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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0513
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E. Eh.eordn.ung

lich einstellen würde, gegen ime rnit versohnung und
straff obvermeltermassen volnfahren.

So und wan aber das hinweg geloffen ehegemecht an
keinem ort anzutreffen oder zu erkundigen und sich
das verlassen wider zu verheyraten begert, sollen un-
sere eherichter und räte vorderst allen notwendigen
und vleissigen bericht einnehmen, was sich das ver-
lassen ehegemecht vor und in wehrendem ehestand,
auch seindhero, das es verlassen, verhalten, dagegen
auch, wie das verbrechend sich gegen ime erzeigt, ob
sie wol oder ubel miteinander gelebt und welches dem
andern zmn hinweglaufen ursach geben habe oder am
meisten daran schuldig sein möchte, ob auch das ver-
lassen kinder oder nicht oder wievil und wie es seiner
haußhaltung halben ein gelegenheit, und was derglei-
chen umbstend mehr sind, darauß man eines jeden
ehegemecht böses oder gutes fursatz und verhalten zu
erlernen, hernacher die sach zum besten und nach not-
turft erwegen und wie vorgemelt ebenmessig unserer
kirchendiener zue Öringaw, der rechtsgelerten oder der
andern herrschaft rät bedenken darüber anhören; was
sie sich alsdan daruber entschliessen, das vorderst an
uns gelangen und unsers endlichen bescheids darüber
gewarten.

Da nun erkant, das der verlassen teil sich wider ver-
heyraten möge und solches auch das tun wurde, so sol
dem verbrechenden teil hernacher, wie vorstehet,
nicht gestatt werden, in unserer graveschaft wider ein-
zukommen, in sonderheit so lang das unschuldige teil
in leben ist.

Da auch zwoe ledige personen einander die ehe ver-
sprochen, hernacher aber eines das ander verlassen,
außdretten tmd die ehegelubtnus mit dem kirchgang
nicht bestettigen, das ander aber sich wider zu ver-
heyraten begehren wolte, solle es allermassen mit er-
kantnus der citation etc., einnehmung berichts, sen-

~ a Der Beginn des Kapitels hat als Yorlage Prot. 1581,
Art. 43 (der Beratung des Öhringer Synodus mit
Jakob Andreä):

Ob aber die ehegericht dem consistorio zu bevelhen
und wie von ihnen zu procedirn, oder ob dieselbige,
wie biß daher geschehen, zu hoff zu halten etc.

Hierauf ist der verordneten bedenken, weil zu
Oringew kein regierung und es mit dem consistorio
geschaffen sein wurt, wie droben vermeldet, das
nochmals alle ehesachen vor jedes teils hoff oder
regirung verrichtet werden. Wann aber ein solcher
schwerer casus fürfiel, welcher in obgedachter ehe-
ordnung nicht expreße oder außtruckenlich ge-
setzt, das eins teils regierung politische ret und
theologen bedenklich und nit sicher darinnen zu
schließen, möcht solcher casus des andern teils
regierung politischen reten und theologen zuge-
schickt und ihrer, wie auch im fall der not, der
prediger zu Oringew bedenken ersucht werden,
dergstalt nicht allein sicher gehandlet, sonder auch

tentz imd relegation gehalten werden wie itzo geordnet.

Und sollen unsere eherichter und räte in diesen fellen
furnerublich darauf sehen, das dem unschuldigen teil
sein gewissen nicht beschweret, noch deß verbrechen-
den teils mutwillen und bößlich verlassen entgelten
oder desselben halben in sunden, schanden, laster oder
andern unxat und jamer gebracht, sondern vilmehr
hierinnen nach der leer S. Pauli 5 gehandlet und dem
unschuldigen teil, sondeidich, da dasselbig seines le-
bens, wolhalten und cmschult halben gute zeugnus
hette, sovil mughch zue christlicher zucht, erbarkeit
und allem guten geholfen und vor sunde und laster be-
wart werde 6.

[Unsere §§ 5-7 stammenaus der EheO. 1572, Nr. 19a,
S. 194—199, und sind dort angemerkt...]

[8. ] a An was orten und enden die strittige
ehesachen vorgebracht und erörtert, auch
welcher gestalt darin procedirt werden solle

Nachdem es mit dem consistorio in unserer grave-
schaft kein andere gelegenheit haben kan, dan wie
hieoben fürsehung und ordnung beschehen 1, und da
die ehesachen, [die] daselbsten hingewiesen und alda
erörtert werden solten, sich lang verweilen, inmittelst,
weil der Teufel (der besonders dem ehestand feind) auß
solchem langen verzug vil grewliche unzucht, schand,
laster, jammer und not, auch verderbung leibs und der
seelen verursachen möchte,

darumb auch im recht löblichen versehen, das in ehe-
sachen de simplici et plano, schlecht, k urtz und
schleimig, ohne haltung des rechtlichen proceß volnfah-
ren werden sollen a, die geordneten in dem öringischen
synodo noch auch wir uf gehabte deliberation 2 kein
kurtzern proceß dan nachvolgenden befinden konden:

gleichförmigkeit in der graveschaft von ehesachen
imd derselben urteiln erhalten werden.

Was aber den proceß belangt, soll derselbig, so-
viel menschlich und muglich, de simplici et plano,
schlecht und schleunig angestelt und nicht uf lange
proceß gericht werden, weil der Teufel besonders
dem ehestand feind, und auß langem aufzug solche
rechtfertigung gemeinlich greuliche rmzucht und
laster und also verderbung leibs und der seelen
verursachen.

5 1 Kor 7, 15.

6 Der hier beschriebene Prozeß wurde relativ häufig
geübt. Beispiele für Zitierung und Ehescheidung
wegen Yerlassens z.B. PA 124, 5, Nr. 11 (1576),
Nr. 14 (1583), Nr. 19 (1591).

1 Gemeint § 0 1. Ygl. auch die entsprechende Wen-
dung zu Beginn von § 0 2.

2 Öhringer Synodus 31. 7.-4. 8. 1581. Beratung beider
Herrschaften 4./5. 11. 1581.

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