16 | SITZUNGEN
Den Machtbegriff mit der ökonomischen Gesetzlichkeit zu verbinden, hatten
wir als Eigentümlichkeit der Diskussion im deutschen Sprachraum kennengelernt.
Eine zweite Eigentümlichkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass man sich in erster
Linie mit den Monopolen und Kartellen befasste. Von Anfang an wurde hier die
wirtschaftliche Machtfrage als eine Frage an den Staat und seine Rechtsordnung
gestellt. Die meisten setzten sich für die Legalisierung, die wenigsten für die Negie-
rung ein; aus den wenigen ist aber dann die geschichtsmächtige Strömung des Ordo-
liberalismus erwachsen. Hier wurde wirtschaftliche Macht als Verfälschungsfaktor des
Wettbewerbs verstanden. Dabei wurde fast übersehen, dass auch in einer Ordnung
freiesten Wettbewerbs wirtschaftliche Macht entstehen und sich betätigen kann. Für
den Wirtschaftsliberalismus wird man allgemein den Satz aufstellen können, dass er
gegen die Macht nichts einzu wenden hat, wenn sie auf einem Ausstattungsvorsprung
beruht und sich den Bedingungen der Markt- und Wettbewerbswirtschaft unter-
wirft.
Um nun wieder zum Ausgangspunkt unserer Überlegungen zurückzukom-
men, so können wir als Zwischenergebnis festhalten, dass „Macht“ aus Kausalität
und einer weiteren Komponente besteht, die man als negative Alternativität bezeich-
nen kann. Gemeint ist hiermit, dass auf M zurückgeht, welche Alternativen dem W
überhaupt zur Wahl stehen und welche der vorhandenen Alternativen von ihm
gewählt wird. Was dann unter „wirtschaftlicher Macht“ zu verstehen ist, richtet sich
nach dem Verständnis des Attributs „wirtschaftlich“; wenn hier in aller Regel der
Knappheitsaspekt zum Kriterium erhoben wird, dann geht es um Zustände und
Handlungen, die den Auswirkungen des Knappheitsdiktats auf rationellste Weise
Rechnung zu tragen suchen.
Wirtschaftliche Macht kann also mit Kausalität plus negativer Alternativität
unter dem Knappheitsdiktat gleichgesetzt werden. Die Rechtsordnung ist allerdings
nicht in der Lage, dieser Formel auf gleich-allgemeiner Ebene zu begegnen. Würde
das Recht jedoch den Blick auf das Ganze in der Formel richten, käme ein generel-
les Verbot ebenso wenig in Frage wie eine Zulassung unter generellem Kontroll-
vorbehalt oder eine Zulassung schlechthin.
Rechtsordnungen in Kontinentaleuropa unterscheiden prinzipiell zwischen
Privat- und öffentlichem Recht, und so stellt sich die Frage, ob wirtschaftliche
Machtkontrolle mittels privater Klagerechte oder mittels behördlicher Maßnahmen
auszuüben wäre. Aber diese Frage gehört nicht mehr der „höchsten“, sondern schon
einer zweiten Allgemeinheitsstufe an, weil sie zu Differenzierungen auffordert. Stehen
sich jeweils ein M und ein W gegenüber und ist das Negativsaldo zwischen den
Alternativen zulasten des W augenscheinlich, dann wird die Rechtsordnung dem
privaten Klagerecht zuneigen. Steht jedoch etwa dem M eine in die Anonymität rei-
chende Menge von W gegenüber und ist für jeden W das Negativsaldo verschwin-
dend klein, die Summe aller Negativsalden zugunsten M jedoch beachtlich, dann hat
das Instrumentarium des öffentlichen Rechts einzuspringen.
Aber auch auf dieser „zweiten“ Allgemeinheitsstufe kann die Rechtsordnung
keine Antworten geben; sie wird erst nach Rechtsgebieten differenzieren, anschließend
auf dem Wege vom Allgemeinen zum Besonderen noch weiterschreiten und erst an
Den Machtbegriff mit der ökonomischen Gesetzlichkeit zu verbinden, hatten
wir als Eigentümlichkeit der Diskussion im deutschen Sprachraum kennengelernt.
Eine zweite Eigentümlichkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass man sich in erster
Linie mit den Monopolen und Kartellen befasste. Von Anfang an wurde hier die
wirtschaftliche Machtfrage als eine Frage an den Staat und seine Rechtsordnung
gestellt. Die meisten setzten sich für die Legalisierung, die wenigsten für die Negie-
rung ein; aus den wenigen ist aber dann die geschichtsmächtige Strömung des Ordo-
liberalismus erwachsen. Hier wurde wirtschaftliche Macht als Verfälschungsfaktor des
Wettbewerbs verstanden. Dabei wurde fast übersehen, dass auch in einer Ordnung
freiesten Wettbewerbs wirtschaftliche Macht entstehen und sich betätigen kann. Für
den Wirtschaftsliberalismus wird man allgemein den Satz aufstellen können, dass er
gegen die Macht nichts einzu wenden hat, wenn sie auf einem Ausstattungsvorsprung
beruht und sich den Bedingungen der Markt- und Wettbewerbswirtschaft unter-
wirft.
Um nun wieder zum Ausgangspunkt unserer Überlegungen zurückzukom-
men, so können wir als Zwischenergebnis festhalten, dass „Macht“ aus Kausalität
und einer weiteren Komponente besteht, die man als negative Alternativität bezeich-
nen kann. Gemeint ist hiermit, dass auf M zurückgeht, welche Alternativen dem W
überhaupt zur Wahl stehen und welche der vorhandenen Alternativen von ihm
gewählt wird. Was dann unter „wirtschaftlicher Macht“ zu verstehen ist, richtet sich
nach dem Verständnis des Attributs „wirtschaftlich“; wenn hier in aller Regel der
Knappheitsaspekt zum Kriterium erhoben wird, dann geht es um Zustände und
Handlungen, die den Auswirkungen des Knappheitsdiktats auf rationellste Weise
Rechnung zu tragen suchen.
Wirtschaftliche Macht kann also mit Kausalität plus negativer Alternativität
unter dem Knappheitsdiktat gleichgesetzt werden. Die Rechtsordnung ist allerdings
nicht in der Lage, dieser Formel auf gleich-allgemeiner Ebene zu begegnen. Würde
das Recht jedoch den Blick auf das Ganze in der Formel richten, käme ein generel-
les Verbot ebenso wenig in Frage wie eine Zulassung unter generellem Kontroll-
vorbehalt oder eine Zulassung schlechthin.
Rechtsordnungen in Kontinentaleuropa unterscheiden prinzipiell zwischen
Privat- und öffentlichem Recht, und so stellt sich die Frage, ob wirtschaftliche
Machtkontrolle mittels privater Klagerechte oder mittels behördlicher Maßnahmen
auszuüben wäre. Aber diese Frage gehört nicht mehr der „höchsten“, sondern schon
einer zweiten Allgemeinheitsstufe an, weil sie zu Differenzierungen auffordert. Stehen
sich jeweils ein M und ein W gegenüber und ist das Negativsaldo zwischen den
Alternativen zulasten des W augenscheinlich, dann wird die Rechtsordnung dem
privaten Klagerecht zuneigen. Steht jedoch etwa dem M eine in die Anonymität rei-
chende Menge von W gegenüber und ist für jeden W das Negativsaldo verschwin-
dend klein, die Summe aller Negativsalden zugunsten M jedoch beachtlich, dann hat
das Instrumentarium des öffentlichen Rechts einzuspringen.
Aber auch auf dieser „zweiten“ Allgemeinheitsstufe kann die Rechtsordnung
keine Antworten geben; sie wird erst nach Rechtsgebieten differenzieren, anschließend
auf dem Wege vom Allgemeinen zum Besonderen noch weiterschreiten und erst an