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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Franz, Gunther [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0561
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cl. Befehl an die Amtsdiener 1588

ben täglichs in unßern kirchen die geordnete
christliche geseng und gebett gehalten werden sollen,
der hofnung, wir wolten bei unßern und allen der
grafschaft undertonen und hindersaßen * 1 erkantnus
irer sünden und hertzlioh seuftzen und gebett zu
Gott dem Allmechtigen darmit angerichtet haben.

So kombt uns doch glaublich für, wie das viel
undertonen und schier mehrerteils derselben erst zu
freßen, saufen, panketirn sich schicken, mit dem
bösen vermelden, als ob sie ihnen auch zuvor gnug-
samb eßen und trinken und ein frölichen mut haben
wölten; einesteils aber sich vor den feinden und ver-
folgern des göttlichen worts nit forchten, sonder viel
mehr wunschen wölten, das sie bald da wehren, so
wölten sie ihm begegnen; einsteils ihme darumb
begeren, das sie neben und mit ihnen auch einmal
zu freßen und zu saufen bekommen, und diejenigen,
so ihnen anietzo mit dem trunk die gnüge nit geben 2,
als dann fro sein werden, das sie sich mit ihnen vol-
saufen; bund einsteils, clie da wöllen etwas trostlich
darvon reden, sagen, es seie hiebevor mehr von
kriegssachen geredt und clie leut gemustert worden,
aber dennocht nit zu streichen kommen und die
kriegsleuf gnedig abgangen, darumb man das ietzig
wesen auch nit so hoch zu achten oder darüber zu
erschrecken b. Welche erschröckenliche reden wir
mit betrübtem gemuet vernamen, dan ein solches
heist nit die freidigkeit 3 manlicher tatten erzeigen
und das vatterland schützen und beschirmen, son-
der G-ottes spotten, sein zorn und furgefaste straf
noch mehr zu heufen.

Darmit aber clißen sunden durch uns als ein
christliche obrigkeit soviel uns müglich gesteuret,
so ist unßer ernstlicher bevelch, du wöllest alle
undertonen und manspersonen 4 deines anbevohle-
nen ambts fürderlich fur dich erfordern und ihnen
furhalten, was dieser tagen erst fur glaubhafte er-

b_b Einfügung.

c Ein langer Teil der Schilderung ist nachträglich in
den Text eingefügt.
d Einfügung.

1 Untertanen sind die vollherechtigten Gemeins-

männer; Hintersassen die Schutzverwandten, die

kein eigens Haus oder ITausteil hatten, aber im

Schutzverhältnis zur Herrschaft standen. Im fol-
genden werden auch alle Einwohner als Untertanen

bezeichnet.

bermliche uncl jämerliche zeitung 5 nit allein uns,
sonder andern genachbarten churfursten, fursten
und stenden des Heiligen Reichs und unßern mit
zugetonen religions- und glaubensverwatidten zu-
kommen, nemblichen, clas sie clie arme bauersleut in
dörfern und heusern mit großen haufen uberfallen,
junge und alte leut gefangen, angeseilet, den pferden
an die schweif gebunden, volgents grausamer, er-
schrecklicher weis gepeiniget [... die in alle Einzel-
heiten gehende Schilderung der verübten Greuel
nicht abgeclruckt.] 0

Aus dem allen clann ein iecler bei sich zu betrach-
ten, clas furwar keiner ursach hat, von diesem ietzi-
gen kriegswesen schimpflich und verächtlich zu
reden, sonder vielmehr zu lernen, wie erschröcklich
und geschwind der grim uncl gerechte zorn Gottes
angehet und als ein feuerflam alles schnell cl hienweg
vertilget, auch nit allein umb die obrigkaiten zu tun,
sonder des ringsten sowol als das reichen nit ver-
schonet, uncl gewiß kein christ ist, der da solchen
jamer und eußerst verclerben, erwürgen, pein und
marter der menschen, jung uncl alt, viehe und ver-
wuestung des landes zusehen und zu erleben begert.

Darumb so ist unßer ernstlicher bevelch, du wöl-
lest allen unßern undertonen deines anbevohlenen
ambts bei leibs und andern unßern ernstlichen
strafen gebieten und verbieten, sich solcher obver-
rnelter und aller ander ergerlicher, böser, trutzigen
und verächtlichen reden, clarmit der gerechte Gott
zu volnfuhrung seiner furgefasten straf und mehrung
clerselben bewegt werden möcht, gäntzlich z’ ent-
halten und clafür Gott den Allmechtigen mit irem
gebet umb verzeihung unßerer siinden anruefen,
sich zu warer rew und bues zu schicken, ein gott-
seelig und christlich leben zu führen und also un-
ßrem nechst ausgangenen bevelch mit besuchung
der kirchen uncl der gebett gehorsamb z’ erzeigen,

2 Wohl das Antworten beim Zutrinken gemeint.

3 = Kühnheit, Keckheit; freidig = kühn.

4 Die Gemeinsmänner und andere männlichen Ein-
wohner. Für deren Ohren allein war etwa die Nach-
richt, daß 10 Jahre alten Mädchen die Scham auf-
geschnitten wurde, geeignet.

5 = Nachricht. Da sie an die Reichsstände gerichtet
war, handelt es sich nicht um eine allgemein ver-
breitete „Neue Zeitung“.

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