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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0535
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33. Polizei- und Eheordnung 1583

[12.] Vom laster des vollsaufens

29Nachdem dann oberzelte und andere viel greu-
liche laster, auch todschlag, mord, unfridt, unzüch-
tiges wesen, zank, hader, krankheit des leibs und
andere mehr libel, mehrerteils aus dem volsaufen
herfließen: so befehlen wir hiermit ferners, das alle
unsere prediger und kyrchendiener ebenmeßig in
iren predigten mit ernst und vleiß das volk ver-
manen, sich des volsaufens und trunkenheit gentz-
lich zu enthalten; mit erzehlung der vielfeltigen er-
schröckenlichen lastern, so daraus volgen, insonder-
heit, das es ein ursach alles iibels und dem menschen
an seiner seelen seligkeit, ehrn, kunst, vernunft,
gesundheit und langem leben nachteilich.

So wöllen auch wir hiermit allen unsern unter-
tonen, zu- und angehörigen ernstlich gebotten c
haben, sich disesschendhchenlasters derfüllerey und
trunkenheit gentzhch zu enthalten und zu meßigen.

Dann welcher oder welche das fürsetzhcher und
gefehrhcher weiß uberfahren 30 und sich befinden
würde, das bey einem oder mehr keine beßerung
erfolgen, sonder vielmehr aus fürsatz, mutwillen
und besondern fürnemen solches verbrechen, oder
sonsten schier täglichs und wochenthch in den
würtsheusern bei dem wein ligen, sich als ein be-
stendiger trunkenbolz erzeigen und darin einich
übel und laster, zum wenigsten deren, so hieoben
angeregt, begehn würde: derselbige solle auch nach
gelegenheit seines verhaltens nicht wenigers als ob
er nüchtern gewesen gestrafft werden 29.

Da nun bei einem oder mehr dise warnungen und
betrohungen kein statt und also von dem volsaufen
nicht abstehn, sonder gar gemein bey ime, der solle
ein tag und nacht in das narrenheußlein 31 gelegt

c B: -f- und verbotten.
d B: deßwegen.

e In A (in gleicher Schrift wie Datierung) eingefügt:
Es were dan sach, das etwan burgern [überge-
schrieben: undertanen], so krank oder kranks
kind oder gesind, denen wie auch den patienten
soll umb ihren pffennig] ein maß wein niht ver-
sagt werden.

29-29 2um Beginn des Kapitels siehe PO 1558 (Nr. 13,
§ 7), auch wegen der Abhängigkeit von Württ. LO
1552 (oder 1567). Ein Erlaß von 1582 richtete sich
gegen das übermäßige Saufen und „abscheuliche
Gotteslästern“, das wegen der Güte des Weins heuer

und die straffen, so er in trunkenheit verwürkt,
doppelt tragen. Und da er auch darauf nichts geben
und jemand schaden zufüegen oder sonsten große
ergernuß geben, gegen dem solle nach vermög
unserer consistoriordnung 32 gehandelt, und da es
erkant 33 uncl von uns zugelaßen, aus der kirchen ver-
bant, außgeschloßen und mit ime nach unserer ord-
nung procedirt, oder aber von uns uferlegt und ange-
halten werden, zu verkaufen und an andere ort zu
ziehen und sich niderzulaßen.

Wir wöllen auch hiermit allen und jeden wihrten
und heckenwirten und wer wein ausschenket bey
straff eines gulden ernstlich gebotten haben, da sie
sehen, das sich einer fiirsetzlich vollsauffen und mit
gottslestern oder sonsten in andere weg unnütz zu
machen understunde, daß sie dem- oder denselbigen
keinen wein mehr geben, sondern zu haus zu gehn er-
manen und anweisen; und, da er sich deßen wider-
setzen wölte, solches daruf dennechsten dem ampts-
diener, schultheisen oder anwalden anzeigen, der
alsdann denselbigen dennechsten in das narren-
heußlein legen und ein tag und nacht darinnen ligen
laßen und damit straffen solle.

Gleichergestalt befelhen wdr auch hiermit ernst-
lich, daß an allen orten des abents zu bestimbten
zeiten daß weinglocklein geleutet oder, da es keine
glocken, clurch die wechter ein horn vor den würts-
heusern geblasen werden. Alsdann soll der wihrt
keinem burger oder gemainsman 34, deßelben sohn
oder knecht, in seinem hauß lenger zu zechen ge-
statten, sonder, da einer noch darin vorhanden, den
oder die ermanen, sich zu haus zu begeben oder
niderzulegen, auch deßgleichen d kein fernern wein
raichen noch sonsten uf die gaßen geben, bey straff
eines güldins e.

mehr als sonst einreiße. Es wurde befohlen, die
PolizeiO. alle Vierteljahr zu verlesen. Auch das Hof-
gesind wurde mit Strafe bedroht. (Meyer, Zur
Sittengeschichte des 16. Jh. WE 7 (1865-67), 304.)

30 = mit (böser) Absicht übertreten.

31 = leichteres Polizeigefängnis.

32 Das Kap. 5 (Vom bann) der KonsistorialO. 1579
(Nr. 27) war durch KO 1582, § C 12 und 13 ersetzt
worden.

33 Erkennen = (im Gerichtsverfahren) urteilen.

31 Gemeinsmänner sind die vollberechtigten Dorf-
bewohner. Natürlich sind auch die anderen Ein-
wohner, die Plintersassen, zum Ende der Zeche ver-
pflichtet.

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