D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
seiner Lehren für eine Wende im Glaubensbewusstsein kämpfte: vom Gehorsams-
glauben zum Verstehensglauben, vom Bekenntnisglauben zum Erfahrungsglau-
ben, vom Leistungsglauben zum Verantwortungsglauben.
Das Christentum steckt nach Auffassung von Eugen Biser noch in den Kin-
derschuhen. Seine Lehre vom liebenden und gütigen Gott gibt dem Menschen
Freiheit, bewahrt ihn vor Angst und Kleinmut. Christentum und Kirchlichkeit
werden zu einem Prozess, in dem sich der Mensch nach bestem Wissen und Ge-
wissen entwickelt, der Glaube eine neuzeitliche Kultur der Freiheit entfaltet, in
diesem Ziel ein Christentum für den Menschen begründet.
Der Glaube wachse weniger aufgrund von äußeren Traditionen und Instituti-
onen und mehr „im Rahmen einer inneren Suchbewegung“, die durch individu-
elle Einsichten und Erlebnisse zum Begreifen des Unbegreifbaren führt. Eugen
Biser betont die paulinische Tradition, nach der sich die Auferstehung Jesu im
Herzen der Gläubigen ereigne. Dies sei der primäre Ort, in dem Christus auf im-
mer fortlebe. Doktrin, Dogma, Amterinstitutionen und Hierarchien bildeten nicht
den Kern, sondern die Stütze der Glaubenslehre. So verlieren Lehr- und Struktur-
verschiedenheiten unter den Konfessionen und auch unter den Religionen ihre
trennende Bedeutung. Für die Ökumene eröffnet sich ein Feld gemeinsamen Be-
mühens um eine neue Glaubwürdigkeit.
Ein dritter Kerngedanke in der Lehre Eugen Bisers betrifft die geistige Ge-
genwart, die von der Freiheit geprägt sei. Dabei löst sich Biser von der starken,
gelegentlich ausschließlichen Orientierung der Geisteswissenschaften an der his-
torischen Forschung, wendet sich der Gegenwart zu, beobachtet, dass der Geist
der Freiheit auch in Werken der Kunst, der Literatur und Musik wirksam ist, auch
andere Religionen als Orte dieses Geistes verstanden werden könnten. Auch hier
wird ein Auftrag formuliert. Das Christentum hat Antworten auf die Säkularisati-
on und die Globalisierung zu geben.
Eine praktische Folge dieses Anliegens wird in dem von seiner Stiftung vor-
gelegten zweibändigen Lexikon des Dialogs sichtbar, in dem Grundbegriffe aus
Christentum und Islam von Christen und Muslimen benannt, verstanden und ge-
deutet werden. Die Religionen vergewissern sich damit ihrer selbst, machen auch
Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten bewusst. Aus dieser Zusammenkunft
verschiedener Religionen - vor allem ihrer Theologen und Philosophen - kann ei-
ne Übereinkunft des Friedens und der Toleranz entstehen. Wir überleben nur - so
sagt Eugen Biser -, wenn die wachsende Konfrontation durch eine Kultur der Ver-
ständigung, durch einen Dialog aus christlichem Ursprung übeiwunden wird.
Eugen Biser sieht die gegenwärtige Krise des christlichen Glaubens und der
Kirche nicht als eine zeitbedingte, vorübergehende Erscheinung, sondern als man-
gelnde Ausrichtung des Glaubens auf die „revolutionäre Botschaft“ des Christen-
tums vom bedingungslos liebenden Gott. Christ sein müsse weniger Lebens- und
Existenzlehre sein, die begrifflich formuliert und von der Kirche verbindlich vor-
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seiner Lehren für eine Wende im Glaubensbewusstsein kämpfte: vom Gehorsams-
glauben zum Verstehensglauben, vom Bekenntnisglauben zum Erfahrungsglau-
ben, vom Leistungsglauben zum Verantwortungsglauben.
Das Christentum steckt nach Auffassung von Eugen Biser noch in den Kin-
derschuhen. Seine Lehre vom liebenden und gütigen Gott gibt dem Menschen
Freiheit, bewahrt ihn vor Angst und Kleinmut. Christentum und Kirchlichkeit
werden zu einem Prozess, in dem sich der Mensch nach bestem Wissen und Ge-
wissen entwickelt, der Glaube eine neuzeitliche Kultur der Freiheit entfaltet, in
diesem Ziel ein Christentum für den Menschen begründet.
Der Glaube wachse weniger aufgrund von äußeren Traditionen und Instituti-
onen und mehr „im Rahmen einer inneren Suchbewegung“, die durch individu-
elle Einsichten und Erlebnisse zum Begreifen des Unbegreifbaren führt. Eugen
Biser betont die paulinische Tradition, nach der sich die Auferstehung Jesu im
Herzen der Gläubigen ereigne. Dies sei der primäre Ort, in dem Christus auf im-
mer fortlebe. Doktrin, Dogma, Amterinstitutionen und Hierarchien bildeten nicht
den Kern, sondern die Stütze der Glaubenslehre. So verlieren Lehr- und Struktur-
verschiedenheiten unter den Konfessionen und auch unter den Religionen ihre
trennende Bedeutung. Für die Ökumene eröffnet sich ein Feld gemeinsamen Be-
mühens um eine neue Glaubwürdigkeit.
Ein dritter Kerngedanke in der Lehre Eugen Bisers betrifft die geistige Ge-
genwart, die von der Freiheit geprägt sei. Dabei löst sich Biser von der starken,
gelegentlich ausschließlichen Orientierung der Geisteswissenschaften an der his-
torischen Forschung, wendet sich der Gegenwart zu, beobachtet, dass der Geist
der Freiheit auch in Werken der Kunst, der Literatur und Musik wirksam ist, auch
andere Religionen als Orte dieses Geistes verstanden werden könnten. Auch hier
wird ein Auftrag formuliert. Das Christentum hat Antworten auf die Säkularisati-
on und die Globalisierung zu geben.
Eine praktische Folge dieses Anliegens wird in dem von seiner Stiftung vor-
gelegten zweibändigen Lexikon des Dialogs sichtbar, in dem Grundbegriffe aus
Christentum und Islam von Christen und Muslimen benannt, verstanden und ge-
deutet werden. Die Religionen vergewissern sich damit ihrer selbst, machen auch
Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten bewusst. Aus dieser Zusammenkunft
verschiedener Religionen - vor allem ihrer Theologen und Philosophen - kann ei-
ne Übereinkunft des Friedens und der Toleranz entstehen. Wir überleben nur - so
sagt Eugen Biser -, wenn die wachsende Konfrontation durch eine Kultur der Ver-
ständigung, durch einen Dialog aus christlichem Ursprung übeiwunden wird.
Eugen Biser sieht die gegenwärtige Krise des christlichen Glaubens und der
Kirche nicht als eine zeitbedingte, vorübergehende Erscheinung, sondern als man-
gelnde Ausrichtung des Glaubens auf die „revolutionäre Botschaft“ des Christen-
tums vom bedingungslos liebenden Gott. Christ sein müsse weniger Lebens- und
Existenzlehre sein, die begrifflich formuliert und von der Kirche verbindlich vor-
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