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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2002 — 2003

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I. Das Geschäftsjahr 2002
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Hauptmann, Harald: Karl Jettmar (8.8.1918 - 28.3.2002)
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https://doi.org/10.11588/diglit.66351#0146
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Karl Jettmar | 157

galt aber der Fertigstellung der großen, seine Forschungen zusammenfassenden
Studie „Die vorislamischen Religionen Mittelasiens“, deren Veröffentlichung in der
Reihe „Die Religionen der Menschheit“ er aber nicht mehr erleben konnte.
Als Lehrer zahlreicher Schüler, die über 30 Dissertationen und 5 Habilitationen
hervorgebracht haben, konnte er die einzigartige Weitsicht seiner ethno-archäologi-
schen Forschungen weitergeben. Seine über die Grenzen seines Landes reichende
Wertschätzung hat in zahlreichen Mitgliedschaften wie des Deutschen Archäologi-
schen Instituts, der Frobenius-Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Völ-
kerkunde sowie durch Ehrungen wie der Verleihung des höchsten Zivilordens der
Islamischen Republik Pakistan „Sitara-i-Imtiaz“ und der Dennis Sinor Gold Medal
for Inner Asian Studies der Royal Asiatic Society London ihren Ausdruck gefunden.
Karl Jettmar gehörte zu den letzten großen, auch international anerkannten Vertre-
tern einer deutschen Völkerkunde, in der er die Komponenten materielle Kultur,
soziale Organisation, historische Überlieferung, Religion und Magie sowie die
Umwelt des Menschen zur Grundlage einer übergreifenden Zusammenschau zu
verbinden verstand, ohne modischen Strömungen der modernen Ethnologie mit
einer auf modellhafte Betrachtungsweise ausgerichteten Forschungsrichtung zu ver-
fallen. Freunden und Kollegen wird er aber auch als Mensch in Erinnerung bleiben,
der auf die schwierige Zeit seiner Jugend und beginnenden wissenschaftlichen Kar-
riere ohne Bitterkeit und mit dem ihm eigenen unvergleichlichen schwarzen Humor
zurückzublicken verstand. In seiner Persönlichkeit schien sich die schöpferische
Kraft und Beharrlichkeit des spröden, einer deutsch-böhmischen Familie entstam-
menden Vaters und das heitere Gemüt und der Charme seiner Wiener Mutter glück-
lich zu vereinen.

HARALD HAUPTMANN
 
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