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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2002 — 2003

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I. Das Geschäftsjahr 2002
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Antrittsreden
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Löhneysen, Hilbert von: Antrittsrede vom 15. Juni 2002
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https://doi.org/10.11588/diglit.66351#0102
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Hilbert v. Löhneysen

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Bild, bei dem die Elektronen, die für den elektrischen Stromfluss verantwortlich
sind, sich unabhängig voneinander bewegen. Für einfache Metalle wie etwa Kupfer
oder Blei ist dieses Bild auch zutreffend. In den letzten 20 Jahren hat man aber mehr
und mehr Beispiele gefunden, bei denen dieses Bild zusammen bricht. Dann kön-
nen neuartige Materialeigenschaften auftreten: Magnetismus, Supraleitung, Metall-
Isolator-Ubergang, üblicherweise sich ausschließende Phänomene, gehen Symbiosen
ein. Zweitens, wenn wir unsere Metallproben immer kleiner machen — und hier
kann es sich ruhig um einfache Metalle wie das erwähnte Kupfer handeln —, kom-
men ebenfalls neuartige elektronische Phänomene ms Spiel. Ich will nur einen
Aspekt nennen. Elektronen sind, wie die meisten von Ihnen wissen, nach den Geset-
zen der Quantenmechanik nicht nur geladene Teilchen, sie haben auch Wellen-
charakter. Dieser Wellencharakter macht sich in kleinen nanostrukturierten Metall-
proben bemerkbar, es gibt Interferenzen von Wellen, zum Beispiel Auslöschung,
wenn Wellenberg auf Wellental trifft, und Verstärkung, wenn Wellenberg auf Wellen-
berg trifft. Man kann solche Nanostrukturen als Wellenleiter für Elektronen benut-
zen, ähnlich wie Glasfasern als Wellenleiter für Licht, und den Stromfluss durch ein-
zelne Atome oder Moleküle untersuchen. Wie koppeln dabei die Elektronenwellen
in den Zuleitungen an die Elektronenorbitale einzelner Atome oder Moleküle? Wie
verhalten sich diese Orbitale im starken Nichtgleichgewicht? Die kleinen Struktu-
ren sind beim Stromfluss riesigen elektrischen Feldern ausgesetzt, und die elektrische
Stromdichte ist so groß, dass sie jeden Kupferdraht in kürzester Zeit zum Schmelzen
bringen würde. Und schließlich: kann man den Stromfluss durch einzelne Moleküle
von außen beeinflussen, etwa durch Lichteinstrahlung? Das sind spannende Fragen,
denen wir — wie viele andere Gruppen weltweit — zur Zeit nachgehen.
Für mich hat die wissenschaftliche Arbeit, der Umgang mit Diplomanden und
Doktoranden, der Diskurs mit Kollegen Priorität. Daneben macht mir auch die
Arbeit in der akademischen und wissenschaftlichen Selbstverwaltung Spaß. So war
ich von 1992 bis 1992 Dekan und später gewähltes Mitglied des Senats der Univer-
sität Karlsruhe. Dabei und besonders auch als Mitglied des Senats und Hauptaus-
schusses der DFG von 1995 bis 2001 habe ich die Diskussionen mit Kolleginnen
und Kollegen anderer Fächer zu schätzen gelernt, die ich immer als anregend emp-
fand, oft auch als wichtig für mein eigenes Denken und Arbeiten. Und so freue ich
mich auf die Mitarbeit in der Akademie, die ein hervorragendes Forum für den wis-
senschaftlichen Dialog zwischen Disziplinen ist.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
 
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