter 30, järhcher competentz und besoldung
aufs wenigst ein halb jar ungevarlich ohne einige
thaidigung 31 verfolgen laßen. Hergegen sollen des ab-

e A: von.

f In A verbessert für: verletzen.

1579 (Nr. 26). Da die Kapitelsversammlungen wieder
abgeschafft werden sollten, bot die Ermahnung vor
der Investitm die Gelegenheit für die Verlesung.
28-28 Erweitert aus Kapitelsstatuten 1 (Nr. 26, S. 379).

29 Der 3. Artikel aus KapitelsO. 1579 (Nr. 26), Kapitels-
statuten 2 (siehe dort).

30 Der Gfrundbesitz der Kirche bzw. Pfarrei.

31 = Verhandlung, Bedingung (Fischer 2, 13).

32 Mt 7, 12.

33 Bis hierher aus Nr. 26, Kapitelsstatuten 3. Dieser

gestorbenen collegae oder die benachbaurten kirchen-
diener des verstorbenen statt dem armen verlaßenen
weib und kindern zu gutem ietzt bestimpte zeit oder
solang wir verordnen werden aus bruderlicher lieb und
gratis verdretten und fur ire muhe und arbeit nichts
vordern, doch so inen von vermuglichen erben aus
deren selbs freiem eigenem gutem willen zur ergetzlich-
keit und dankbarkeit etwas zu verehren angebotten,
dieselben auszuschlagen oder antzunehmen haben.

4. (xleichergestalt solle auch in verrichtung des kir-
chendienst ein collega mit dem andern seiner krankheit
oder anderer furfallender rechter not aus bruderlicher
liebe und umb Gottes willen das beste tun und umb
deßelben willen in ansehung gött]ichs und natuerlichs
gesetz (Wie ir wölt, das euch die leut tun sollen, das tut
ir inen auch) 32 nicht beschweren 33. Es were dann sach,
das sich die versehung der kirchen so lang verweilen
wölte, soll es darmit gehalten werden wie in dem titul
Von immunitatibus etc. verordnung beschehen 34.

5. Mit der kleidung soll sich ein jeder kirchendiener
von der fueßolen an biß auf die schaitel priesterlich
halten und hinfmters keine leichtfertige, kurtze, zer-
hackte, zerschnittene klaidung, mit samet oder in an-
dere weg verbremet oder zum pracht, stoltz oder
hoffart gemacht, weder heim noch draußen gebrauchen,
noch auch seinen rock schlecht an seinen halß henken,
sonder denselben anziehen und zu sich halten 36.

6. Gleichergestalt sollen sie auch ihre weib und kin-
der mit erbarn, burgerlichen kleidern und nit von sei-
denwerk, auch nit röck mit schweifen, springern 36 an-
machen oder sonst in der hoffart sterken, sonder zu
gottesforcht, aller zucht und erbarkeit, rechter christ-
licher demut ziehen, auf das andere nit ursach nemmen,
das heilig predigampt zu lestern, zu verachten, ubel
nachzureden und verhast zu machen.

7. Es solle sich auch ein ieder des saufens, zechens,
spielens, zank, hader, untzucht, viel spacierens gehen,
außreisens und dergleichen leichtfertigkeit enthalten,

Verordnung widerspricht unten § D 5, daß der Ver-
treter von der Besoldung eine angemessene ,,er-
götzung“ erhalten solle.

34 Unten § D 5.

35 Erweitert aus Nr. 26, Kapitelsstatuten 5.

36 Schweif = besonders von dem Besatz eines Klei-
dungsstückes, = Schleppe? (Grimrn 9, 2413, Fischer
5, 1261). Springer = ,,ein in das Kleid eingenähter
Bügel, welcher dazu dient, es in rundlicher Wölbung
vom Körper abstehend zu machen, jedoch ohne die
übertreibende Wirkung der späteren Reifröcke oder
Crinolinen zu erzielen“. Springer waren z. B. in Stral-
sund 1570 verboten (Grimm 10, 2, 1, 105f.).

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