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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2014
DOI Kapitel:
II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:
Patzold, Steffen: Wie regierte Karl der Große? Zu den Kapitularien der Karolingerzeit: Sitzung der Philosophisch-historischen Klasse am 18. Juli 2014
DOI Artikel:
Gade, Lutz H.: Das Phänomen der Händigkeit (Chiralität): Seine Bedeutung für die Strukturbildung und Wechselwirkung auf molekularer Ebene – eine Herausforderung für die Molekulare Katalyse: Sitzung der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse am 18. Juli 2014
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https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0061
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Lutz H. Gade

text“ schließlich in seiner Gestalt editorisch stillstellen. Statt dessen sollten wir den
Informationsgehalt nutzen, den uns die instabile Überlieferung selbst bietet: Wir
können die Listen von capitula lesen als Überreste der Kommunikation zwischen
dem Herrscher und den Eliten unter den Bedingungen einer politischen Praxis,
in der mündliche Verhandlungen und deren schriftliche Vorbereitung, zentral ge-
steuerte wie individuelle Protokollierung, Nachbereitung, Übermittlung in die
Peripherie und Sammlung und Archivierung in komplexer Weise ineinandergrif-
fen. Eine neue Edition, die diese Aspekte für den Benutzer transparent macht, wird
zur Zeit erarbeitet.
Lutz H. Gade
„Das Phänomen der Händigkeit (Chiralität): Seine Bedeutung
für die Strukturbildung und Wechselwirkung auf molekularer
Ebene - eine Herausforderung für die Molekulare Katalyse."
Sitzung der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse am 18. Juli 2014
In seinem zweiten, 1871 erschienenen Alice-Roman Through theLooking Glass lässt
Lewis Carroll die Protagonistin zu Beginn durch einen Spiegel über dem Kamin-
sims im Wohnzimmer treten, in dem sie kurz zuvor mit ihren Kätzchen gespielt
hatte. Auf diese Weise betritt sie eine gespiegelt Welt, in der das weitere Geschehen
stattfindet. Kurz vor dem Übertritt in die Spiegelwelt fragt sie sich, ob ihre Kat-
zen wohl die dort vermutlich existierende gespiegelte Milch vertragen würden:
„Perhaps looking-glass milk isn’t good to drink ...“. Heute wissen wir, dass die
gespiegelte Milch nur für eine gespiegelte Katze verdaulich wäre. Der chemische
Verdauungsprozess, ja praktisch der gesamte Metabolismus von Lebewesen beruht
auf strukturchemischer Händigkeit (Chiralität), d.h. der Unsymmetrie der betei-
ligten Biopolymere bezüglich einer Spiegelung. Dies ist letztendlich eine Folge der
Tatsache, dass die übeiwiegende Zahl möglicher dreidimensionaler Strukturen in
einem dreidimensionalen Raum durch Spiegelung nicht auf sich selbst abgebildet
werden können. Dass aber wohldefinierte dreidimensionale Strukturen der Pro-
teine und Nukleinsäuren entstehen (Sekundärstrukturen, Doppelhelices) - ent-
scheidend für das „Funktionieren“ von Organismen! - ist nur auf der Basis von
Bausteinen einheitlicher Händigkeit (Homochiralität) möglich.
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts begann man verschiedene mit der Chiralität
bestimmter chemischer Substanzen verknüpfte Eigenschaften, wie z. B. die Dre-
hung linear polarisierten Lichts, zu untersuchen. Die Existenz chiraler Mineralien
(„Rechts-Quarz“/“Links-Quarz“) war bekannt und seit den Arbeiten von Louis
Pasteur die Chiralität der Weinsäure (und ihrer Salze) und mit ihr das unterschied-
liche Verhalten der beiden Enantiomere (Bild/Spiegelbild-Stereoisomere) unter

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