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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Franz, Gunther [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0591
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43. Polizei- und Rügordnung 1588

Nach clem Tode Graf Friedrichs 1590 wurde die Herrschaft Langenburg geteilt. In den Ämtern
Langenburg, Döttingen und Hohebach führte Graf Wolfgang die PolizeiO. am 22. 2. 1592 unver-
ändert ein. Nach dem Anfall von Neuenstein (und Kirchberg) wurde am 16. 10. 1607 eine „neue
Ruggerichtsordnung“ erlassen 11. Aus Eintragungen (siehe Hruckvorlagen) geht hervor, daß die
Ordnung im 17. Jahrhundert weiterverwendet wurde.

Schwierig war die Einführung in gemischtherrschaftlichen Orten. Am 8. Dezember 1589 wurde
zwischen Hans Georg von Berlichingen und Gräfin Anna für ihren abwesenden Sohn Philipp ver-
einbart, eine Ruggerichtsordnung in Baumerlenbach einzuführen. Dazu sollte clie kürzlich in Hohen-
lohe publizierte Ordnung übersandt werclen. i\.m 5. Juli 1593 erklärte der Herr von Berlicliingen
aber, daß ihm manches in dieser PolizeiO. bedenklich schiene uncl er lieber eine andere Orclnung als
Vorbild wünsche 12.

Am 2. Oktober 1593 berichtete der Kirchberger Vogt Georg Conrad an clie Neuensteiner
Herrschaft, daß in der Staclt Kirchberg clie hohenlohische Kirchen- und Polizeiordnungen zwar
eingeführt seien, im zugehörigen Amt aber, besonders in den mit Absperg gemeinsamen Pfarreien
Lendsiedel und Gaggstatt, bei den Untertanen mehrerer Ganerben oder auswärtiger Herrschaft,
große Unordnung herrsche. Deswegen möchte der Ivirchberger Vogt mit den abspergischen Vögten
in Gegenwart der Pfarrer sich über die Polizeiordnung einigen 13. Der Kirchberger Stadtvogt berich-
tete 1663 14, Graf Philipp habe in seiner Regierungszeit (1591-1606) in den Ämtern Kirchberg und
Leofels (Ruppertshofen) clie Ruggerichte nicht eingeführt, weil hier besonders viele ,,gemischte
Dorfschaften“ vorhanden seien 15. Lhrter Graf Wolfgang habe clas Ruggericht 1608 im Amt ,,eben-
mäßig angefangen“, es sei jedoch wegen Widerstands der Untertanen schon wieder 1610 abge-
schafft worclen. So hatte man im Amt Kirchberg allein ein Stadt- oder Vogtgericht. 1663 hatte man
in Kirchberg wieder versucht, ein Ruggericht zu halten, die Untertanen hätten sich aber heftig ge-
wehrt. Ihnen sei das Wort ,,Ruggericht“ schon ,,dermaßen widrig“, daß sie nichts mehr clavon
hören wollten. Im Kirchberger Regierungsdekret von 1772 heißt es, clie Herrschaft beabsichtige,
clas abgegangene Ruggericht, clas in den Herrschaften Langenburg und Ingelfingen noch üblich sei,
auch in Kirchberg ,,zur besseren Handhabung einer guten Polizey“ wieder einzuführen 16. Thumm
konnte für die Ämter Schrozberg, Herrenzimmern, Neuenstein, Waldenburg, Langenburg und für
Wohlmutshausen Belege zur Haltung der Ruggerichte im 17. und 18. Jahrhundert bringen 17. Die
Durchführung der PolizeiO. 1588 war natürlich nicht notwendig an die Haltung von Ruggerichten
gebunden.

Druckvorlagen

A: Abschrift für das Amt Hollenbach, Datum 25. 9. 1588. Weikersheimer Archiv, Amt liollenbacli 1 (früher
Weik A XIV 12, 2). Gebunden in mittelalterl. Notenhandschrift. 61 Bl., Titel: Land-, policey- und rüggerichts-
ordnüng. Anno 1588. Rücks. leer. 42 gez. Bl. Polizei- und RügO., Bl. 44a (ab Beginn) Register, 44b Gerichts-
personenaid, 45 a Schiederaid, 46 a Extract aus dem teutsch-herriscben vertrag ao. etc. [15]98 (mit Unterschrift
von Graf Wolfgang). 50 a—60 a: Unser WolfFgangen, graven von ITohenlohe etc. und herrn zue Langenburg etc.
ordnung und bevelchen, was sich unser raisiger schultheis zue Hollenbach in seinem dienst zu verhalten. (Datum

11 Ganzhorn, Diss. 51.

12 Verträge zwischen Llohenlohe und Berlichingen we-
gen Baumerlenbach (PA 75, 1, 14), Bl. 28 (1589, § 5)
und Bl. 33 (1593, § 2).

13 Bericht, was im ampt Kirchberg für richtige ord-
nungen anzustellen, auch was stritt, fell und men-
gel darinen etlich jar her vorgefallen... PA 76, 1, 6.
An Unordnungen werden genannt: Gotteslästern,
Fluchen, Schwören, Versäumen Gottes Worts, un-

nützes Geschwätz vor der Kirche während der Pre-
digt, heimliches Zechen, Spielen, Ausleihen und
Schuldforderung an Sonn- und Feiertagen.

14 Stadtvogt Müller auf Grund von Berichten des
Kirchberger Vogts Conrad der Jahre 1606/07.
Kirchb. O 11 L Nr. 20. Thumm, Diss. 230f.

16 Siehe Nr. 29 d.

16 Thumm, Diss. 231, Anm. 12.

17 Thumm, Diss. 232.

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