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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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A. Das akademische Jahr 2017
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II. Wissenschaftliche Vorträge
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Gesamtsitzung am 22. Juni 2017 zu Ehren von Peter Graf Kielmansegg anlässlich seines 80. Geburtstages
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Münkler, Herfried: Was kann die Politikwissenschaft aus der Beschäftigung mit historischen Themen lernen?: Graf Kielmanseggs Buch über den Ersten Weltkrieg
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0057
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Herfried Münkler

und Beobachtungstiefe des Weltkriegsbuchs von Peter Graf Kielmansegg konsta-
tieren lässt, ist die Suche nach einem anderen Blick auf ein Problem, das zuvor in
konfrontativer Schärfe verhandelt worden war - so, als wollte Kielmansegg sagen,
die Weiterführung dieser Debatte bringe nichts an neuen Erkenntnissen. Viel er-
tragreicher sei es dagegen, wenn man sich das Problemfeld, das der Kontroverse
zugrundelag, noch einmal vornehme und dort nach neuen Ansätzen Ausschau
halte. Soweit ich die Arbeiten des Kollegen Kielmansegg kenne, ist diese Herange-
hensweise für sein gesamtes Werk charakteristisch.
Die ausgebliebene Debatte über die Handlungsspielräume der Politik in dilemmatischen
Konstellationen der Konfrontation
Kielmanseggs Weltkriegsbuch hat indes keine der Ritter-Fischer-Kontroverse
vergleichbare Resonanz gefunden. Es hat neue Perspektiven auf die Behandlung
des Ersten Weltkriegs und die Vorgeschichte der Weimarer Republik eröffnet,
aber es war keine geschichtspolitische Intervention, keine politische Positio-
nierung im Ringen um die kulturelle Hegemonie in Deutschland. Es war der
Beitrag eines Wissenschaftlers zu wissenschaftlichen Problemen, geschrieben
mit dem Methodenansatz eines Historikers, aber abgezielt auf eine, wenn nicht
die zentrale Fragestellung der Politikwissenschaft, nämlich die nach den Hand-
lungsspielräumen eines Politikers in dilemmatischen Konstellationen und nach
den Ursachen seines Scheiterns - denn fraglos ist Bethmann Hollweg politisch
gescheitert. Mit dem Scheitern Bethmanns an Herausforderungen, denen er
politisch nicht gewachsen war und mit denen vielleicht auch kein anderer Po-
litiker zurechtgekommen wäre, wurde der Weg in die Niederlage vom Herbst
1918 beschritten. Insofern ist Kielmanseggs Buch „Deutschland und der Erste
Weltkrieg“ ein vorzügliches Beispiel dafür, was die Politikwissenschaft aus der
Beschäftigung mit historischen Themen lernen kann und worin genuin politik-
wissenschaftliche Fragestellungen dazu beitragen, dass historische Debatten aus
ihren festgefahrenen Frontlinien herausgeholt und wieder produktiv gemacht
werden können.
Kielmanseggs Weltkriegsbuch hat freilich keine vergleichbar erregte Debatte
ausgelöst wie einige Jahre zuvor die Fischer-Ritter-Kontroverse. Warum? Meh-
rere Gründe sind dafür zu nennen. Da ist zunächst das Erscheinungsjahr 1968,
als vordergründig ganz andere Fragestellungen als die nach dem Verlauf und den
Folgen des Ersten Weltkriegs die politische Debatte in Deutschland bestimmten.
Wenn der Blick auf den Ersten Weltkrieg damals, fünfzig Jahre nach dessen Ende,
eine Rolle spielte, dann eher im Sinne einer Affirmation der Fischer-Thesen: Das
Machtkartell aus Militär, Großindustrie und Medienmoguln, das nach Fritz Fi-
scher im Vorfeld des Ersten Weltkriegs die ausschlaggebende Rolle spielte, war in
den Augen derer, die damals gegen Springer, Kurras und ehemalige NS-Mitglieder

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