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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2014
DOI Kapitel:
I. Jahresfeier am 24. Mai 2014
DOI Artikel:
Debus, Jürgen: Festvortrag von Jürgen Debus „Strahlenheilkunde: eine multidisziplinäre Herausforderung“
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0036
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I. Jahresfeier am 24. Mai 2014

obachtet und kontrolliert. Aber man kann damit wunderbar zeigen, zum Beispiel
anhand der Patienten, die wir bei der GSI Darmstadt behandelt haben, dass wir auch
im Langzeit-Follow-Up nach 10 und 15 Jahren sehr hohe lokale Kontrollraten über
90 % und Überlebensraten von 96 % haben. Man kann damit Hoffnung haben, dass
für diese Tumorart eine Behandlungsoption entwickelt und gefunden wurde.
Mittlerweile können wir das auch an anderen Tumorarten, bzw. anderen
Erkrankungen demonstrieren, wo es darum geht, Organe wie zum Beispiel den
Kehlkopf oder eine Extremität zu erhalten.
Es geht nicht nur um Verbesserung der Tumorkontrolle, sondern auch um
die Verbesserung der funktionellen Ergebnisse und der Lebensqualität. Um dies
zu erarbeiten haben wir multidisziplinäre Tumorboards, das heißt die verschiede-
nen Fachdisziplinen stimmen ein Behandlungskonzept ab, bevor eine Therapie
beginnt, ganz im Sinne Czernys. Diese Form der Präzisionsmedizin ist kein Mas-
senproduktionsverfahren, sondern ein sehr individuelles Verfahren, welches ent-
sprechend personalintensiv ist. Im letzten Jahr haben wir mit der lonenstrahlung
600 Patienten behandelt.
Aber das Verfahren lässt sich nicht beliebig expandieren und deswegen gibt es
im Moment auch in Europa viele Initiativen, als prominentes Beispiel sei Öster-
reich/Wiener Neustadt genannt. Dort entsteht eine genau solche Anlage; ebenso
in Mailand, sowie in Stockholm und in Lyon. Die Methode breitet sich an den
verschiedenen Stellen in Europa aus.
Ein solches Verfahren steht nicht allein, sondern steht hier in Heidelberg un-
ter dem Dach des Comprehensive Cancer Centers, des Nationalen Zentrums für
Tumorerkrankungen, wo wir zum einen die onkologischen Abteilungen zusam-
mengeführt haben, die Studien durchführen, und zum anderen die translationalen
Forschungsgruppen, die versuchen aufgrund von molekularer Parameter von Bi-
opsien herauszufinden, welcher Patient diese aufwendige Technologie braucht, bei
welchem Patienten man unter Umständen gar nicht therapieren muss und welcher
Patient eine andere Form, zum Beispiel zusätzliche medikamentöse Behandlung,
braucht. Dazu laufen klinische Studien bei Patienten mit Tumorerkrankungen in
verschiedenen Körperregionen.
Einen Aspekt möchte ich allerdings nochmals betonen: Ich habe von der Ästhetik
der Physik gesprochen und habe Ihnen auch einige biologische Bilder gezeigt, die
faszinierende Technik und neue technische Anwendungen in der Medizin erläu-
tert. Wir dürfen dabei nicht vergessen: im Zentrum dieser Bemühungen steht der
Mensch. Und der Mensch ist mehr als das Zusammenfügen von Molekülen und
Technik, das haben wir immer wieder realisiert und verstehen das auch so. Auch
die moderne Medizin geht auf dieses Thema ein, das heißt, wir betreuen unsere
Patienten zusammen mit Medizinpsychologen. Diese haben wir einfach mal ge-
fragt, wie sich denn die Patienten bei gleichwertigen Therapieoptionen wie z. B.

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