III. Veranstaltungen
digendes Tier an den Geschädigten zur eigenen Exkulpation abliefern konnte. Die
moderne, am entstandenen Schaden orientierte Gefährdungshaftung des Tierhal-
ters fußt demgegenüber auf dem römischen Recht, das eine Haftung freilich ur-
sprünglich nur für Vierfüßler vorsah, sodass schon in der Antike diskutiert wurde,
ob die Vorschrift z. B. für einen privat gehaltenen Vogel Strauß analog angewendet
werden könne. Ob dies nur ein akademisches Problem war, analysierte der Kölner
Römischrechtler Andreas Wacke unter der Überschrift „Der Vögel Strauß als Bei-
spiel für Gesetzesanalogie - ein Phantasma?“.
Nicht mit den Tierstrafen verwechselt werden darf das bis in die Frühneuzeit
hinein immer wieder nachweisbare Hängen von Hunden im Rahmen einer Gal-
genstrafe: Wie der Hannoveraner Rechtshistoriker Stephan Meder erläuterte, ging
es dabei nämlich ausschließlich um eine Bestrafung von Menschen; insbesondere
Juden habe man zur Strafschärfung mit dem Kopf nach unten zusammen mit zwei
Hunden aufgehängt, wobei ein Straferlass möglich blieb, wenn sich der Verurteilte
ernstlich zum Christentum bekehrte. Die an den Hinterbeinen mit aufgehängten
Hunde wurden willkürlich ausgewählt - mithin instrumentalisiert. Eine Art „Mit-
bestrafung“ von Tiere war aber im Falle von Sodomie verbreitet, die vielfach nicht
nur für den Täter, sondern auch für das Tier, mit welchem er sexuellen Kontakt
hatte, den Tod auf dem Scheiterhaufen bedeutete. Ob hierbei allerdings wirklich
an eine Tierbestrafung gedacht war oder eher an eine Beseitigung des „befleckten“
Tatobjekts, ist in der Wissenschaft umstritten. Die Züricher Historikerin Francisca
Loetz illustrierte anhand von Schweizer Fällen, dass die vornehmlich sehr jun-
gen männlichen Täter jedenfalls im 18. Jahrhundert häufig mit dem Leben davon
kamen; für die Tiere galt schlicht, dass sie nicht zum Verzehr gebracht werden
durften.
Dass sich Menschen in Tiere verwandeln können, ist uns heute eher aus
Märchen geläufig, war aber in Mittelalter und Frühneuzeit eine verbreitete Vor-
stellung - auch im Recht! Man denke nur an die bis ins 18. Jahrhundert nachweis-
bare Verurteilung von Männern als Weiwölfe. Auch in der Literatur zur „Hexerei“
spielten Tierverwandlungen eine große Rolle, wie der Bielefelder Rechtshistoriker
und Rechtsikonograph Wolfgang Schild - auch anhand von zeitgenössischen Illus-
trationen - darstellte. Sein Beitrag leitete insoweit über zu einem Abschnitt, der
sich mit Tier und Recht in Kunst und Literatur befasste: Der Leipziger Kunsthis-
toriker Johannes Tripps stellte spätmittelalterliche Gemälde vor, in welchen Tiere
als Vertragspartner von Menschen zu sehen sind, namentlich Sassettas „Wolf von
Gubbio“ (um 1440). Dass Tiere in Fabeln und Erzählungen oft für menschliche
Charaktere stehen, ist bekannt; ein bis in die moderne Fernsehwerbung nachwir-
kendes Beispiel ist der „schlaue“ Reineke Fuchs, dessen staatsrechtliche Seite im
frühneuzeitlichen Diskurs die Bremer Literaturwissenschaftlerin Jana Jürgs the-
matisierte. Die den Tieren zugeschriebenen Charaktereigenschaften und die ihnen
zugedachte Hierarchie im Tierreich spielte auch bei der Symbolik von Wappen
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digendes Tier an den Geschädigten zur eigenen Exkulpation abliefern konnte. Die
moderne, am entstandenen Schaden orientierte Gefährdungshaftung des Tierhal-
ters fußt demgegenüber auf dem römischen Recht, das eine Haftung freilich ur-
sprünglich nur für Vierfüßler vorsah, sodass schon in der Antike diskutiert wurde,
ob die Vorschrift z. B. für einen privat gehaltenen Vogel Strauß analog angewendet
werden könne. Ob dies nur ein akademisches Problem war, analysierte der Kölner
Römischrechtler Andreas Wacke unter der Überschrift „Der Vögel Strauß als Bei-
spiel für Gesetzesanalogie - ein Phantasma?“.
Nicht mit den Tierstrafen verwechselt werden darf das bis in die Frühneuzeit
hinein immer wieder nachweisbare Hängen von Hunden im Rahmen einer Gal-
genstrafe: Wie der Hannoveraner Rechtshistoriker Stephan Meder erläuterte, ging
es dabei nämlich ausschließlich um eine Bestrafung von Menschen; insbesondere
Juden habe man zur Strafschärfung mit dem Kopf nach unten zusammen mit zwei
Hunden aufgehängt, wobei ein Straferlass möglich blieb, wenn sich der Verurteilte
ernstlich zum Christentum bekehrte. Die an den Hinterbeinen mit aufgehängten
Hunde wurden willkürlich ausgewählt - mithin instrumentalisiert. Eine Art „Mit-
bestrafung“ von Tiere war aber im Falle von Sodomie verbreitet, die vielfach nicht
nur für den Täter, sondern auch für das Tier, mit welchem er sexuellen Kontakt
hatte, den Tod auf dem Scheiterhaufen bedeutete. Ob hierbei allerdings wirklich
an eine Tierbestrafung gedacht war oder eher an eine Beseitigung des „befleckten“
Tatobjekts, ist in der Wissenschaft umstritten. Die Züricher Historikerin Francisca
Loetz illustrierte anhand von Schweizer Fällen, dass die vornehmlich sehr jun-
gen männlichen Täter jedenfalls im 18. Jahrhundert häufig mit dem Leben davon
kamen; für die Tiere galt schlicht, dass sie nicht zum Verzehr gebracht werden
durften.
Dass sich Menschen in Tiere verwandeln können, ist uns heute eher aus
Märchen geläufig, war aber in Mittelalter und Frühneuzeit eine verbreitete Vor-
stellung - auch im Recht! Man denke nur an die bis ins 18. Jahrhundert nachweis-
bare Verurteilung von Männern als Weiwölfe. Auch in der Literatur zur „Hexerei“
spielten Tierverwandlungen eine große Rolle, wie der Bielefelder Rechtshistoriker
und Rechtsikonograph Wolfgang Schild - auch anhand von zeitgenössischen Illus-
trationen - darstellte. Sein Beitrag leitete insoweit über zu einem Abschnitt, der
sich mit Tier und Recht in Kunst und Literatur befasste: Der Leipziger Kunsthis-
toriker Johannes Tripps stellte spätmittelalterliche Gemälde vor, in welchen Tiere
als Vertragspartner von Menschen zu sehen sind, namentlich Sassettas „Wolf von
Gubbio“ (um 1440). Dass Tiere in Fabeln und Erzählungen oft für menschliche
Charaktere stehen, ist bekannt; ein bis in die moderne Fernsehwerbung nachwir-
kendes Beispiel ist der „schlaue“ Reineke Fuchs, dessen staatsrechtliche Seite im
frühneuzeitlichen Diskurs die Bremer Literaturwissenschaftlerin Jana Jürgs the-
matisierte. Die den Tieren zugeschriebenen Charaktereigenschaften und die ihnen
zugedachte Hierarchie im Tierreich spielte auch bei der Symbolik von Wappen
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