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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

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C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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II. Das WIN-Kolleg
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Sechster Forschungsschwerpunkt „Messen und Verstehen der Welt durch die Wissenschaft“
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16. Metaphern und Modelle. Zur Übersetzung von Wissen in Verstehen
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https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0298
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C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses

16. Metaphern und Modelle
Zur Übersetzung von Wissen in Verstehen
Kollegiat: Dr. Chris Thomale1
Mitarbeiter: Jan Marco Horstick1, Christoph Lukas1
1 Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht,
Universität Heidelberg
Das Projekt verfolgt das Erkenntnisziel, die Bedeutung von Metaphern und Mo-
dellen im wissenschaftlichen Diskurs besser zu verstehen. Längst ist anerkannt,
dass Metaphern und Modelle wissenschaftliche Erkenntnis nicht lediglich neutral
reproduzieren, sondern (prä-)formieren. Dennoch fehlt es weitestgehend erstens
an einer Analyse, wie genau der Einfluss metaphorischer oder modellhafter For-
men auf die Wissenschaften vonstatten geht. Zweitens werden aus diesem Zusam-
menhang, soweit ersichtlich, keine wissenschaftspraktischen oder -ethischen Kon-
sequenzen gezogen. Im Laufe des Projekts sollen Erkenntnisse über das Thema
einerseits induktiv durch eine interdisziplinär informierte Beschreibung und Er-
fassung des Metaphern- und Modellgebrauchs in den Einzelwissenschaften, ande-
rerseits deduktiv aus wissenschafts- und sprachtheoretischer Reflexion gewonnen
werden.
Die Metapher hat in der Wissenschaft einen zweifelhaften Ruf, gilt sie doch
vielfach als bloß rhetorisches Stilmittel, dessen Unschärfe, Vieldeutigkeit und Ir-
rationalität es für einen sachlichen Diskurs, der auf die präzise Formulierung des
eigenen Gedankens angewiesen ist, im besten Falle als überflüssig, im schlech-
testen sogar als schädlich erscheinen lässt. Das George Berkeley zugeschriebene
Credo: „A metaphoris autem abstinendum philosopho“ beschreibt deshalb nicht
nur die vorherrschende Haltung der Geistes-, sondern gerade auch der Naturwis-
senschaften. Hingegen erscheinen Modelle auf der Höhe unserer Zeit und prägen
den wissenschaftlichen Diskurs. Dabei tritt in den Hintergrund, dass das Modell
eigentlich ein Kind der Architektur ist und den Schriften des Renaissancebaumeis-
ters Leon Battista Alberti, insbesondere De Pictura und De Statua, entstammt. Ge-
meint ist die maßstabsgetreue Abbildung eines Bauwerks in einem Entwurf, man
könnte auch sagen: eine proportionale Analogie. Genau dies stellt jedoch auch eine
Erscheinungsform der Metapher dar, wie sie bereits in der Poetik des Aristoteles
aufgeführt wird. Ist mithin Metaphern und Modellen gleichermaßen der verbildli-
chende Charakter gemein, so muss verwundern, dass sie einen solch unterschied-
lichen Respekt genießen. Denn der Irrationalitäts- und Unschärfevorwurf ließe
sich gegenüber Modellen sogar bekräftigen, bilden diese doch eine innere Syste-
matik aus, die unter dem Deckmantel der logischen Schlüssigkeit eine sachliche
Begründetheit suggeriert, die in zirkulärer Weise allein von der Richtigkeit der
Modellprämissen und -befunde abhängt, den unmittelbaren Rückgriff auf welche

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