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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0595
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43. Polizei- nnd Rügordnung 1588

christen gebürt, mit freßen und saufen oder in andere
weg verhalten, der soll uns 19 gleichfals angezaigt
werden, nach gestalt der verwurkung die ernstliche
straff gegen einem solchen spötter und verächter
göttlicher sacramenten furzunemen haben.

Eß soll ein jeder pfarrherr in 20stetten, dörfer und
flecken die stund und zeit vermög unserer kirchen-
ordnung und daruf kurzen ubergehnen begrief 21
furnehmen und halten 20, darinnen er den catechiß-
mum lehre und predige, und die kinder ohne fur-
wort 22 und außrede dieselbigen e besuchen mögen.
Zue welchem alßdann alle die ldnder, so zue ihrem 23
verstand kommen, in die kirchen geschickt werden
sollen, damit sie solche lehr alß die hauptpuncten
ihres christlichen glaubens begreifen und deren-
wegen rechenschaft, redt und antwort geben können;
darzue die amptleut 24 uncl gericht etliche personen
ordnen sollen, die neben einem pfarrhern achtung
uf die kinder haben, ob sie alle beyeinander seyen.
Wo dann aines ohne erhebliche und gnugsame ur-
sachen nit verhanden weren und die eltern claran
schuldig, solfen sie jederzeit umb solche verseumnus
eines jeden kinds sechs pf[ennig] 23 straaff in das
gotteshauß geben, welche clie hayligenpfleger 26
empfahen und verrechnen sollen. Weer aber der
mangel nit an den eltern, sonder die kinder fur sich

e Fehlt B.

f B und C (wie Castell): der.
s B: haubtsumma und -puncten.
h C: zehen. (Wohl Schreibfehler, da Strafen sonst
nicht erhöht wurden.)

leichtfertigkeit und üppigkeit üben und treiben, soll
uns derselbig.

20-20 Castell: seinem fiecken eine bequeme und ge-
legene stund vornehmen.

21 KO 1578, Kap. 4. — Zum ,,Begriff“ siehe oben
Anm. 8, zur Katechismuszeit Anm. 12.

22 Fürwort = Entschuldigung, Vorwand.

23 Castell: + zimlichen.

24 Statt ,,die amptleut“ in Castell: der schultheiß.

25 Castell: vier turnes (siehe Anm. 14).

26 Castell: Gottshaußmeister. Siehe Anm. 15.

27 Hinter einen gehen = weggehen, schwänzen (Fi-
scher 3, 1649). - ,,oder catechißmilehr“ fehlt Castell.

28 Castell: schultheißens.

20 Aus dem Befehl Graf Wolfgangs an Weikersheimer
Schulmeister B.Kötmann vom 8. 3. 1598 (Weik B I

selbsten buberey nach und hinder die predigt oder
catechißmilehr giengen 27, sollen sie der pfarrher
oder schuhnaister, wo sie ohne das in die schul gelin,
und, im fall sie nicht in die schul gehen, ihre eltern
in beisein deß pfarrhers und amptsdieners 28 mit
ruten woll züchtigen und sie in die kirchen und
predigt weisen 29. Weren sie aber groß und der rutten
entwachsen, sollen sie uns uberschickt werden, sie
der gepur nach mit dem f gefängnus wißen zue
straffen 30.

Eß sollen auch nit allain die kinder, sonder auch
die vatter 31 und mutter, deßglaichen die gewach-
sene söhn und töchter, auch alles haußgesind, was
ohne sondern nachtail abkommen kann, an son-
tagen die 32 kinderlehr, darinnen uns die haupt-
punctenV unsers christhchen glaubens und was uns
zue unsserer seligkeit zue wißen von nötten, kiirtz-
hch begriffen 33, furnemfich besuchen, bey straff
zwenn h schilling 34 in das gotteshauß, wer es ohne
redliche und erhebliche ursachen mutwiilig und fur-
sezlich versaumpt.

Eß haben auch die leut die böse gewonhait, das
sie alle ihre geschäften, was sie die ganzen wochen
nicht verrichten mögen oder sonsten in den wirts-
heußern dieselbige zeit hinder dem wein ligen 35, uf
den feyertag sparen, alßdann uber feld gehn, ecker,

69, 13): Und dieweil sich auch befindet, daß am son-
tag under der mittagspredigt etliche eltern ihre kin-
der nicht zum catechißmo schicken, sonder villmehr
uf der gassen umbherlaufen laßen, so wolle schul-
maister ie zu zeiten ainen schulljungen uf die gassen
abfertigen und, waß er für kinder findet, aufzeichnen
lassen, damit solcher hernach bey den eltern oder
kindern, an welchem der mangel, mit ernst ahge-
schafft und erstrafft werden möge.

30 In Castell-Billingshausen folgt Abschnitt über das
Katechismusexamen, der in Castell-Obereisensheim
fehlt (Sehling 11, 687f., Anm.).

31 Castell: haußvätter.

32 Statt ,,an sontagen die“ in Castell: diese.

33 Vgl. in der Konkordienformel (BSLK 769): Dorin
alles begriffen, was in Heiliger Schrift weitläufig ge-
handelt und einem christenmenschen zu seiner
seligkeit zu wissen vonnöten ist.

34 Wie Anm. 25.

35 Die Formel ,,hinter dem Wein“ „sieht die Zecher und
ihr Menschentum hinter der Kanne untertauchen“.
,, Liegert ‘ von solchen, die unheschäftigt ügendwo wei-
len. (Grimm 14, 1, 1, 823 und 6, 1009.)

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37 Sehling, Bd. XV, Württemberg I
 
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