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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

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A. Das akademische Jahr 2014
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II. Wissenschaftliche Vorträge
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Kaegi, Dominic: Notwendige Übergriffe – Erfahrungen mit interdisziplinären Studien: Verleihung des Karl Jaspers-Preises an Hans Maier am 14. Januar 2014
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https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0078
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III. Veranstaltungen

Professor für christliche Weltanschauung, Religions- und Kulturphilosophie auf
dem Guardini-Lehrstuhl in München.
Paul Kirchhof schlug in seinem Grußwort den Bogen zu Jaspers durch Lektü-
re-Erfahrungen aus der Gymnasialzeit: Mit „unbekümmerter Begeisterung“ habe
er damals Vom Ursprung und Ziel der Geschichte gelesen. Vielleicht ist es kein Zufall,
dass das Buch auf einen Akademievortrag zurückgeht. Im Januar 1948, unmit-
telbar vor seinem Wechsel nach Basel, referierte Jaspers vor der Philosophisch-
historischen Klasse über die „Struktur der Weltgeschichte“; der inzwischen wieder
aufgefundene Vortrag bildet den Nukleus der ein Jahr später erschienenen Mo-
nographie. Als ihre nachhaltig aktuellen Kerngedanken unterstrich Kirchhof die
epochale Bedeutung der Technik, die Sprachlichkeit der Überlieferung und vor
allem die Freiheitsidee, Freiheit verstanden als Handeln aus Einsicht, das Willkür
übeiwinde „durch Werfen des Ankers im Ursprung aller Dinge“ (Jaspers). Ein
Satz, der „in der Meinungspublizität der heutigen Medien fast wie ein Notschrei
im Ringen um politische Einsichten“ wirke.
Was aber sind politische Einsichten? Jens Halfwassen zeichnete in seiner
Laudatio die Entstehung der politischen Theorie aus den „weltgeschichtlichen
Katastrophen des 5. vorchristlichen Jahrhunderts“ nach, der Selbstzerstörung der
griechischen Poliswelt im Peloponnesischen Krieg und dem Untergang der athe-
nischen Demokratie. Platon reflektiere diese Ereignisse „so prinzipiell wie nur
möglich: Er bindet die rechte Ordnung der Polis an die metaphysische Struktur
der menschlichen Seele und die Ordnung des Seins überhaupt zurück“. Diese
metaphysische Grundkonstellation von Polis, Seele und Sein kehre bei Jaspers
wieder vor dem Hintergrund der beiden Weltkriege und dem Bankrott der ersten
deutschen Demokratie. „Wie Platons politische Theorie von seiner Metaphysik der
Seele und des Einen unabtrennbar ist, so bleibt auch Jaspers’ politisches Denken
rückgebunden an den Bezug von Existenz auf Transzendenz; denn die Freiheit,
um die es Jaspers in seinen Einreden gegen die Politik seiner Zeit immer geht,
gründet in eben jenem Bezug.“ Neu ist 1933 allerdings das „Bündnis von Mob
und Elite“ (Hannah Arendt), der Triumph einer Diktatur, die von der intellektu-
ellen und akademischen Exzellenz mindestens toleriert, wo nicht aktiv unterstützt
wurde. An dieses „Spezifikum totalitärer Herrschaft im 20. Jahrhundert“ erinnerte
die Preisrede von Hans Maier.* „Ich sehe dazu in der Geschichte kaum ein ex-
akt vergleichbares Gegenstück.“ Maier zitiert Camus: „Angesichts der Verbrechen
vergangener Tyranneien konnte »das Gewissen fest und das Urteil klar sein«. Im
Zeitalter des vollkommenen Verbrechens dagegen habe sich die libido dominandi
»ein unwiderlegbares Alibi, nämlich die Philosophie« verschafft. Sie könne zu al-
lem dienen, meint Camus, sogar dazu, die Mörder in Richter zu verwandeln.“

Hans Maier, „Notwendige Übergriffe. Erfahrungen mit interdisziplinären Studien“, Stimmen
der Zeit 5/2014, 313-325.

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