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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2002 — 2003

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2002
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Antrittsreden
DOI Artikel:
Pritschow, Günter: Antrittsrede vom 14. Dezemberg 2002
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https://doi.org/10.11588/diglit.66351#0119
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130 | ANTRITTSREDEN

die enorme Dynamikerweiterung liegt allerdings in den geringen Kräften, die ein
solcher Antrieb zur Verfügung stellt, da ein untersetzendes Getriebe fehlt.
Geringe Kräfte bei gleichzeitig geforderten hohen Beschleunigungen, wie sie
z. B. für eine schnelle und genaue Kreisfahrt benötigt werden, erfordern nach
Newton eine Reduktion der bewegbaren Massen, d. h. einen extremen Leichtbau.
Gleichzeitig sollte keine Achse massemäßig gegenüber anderen benachteiligt sein,
wie das z. B. bei einem Kreuztisch der Fall ist, bei dem eine Achse die andere tragen
muss. Diese Erkenntnisse führten Anfang der 90er Jahre in unserem Institut zu neuen
Entwurfsprinzipien von Werkzeugmaschinen in Form von sogenannten Stabkinema-
tiken nach dem Prinzip ,,Kein Antrieb trägt den anderen“.
Wir haben 1990 zunächst mit einer zweiachsigen Anordnung in Form einer
Scherenkinematik begonnen, die gegenüber konventionellen Lösungen eine ca.
zehnfach höhere Beschleunigung als auch Bandbreite besitzt. Mit dieser Technologie
beschäftigten sich in den 90er Jahren neben vielen Instituten auch die Industrie. Ver-
fügbar sind heute Maschinen bis zu sechs Achsen, mit denen sich komplizierte Werk-
stücke für den Formenbau, z. B. Uniformwerkzeuge für Autokarosserieteile, hoch-
genau und schnell herstellen lassen.
Parallel zur Forschungs- und Lehrtätigkeit haben mich meine Kollegen von
der Notwendigkeit überzeugt, das Amt des Prorektors für Lehre zu übernehmen. So
wurde ich von 1986—1990 erstmalig Mitglied des Rektorats und da beide Aufgaben
die volle Person beanspruchten, wurde für mich die 7-Tage-Woche zur Regel-
arbeitszeit. Nach Abgabe des Prorektorenamtes bekam ich dann durch die vielen
neugewonnenen Kontakte die Gelegenheit, mich als Mitglied des Landesforschungs-
beirats in BW und als Mitglied der Berliner- und der Sächsischen Hochschulkom-
mission nach der Wiedervereinigung auch politisch einzubringen.
Die Erfahrungen als Prorektor blieben an meiner Hochschule ebenfalls nicht
ohne Folgen, denn als unsere Universität 1996 vor einer Weichenstellung im
Führungsstil stand, wurde ich nunmehr zum Rektor gewählt und konnte für die
nächsten vier Jahre studieren, dass steuerungstechnische Prinzipien sowohl in der
Technik als auch in der Führung hochgradig unterschiedlicher komplexer und dyna-
mischer Geister immer nur unter strikter Beachtung von gegebenen Randbedin-
gungen und feinsinnig erdachten Steuerungsgrößen zielorientiert wirksam werden.
Seit dem Jahr 2001 konzentriere ich mich wieder ganz auf das Feld, für das ich
eigentlich berufen worden bin und die Suche nach innovativen Wegen zur Verschie-
bung von Grenzen treibt uns ständig weiter zu kreativen neuartigen Ingenieur-
lösungen. Ein Beispiel aus unseren letzten Arbeiten möge das verdeutlichen.
Bei rotatorischen Antrieben bietet der Tachogenerator auf der Basis des elek-
trodynamischen Prinzips eine überzeugende Lösung zur Erfassung der Regelgröße
Geschwindigkeit. Für die Linearbewegung bietet dieses Prinzip jedoch keine praxis-
gerechte Lösung. In den letzten Jahren ist es uns gelungen, auf der Basis des Ferraris-
Prinzips einen neuen Weg aufzuzeigen, wobei mit Hilfe eines einfachen Messkopf-
es, der sich über einem elektrisch leitenden Blech bewegt, nicht die absolute sondern
die interessierende relative Beschleunigung zwischen Messkopf und Blech gemessen
werden kann. Durch Messung der relativen Beschleunigung lässt sich ein sauberes
 
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