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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

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C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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II. Das WIN-Kolleg
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Sechster Forschungsschwerpunkt „Messen und Verstehen der Welt durch die Wissenschaft“
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10. Vom corpus iuris zu den corpora iurum. Konzeption und Erschließung eines juristischen Referenzkorpus (JuReko)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0275
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10. Vom corpus iuris zu den corpora iurum (WIN-Programm)

Verfahren explorativ zu schließen: Die computergestützte Erhebung und Ausmes-
sung von Zitationsnetzwerken sowie die Ermittlung von statistisch signifikanten
Wortfeldern in Relation zu Zeit, Medium, Domäne, Rechtsbereich und Akteuren
ermöglichen Rückschlüsse auf Prozesse der Meinungs- und Autoritätenbildung
sowie die Entwicklung akademischer Schulen und möglicher „Zitierkartelle“ im
juristischen Fachdiskurs; Keyword- und Konkkurrenzanalysen zu ausgewählten
Konnektoren geben außerdem Hinweise auf agonale Zentren und damit globale
Konfliktlinien.
2. Pragmatik der juristischen Methodenlehre
Durch die statistische Erhebung von Parametern zu den systematischen Struktur-
eigenschaften von Rechtstexten soll die bislang allein auf Introspektion basierende
Rechtsmethodik und damit verbundene Interpretationsverfahren auf empirischer
Basis hinterfragt und weiterentwickelt werden. Exemplarisch soll hierzu erstens
die Untersuchung von kontrastiven Wortfeldern und kontrastiven Clustern ge-
brauchsähnlicher Wörter dazu genutzt werden, den in der Rechtswissenschaft
veiwandten Topos des „unbestimmten Rechtsbegriffs“ näher zu beleuchten. Sol-
che werden gemeinhin als „wertungsoffene“ Begriffe charakterisiert - wie etwa
die „Unzuverlässigkeit“ von Gewerbetreibenden in regulierten Wirtschaftszwei-
gen -, die allerdings durch den Kontext ihres Gebrauchs tatsächlich oft deutlich
stärker vorgeprägt sind, als dies dem einzelnen Rechtsanwender bewusst ist. Eine
nähere Untersuchung solcher Begriffe oder typisierter Begriffsklassen auf ihren
(kontextuellen) Bestimmtheitsgrad und etwaige gebrauchsverwandte Wörter er-
möglicht damit auch einen Beitrag zur Rechtslexikographie, Fachdidaktik und
Terminologieforschung. Zweitens soll anhand von ausgewählten Schlüsselwörtern
und -phrasen geprüft werden, welche Typen der Auslegung (Kanones) in der ju-
ristischen Argumentation dominieren. Drittens soll im Anschluss an eigene Vor-
arbeiten und durch konkordanzgestützte Textauswertung die Rolle der Figur der
„Abwägung“ für die praktische Methodik untersucht werden.
Beide Fragenkomplexe sollen das erhobene Kernkorpus sowohl im Quer-
schnitt (synchron) als auch im Längsschnitt (diachron) erschließen, um einerseits
kontrastive Vergleiche zwischen verschiedenen Rechtsgebieten, Publikationskanä-
len (Medien) und institutionellen Domänen (z. B. Rechtsprechung bzw. Wissen-
schaft) zu ermöglichen, andererseits aber auch Entwicklungstendenzen über die
Zeit zu erkennen.
Das Projekt ist nach Kenntnis der Kollegiaten weltweit einmalig und soll
erstens eine Vörreiterrolle bei der nachhaltigen Bereitstellung neuer juristischer
Textkorpora übernehmen; die damit verbundenen statistischen Kenndaten, Lem-
malisten u. ä. sollen die künftige Forschung in der Rechtstheorie, Rechtsmethodik,
Rechtslinguistik sowie Rechtsterminologie, Rechtslexikographie und Computer-
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