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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

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A. Das akademische Jahr 2014
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II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:
Leppin, Volker: Reformation aus dem Geist der Mystik: Luthers reformatorisches Werden: Sitzung der Philosophisch-historischen Klasse am 24. Januar 2014
DOI Artikel:
Boehm, Thomas: Die evolutionären Wurzeln der Immunität: Sitzung der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse am 24. Januar 2014
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https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0042
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II. Wissenschaftliche Vorträge

Weitere Hinweise - ein Briefzitat aus eben dem selben Jahre 1518, in dem Lu-
ther bekennt, allein Tauler und der sog. „Theologia deutsch“ gefolgt zu sein, sowie
Randbemerkungen zu den Predigten eben dieses spätmittelalterlichen Mystikers
Tauler (f 1361), die Luther 1515 verfasst hat - lassen einen ungeahnten Hinter-
grund von Luthers reformatorischer Entdeckung erkennen: Diese stammte aus
der Beschäftigung mit der mystischen Theologie des 14. und 15. Jahrhunderts.
Den so gebahnten Wegen folgte Luther noch mit den Thesen gegen den Ablass
1517 - so dass der erste Protest nach Luthers eigenem Verständnis und der nach-
vollziehbaren Theologiegeschichte ein ganz innermittelalterlicher war und keinen
radikalen Neubeginn darstellte. Damit wird Luther viel stärker als üblich in seinen
Traditionshintergrund eingeordnet.
Eine genaue Untersuchung zeigt, dass die mystische Theologie bei Luther
produktiv blieb, wenn auch in einer eigentümlichen worttheologischen Brechung:
Die bedeutsame Luthersche Lehre vom „Gesetz und Evangelium“ stellt nichts
anderes dar als die worttheologische Umformulierung eines von den Mystikern
beschriebenen Vorgangs der Destruktion und Wiederrichtung des Menschen
durch Gott. Selbst die für das Luthertum schlechthin zentrale Rechtfertigungs-
lehre knüpft an Betonungen der Ausschließlichkeit der Gnadengabe durch Jesus
Christus bei Tauler an, und auch die Lehre vom allgemeinen Priestertum hatte ihr
Vorbild bei Tauler, der das Priestertum von der Weihe löste und so verallgemei-
nerte. Allerdings war Luther auch hier radikaler und band das Priestertum nicht
allein an eine besondere Andacht, sondern an die allen Christinnen und Christen
gespendete Taufe.
So analysiert, erscheint Martin Luther nicht als eine Gestalt, die mit dem mit-
telalterlichen Erbe radikal brach, sondern seine Theologie ist eher im Sinne einer
allmählichen Transformation der spätmittelalterlichen Mystik zu verstehen. Kon-
tinuität und Diskontinuität liegen bei ihm ineinander - auch im Vorfeld des Re-
formationsjubiläums kommt man mit einer Beschreibung der Schattierungen dem
historischen Geschehen näher als mit klaren Schwarz-Weiß-Konturierungen.
Thomas Boehm
„Die evolutionären Wurzeln der Immunität"
Sitzung der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse am 24. Januar 2014
Das Phänomen der Immunität findet sich bei Pflanzen und Tieren. Immunität
dient dem Erhalt genetischer, zellulärer (und bei vielzelligen Organismen auch
körperlicher) Integrität. Allen Formen der Immunität liegt die Unterscheidung
von Selbst von Fremd (Nicht-Selbst) zugrunde. Schon das Schwarmverhalten man-
cher Bakterienarten beruht auf diesem uralten Prinzip, das in Biofilmen entweder

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