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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0514
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32. Kirchen- und Schulordnungen 1582

so haben wir uns miteinander dahin verainigt und
verglichen, das das ehegericht bey ider herrschafft zue
hove hinfürters wie bißhero sein und bleiben und das-
selbig mit dem superintendenten und kirchendienern,
auch unsern weltlichen räten besetzt, da auch wichtig-
keit der sachen oder auch sonsten die notturft erfor-
dert, wöllen wir mehrere personen von geistlichen und
weltlichen nach unserm erachten darzue verordnen,
also das es jedesmals genugsamb mit gelerten und
qualiü cirten leuten besetzt sein, deßhalben kein man-
gel erscheinen und in den sachen ebensowoll, mit
mehrer schleuniger befürderung, die gebuer erkant und
bescheiden werden sollen als wan sie für das consisto-
rium gewiesen.

Wan sich nun zwischen parteyen stritt in ehesachen
zuetregt oder aber ein ehegemecht gegen dem andern
ehebruchs, ehescheidens, hinweglaufens, nitvolzihung
ehelicher gelubtnus und was dergleichen sachen und
fell mehr weren, so ehesachen und darauß flissende
hendel belangte, derowegen eines gegen dem andern
oder eines allein zu clagen hette: so ordnen und wöllen
wir, das der ciagend oder beschwerdte teil die geschicht,
wie die sachen beschaffen, oder sonst sein anliegen und
schließliche bitt in eine supplication 3 ausführlich und
mit genugsamer erzehlung anstellen und begreiffen
lassen, welche, wie bißhero in unserer graveschaft ge-
breuchlich gewesen, der supplicant vorderst dem
pfarrer und ambtsdiener desselbigen orts ubergeben,
welche fürters, da sie es nicht zuvor wissen, bericht und
erkundigung der sachen einnheinen, solcher supplica-
tion anhenken und furters uns oder unsern eherichtern
oder reten versecretirt 4 ubersenden sollen.

Da nun wir oder dieselbige befinden, das die sach
etwas wichtig und die unvermeidenliche notturft er-
fordert, das die verhör vor inen unsern eherichtern und
räten selbst beschehe, so sollen sie bede teil oder, da
es nür ein person belangt, dieselbig für sich furderlich
vertagen 5 und sobald den tag bestimmen und ansetzen,
daruf die verhör summarie stellen und, wie vorgemel-
det, de plano, ohne haltung des rechtlichen proceß,
procediren und muglichen vleiß furwenden, das, so-
bald es immer muglich, in solchen sachen urteil und
bescheid gegeben und gar nicht ufgezogen 6 werde.

Im fahl aber unsere eherichter und räte befinden
teten, das die sachen und derselben verhör nit so hoch-
wichtig, oder unsere weltliche räte anderer unserer und
unserer graveschaft obligender gescheft und sachen

3 = Bittschrift.

4 = versiegelt.

ä fürderlich = schleunig; vertagen = einem einen
Termin bestimmen, ihn zu einer Sitzung laden.

6 aufziehen = aufschieben, verschieben (DRW 1, 973).

7 gefällig sein = gut dünken (Grimm 4, 1, 1, 2118);

hier: ein Fall, bei dem sie es für besser halten.

halben die verhör so fürderlich nit fürnhemen konden
und dardurch verweylung der sachen einfallen: so
sollen sie dem superintendenten und ambtsdiener des-
selbigen orts alsbald schriftlichen bevelch zuekommen
lassen, das sie beide in beysein zweyer oder dreyer ge-
richtspersonen dennechsten ohne verzug bede teil
gegeneinander verhören, alles, was fur inen furbracht,
ordenlich und vleissig protocollirn, auch im fall der
notturft die zeugen, so von einem oder dem andern teil
angeben und daruf gezogen, oder aber, woe das kein
teil begert und doch die notturft erfordern tet, ex
offitio und von obrigkeit ambts wegen, doch abermals
de simplici et plano, verhören, ire kundschaft gleicher-
gestalt vleissig beschreiben und, da beide teil weiters
nichts vorzuebringen, inen auferlegen, in den sachen
endlich zu schhessen.

Da solches geschehen, sollen solche acta zusamen
protocollht, von dem superintendenti, ambtsdiener
und schreyber underschrieben, versecretirt und uns
oder unsern eherichtern und räten ubersandt und umb
furderlicher bescheid angehalten werden.

Welche acta unsere eherichter und räte miteinander
ablesen und bedenken oder, da inen mehr gefelliger 7
oder sonsten ein solcher schwerer casus fürfiele und in
vorgesatzter imser ordnung nicht zue befinden oder
sonsten ausser erheblichen ursachen besser zue dehbe-
riren, den kirchendienern zue Öringaw ubersenden,
denen bevhelen, solche zu erwegen und, was ir ein-
helliger beschluß und gutachten, das darinnen zue sen-
tentiiren und zue bescheiden, fürderlich anstehen und
uns oder inen ubersenden, oder aber solche acta den
doctorn oder der andern herrschaft pohtischen räten
und theologen ubersenden und irer bedenken daruber
begehren 8.

Was nun gedachte unsere eherichter und räte fur sich
selbsten oder uf erholten und mitgetaüten rat sich ein-
helhglichen entschliessen werden, das sollen sie in
schriften anstellen und neben irem mundlichen sum-
marischen bericht, warumb die urteil oder bescheid
also angestelt, fürlesen, alsdan wöllen wir uns unsers
gemüts auch daruber ercleren. In dem allem dan un-
sere eherichter und räte fürnembhch dahin sehen und
trachten sollen, das die ehesachen nach dem heyligen
wort Gottes, den gemeinen beschriebenen rechten 9,
derselbigen lehrer und unserer wahren christlichen
rehgion theologen opinion und decision erledigt wer-
den.

8 Es sind mehrfach Gutachten der Öhringer Kirchen-
diener erhalten und auch der Öhringer Kanzler
D. Julius Micyüus wurde zugezogen, z.B. Prozeß der
Susanna Geiger 1584/85 (Weik B I 40, 17).

9 Corpus Jiuis Civilis.

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