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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0604
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43. Polizei- und Eügordnung 1588

das erst, so verhayßung hat, das wir vatter und
mutter in ehren halten sollen 23, und aber nit die ge-
ringste unehr, die man ihnen erzaigt, der ungehor-
sam, so sich bißweilen die kinder bevleißen, wider
ihrer eltern wißen und willen sich zu verheyraten:
derwegen wöllen wir alle winkelehe 24 und, so hinder-
rucks der eltern und vormunder beschehen, hiemit
verbotten haben. Und soll hinfuro ein jegliche ehe-
betaidigung g 25 mit wißen und willen der eltern und
vormunder in beywesen deß pfarrhers, der ampts-
diener 26 und etliche ehrlichen leut beschehen. Je-
doch keine 27 hochtzeit gehalten werden, biß sie zu-
vor zum clrittenmal öffenthch in der kirchen 11 ver-
künt und außgrufft worden, 28und deßwegen zuvor
ein schein außer unser canzley dem pfarrherr fur-
Aveisen, das sie außgerufft werden sollen 28; bey
straaf vier gulden.

Solte aber wider solch unser * 1 gebott ein heimliche
ehe gemacht und ein kind hinderrucks seiner eltern
oder vormunder sich verheyraten, und sonderlich
etwan ein jungs mensch darunder verfurt werden,
wollen wir solche verachtung und ungehorsam der
obrigkait, eltern und vormundern an der uber-
tretter leib und guet zu straffen uns vorbehalten
haben.

Wir kommen auch in erfahrung, das etliche per-
sonen ein sonders gefallen tragen, wann sie in ge-
schelschaften beyeinander, gantz untzüchtige und
schantpare wort zu treyben, daran sie weder frauen,
jungkfrawen oder kinder, so nichts guts darauß
lernen, verschonen. Dieweil dan S. Paulus sagt [1
Kor 15, 33], clas untzüchtige uncl böße gesprech die
gute sitten, zucht und erbarkait zerrütten und ver-
derben, so wöllen wir hinfüro, das welche mans-
personn dergiaichen untziichtige uncl schantpere

g B: ehebedeutigung [gleiches Wort].
h „in cler kirchen“ bei B, C (und Castell), fehlt A.

1 B: unsere.
k Fehlt B.

1 Fehlt B (Castell: werk).

Trauung mußte öffentliche Abbitte geleistet wer-
den. Das Formular siehe KO 1578, Nr. 25, Kap. 12
und Nr. 55 (von 1601).

23 Ex 20, 12; Dtn 5, 16.

24 = heimliche Verlobung ccnd Ehe.

25 = Eheberedung, hier die Verlobung, die die Stelle
der heutigen bürgerlichen Eheschließung einnahm.

redt oder geberd vor und mit frauen, jungkfrawen
treiben würd, der soll jederzeit zwehn gulden, uns
halb uncl in das gotteshauß halb, zu straff geben.
Und da er es zuviel machen wolt, Avürden wir eß dar-
bey nit pleiben, sonder nach gelegenhait mit dem
turn oder sonsten straffen laßen.

Würd aber ein weibspersonn sich also vergeßen
und schandlose 29 redt und geberdt treiben, soll sie
doppelt gestrafft werden, dann eines weibß k höchste
zierd, ein züchtiger, ehrlicher wandl, welche sie
durch solche frechheit besudelt, auch andern ehr-
hchen frauen ein schand und ergernus ist. Solte
dann solches von einer jungfrauen beschehen, die
soll ohne geltstraff allain in der gefängknus, ihr
aigene schand zu büßen, alß die piilicher vor schand-
lichen dingen ihre ohren zustopfen, weder denn
mund auftun soll, mit waßer und brott gestrafft
werden.

7. Von kuppeln und heimlichen enthalten 30

Eß finden sich auch etliche leichtfertige personen,
die andere heymlich zueinander beruffen oder kup-
peln, ihre haus und hoff, gemach und fürderung dar-
zu geben, welches wider Gott und ehr, auch ein son-
ders schädliches und böses laster ist, dardurch
frawen, jungkfrawen und töchter, auch junge gesel-
len desto eher verfürt, uneehrliche, schandhche und
leichtfertige taten 1 zu volbringen. So wöllen wir,
wo solche kuppler und kupplerin erfahren, das die-
selbigen ohnvertzüglich gefängkhch angenommen
und uns uberantwort werden. Wollen wir sie ihrer
verwirkung nach an leib, ehr und guet straffen. Und
ob gleichwoll solch kuppeln zu denn ehrn, jedoch

Man verstand auch die Absprache wegen Nahrung
und Gütern darunter (DRW 2, 1210). Erstmals ist
hier in Hohenlohe bestimmt, daß Pfarrer und Amts-
diener zugezogen werden müssen.

2G Statt ,,der amptsdiener“ in Castell: des schultheißen.
27 Castell: weder handstreich noch.

28-28 Pehlt Castell.

29 = schamlos, schädlich, da in manchen Fällen
Schande in die Bedeutung von Scham übergeht
(Grimrn 8, 2136 und 2153).

30 = aufnehmen, beherbergen. Das Kapitel stammt
aus Castell und geht dort auf die Württ. LO zurück
(z.B. LO 1567, S. CCVIIf., vgl. Reyscher 12, 851).

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