B. Die Forschungsvorhaben
tigstellen und dann mit dem sehr umfangreichen Bereichsfeld B II i „La morale
(Moral)“ beginnen, das das Kapitel B II „Domaines affectif et intellectuel (Ge-
fühlswelt und Intellekt)“ abschließen wird.
Neu erarbeitet wurden im laufenden Jahr die Daten zu B IV a1/0 „Les com-
munes et leurs institutions (Gemeinden und kommunale Einrichtungen)“ und
B IVb1 „Les facteurs constitutifs de L’Etat (staatsbildende Strukturen)“. Sie stehen
am Beginn des letzten großen Kapitels von B „L’homme (der Mensch)“, das mit
B IV „Organisation sociale (gesellschaftliche Organisation)“ überschrieben ist.
Die lexikographische Arbeit erfordert immer wieder historische Vertiefungen.
Selbst auf den ersten Blick geläufige Begriffe können nur vor dem Hintergrund
der mittelalterlichen Gesellschaftsstrukturen adäquat gedeutet werden. Ein Bei-
spiel: Das mittelalterliche Konzept der Commune ist ein juristischer Terminus tech-
nicus, der bislang noch nicht in die einschlägigen Wörterbücher Eingang gefunden
hat und in der Fachliteratur oft verschwommen und mit divergierenden Lösungs-
ansätzen aufscheint, obgleich das Konzept inzwischen von historischer Seite gut
aufgearbeitet wurde (cf. Charles Petit-Dutaillis, Les communesfran^aises'). Im Altgas-
kognischen des 13. Jahrhunderts findet die Bezeichnung Eiwähnung ab 1215 un-
ter den grapho-phonetischen Varianten comunie, communie, comunia und communyia,
die in Bayonne und Bordeaux belegt sind. Es handelt sich hier keineswegs um
franz, commune im Sinn von „Gemeinde“, sondern das Lexem definiert sich aus
den historischen kommunalgesellschaftlichen Strukturen Südfrankreichs im Zu-
sammenhang mit den demographischen Veränderungen des Spätmittelalters und
den damit einhergehenden Autonomiebestrebungen der Städte. Aufgrund zahl-
reicher Plagen (Wegelagerei, Invasionen, Kriege, marodierende Adlige, drückende
Steuerlasten seitens des Lehnsherrn, etc.) schlossen sich die Bürger zu städtischen
Schwurgemeinschaften zusammen zum Schutz vor Übergriffen, Gewalttätigkei-
ten und Repressionen. Diese Schwurverbände verpflichteten sich unter Eid, sich
gegenseitige Hilfe gegen Unrecht und Unfrieden zu leisten, sowie ihre gemein-
schaftlichen Interessen und Rechte zu wahren. Bordeaux und Bayonne besaßen
die Konzession einer „Kommune“. Toulouse dagegen wird zuweilen fälschlich
als Commune interpretiert. Denn in seiner Charta zur Einrichtung einer commune
consilium Tolose civitatis et suburbii 1152 wird seinen Bewohnern unter Androhung
von Strafe untersagt, sich zu verschwören, um sich gegenseitigen Beistand zu leis-
ten, ein Verbot, das gegen das wesentliche Prinzip der Commune zielte. Semantisch
greift die gaskognische Bezeichnung auf die primäre Bedeutung des spätantiken
communia zurück, das ganz allgemein das Gemeinwesen, das Gemeingut eines Vol-
kes erfasst, spezifiziert für die Bemühungen einer Gemeinschaft, ihre kollektiven
Interessen zu verteidigen.
Frau Burckhardt betreute in diesem Jahr weiterhin die Erstellung der bi-
bliographischen Siglenliste zum Dictionnaire onomasiologique de l’ancien occitan
(DAO).
150
tigstellen und dann mit dem sehr umfangreichen Bereichsfeld B II i „La morale
(Moral)“ beginnen, das das Kapitel B II „Domaines affectif et intellectuel (Ge-
fühlswelt und Intellekt)“ abschließen wird.
Neu erarbeitet wurden im laufenden Jahr die Daten zu B IV a1/0 „Les com-
munes et leurs institutions (Gemeinden und kommunale Einrichtungen)“ und
B IVb1 „Les facteurs constitutifs de L’Etat (staatsbildende Strukturen)“. Sie stehen
am Beginn des letzten großen Kapitels von B „L’homme (der Mensch)“, das mit
B IV „Organisation sociale (gesellschaftliche Organisation)“ überschrieben ist.
Die lexikographische Arbeit erfordert immer wieder historische Vertiefungen.
Selbst auf den ersten Blick geläufige Begriffe können nur vor dem Hintergrund
der mittelalterlichen Gesellschaftsstrukturen adäquat gedeutet werden. Ein Bei-
spiel: Das mittelalterliche Konzept der Commune ist ein juristischer Terminus tech-
nicus, der bislang noch nicht in die einschlägigen Wörterbücher Eingang gefunden
hat und in der Fachliteratur oft verschwommen und mit divergierenden Lösungs-
ansätzen aufscheint, obgleich das Konzept inzwischen von historischer Seite gut
aufgearbeitet wurde (cf. Charles Petit-Dutaillis, Les communesfran^aises'). Im Altgas-
kognischen des 13. Jahrhunderts findet die Bezeichnung Eiwähnung ab 1215 un-
ter den grapho-phonetischen Varianten comunie, communie, comunia und communyia,
die in Bayonne und Bordeaux belegt sind. Es handelt sich hier keineswegs um
franz, commune im Sinn von „Gemeinde“, sondern das Lexem definiert sich aus
den historischen kommunalgesellschaftlichen Strukturen Südfrankreichs im Zu-
sammenhang mit den demographischen Veränderungen des Spätmittelalters und
den damit einhergehenden Autonomiebestrebungen der Städte. Aufgrund zahl-
reicher Plagen (Wegelagerei, Invasionen, Kriege, marodierende Adlige, drückende
Steuerlasten seitens des Lehnsherrn, etc.) schlossen sich die Bürger zu städtischen
Schwurgemeinschaften zusammen zum Schutz vor Übergriffen, Gewalttätigkei-
ten und Repressionen. Diese Schwurverbände verpflichteten sich unter Eid, sich
gegenseitige Hilfe gegen Unrecht und Unfrieden zu leisten, sowie ihre gemein-
schaftlichen Interessen und Rechte zu wahren. Bordeaux und Bayonne besaßen
die Konzession einer „Kommune“. Toulouse dagegen wird zuweilen fälschlich
als Commune interpretiert. Denn in seiner Charta zur Einrichtung einer commune
consilium Tolose civitatis et suburbii 1152 wird seinen Bewohnern unter Androhung
von Strafe untersagt, sich zu verschwören, um sich gegenseitigen Beistand zu leis-
ten, ein Verbot, das gegen das wesentliche Prinzip der Commune zielte. Semantisch
greift die gaskognische Bezeichnung auf die primäre Bedeutung des spätantiken
communia zurück, das ganz allgemein das Gemeinwesen, das Gemeingut eines Vol-
kes erfasst, spezifiziert für die Bemühungen einer Gemeinschaft, ihre kollektiven
Interessen zu verteidigen.
Frau Burckhardt betreute in diesem Jahr weiterhin die Erstellung der bi-
bliographischen Siglenliste zum Dictionnaire onomasiologique de l’ancien occitan
(DAO).
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