Tine Stein
Perspektive kann angeführt werden, dass es Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
in modernen Gesellschaften immer gibt. Aber nicht alle, die für eine Begrenzung
der Zugangs sind, sind Rassisten. Analytisch schärfer ist in sozialwissenschaftli-
cher Perspektive vielmehr die folgende Überlegung, die Peter Graf Kielmansegg
vorgetragen hat: Die wahrgenommene Fremdheit der Hinzukommenden löst
Angst und Unsicherheit aus, weil hier ein Kontrollverlust durch Entgrenzung be-
fürchtet wird.23 Dieser speist sich nicht allein aus der Öffnung von Staatsgrenzen,
sondern gerade aus der Wahrnehmung des Zerfalls der Grenzbündelung im Zuge
der Globalisierung, wenn „Territorium, politischer Herrschaftsraum und damit
demokratische Selbstbestimmung, ökonomische Handlungssphäre und kulturel-
le Heimat ... zunehmend auseinander (fallen)“24, wie auch Ulrich K. Preuß ana-
lysiert hat. Der EU kommt eine Vorreiterrolle zu, da mit der Durchsetzung des
Binnenmarktes bereits ein Prozess der Deterritorialisierung eingesetzt hat, der den
Nationalstaat in grundlegender Weise verändert hat, und der von vielen Bürgern
als politischer Kontrollverlust erlebt wird, im Übrigen nicht nur in Deutschland.
Die beiden wichtigsten Slogans der BREXIT-Befüiworter waren „Wo want our
country back“ und „Take back control“. Die Außengrenzen der EU sind in ge-
wisser Weise zu den neuen Außengrenzen eines jeden einzelnen Mitgliedsstaats.25
Aber die politischen Mechanismen, um die damit verbundenen Implikationen, vor
allem eine faire Kostenverteilung in gemeinsam getragene Kompromisse zu über-
führen, haben sich als nicht belastbar genug eiwiesen.
Wie kann zwischen diesen beiden Positionen vermittelt werden? Das soll in
einem letzten Schritt mit Blick auf die grundgesetzliche Verfassungsordnung ver-
sucht werden.
4. Bekenntnis zu den Menschenrechten im Grundgesetz und der Umgang mit Flüchtlingen
Tatsächlich kann man im Grundgesetz einen Brückenschlag zwischen universellen
Menschenrechten und demokratischen Bürgerrechten als den beiden hier gegen-
übergestellten Aspekten erkennen. Als grundlegendes Merkmal einer demokra-
tischen Republik wird festgehalten, dass das Völk sich diese Verfassung gegeben
hat, dass es die Quelle der Staatsgewalt ist und diese - durch beauftragte demo-
kratische Institutionen - selbst ausübt. Als Mitglieder des Volkes gelten diejeni-
gen, die über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügen, ihnen kommt der volle
Katalog der Grundrechte zu. Auf der anderen Seite kennt das Grundgesetz nicht
nur Bürgerrechte, sondern auch Menschenrechte, die jedermann zustehen, der
sich in Deutschland aufhält, wie die Meinungsfreiheit oder Religions- und Ge-
wissensfreiheit. Und schließlich und vor allem heißt es in Art. 1, dass die Würde
23 Peter Graf Kielmansegg, Populismus.
24 Preuß, Krise, S. 63.
25 Vgl. Preuß, Krise, S. 60.
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Perspektive kann angeführt werden, dass es Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
in modernen Gesellschaften immer gibt. Aber nicht alle, die für eine Begrenzung
der Zugangs sind, sind Rassisten. Analytisch schärfer ist in sozialwissenschaftli-
cher Perspektive vielmehr die folgende Überlegung, die Peter Graf Kielmansegg
vorgetragen hat: Die wahrgenommene Fremdheit der Hinzukommenden löst
Angst und Unsicherheit aus, weil hier ein Kontrollverlust durch Entgrenzung be-
fürchtet wird.23 Dieser speist sich nicht allein aus der Öffnung von Staatsgrenzen,
sondern gerade aus der Wahrnehmung des Zerfalls der Grenzbündelung im Zuge
der Globalisierung, wenn „Territorium, politischer Herrschaftsraum und damit
demokratische Selbstbestimmung, ökonomische Handlungssphäre und kulturel-
le Heimat ... zunehmend auseinander (fallen)“24, wie auch Ulrich K. Preuß ana-
lysiert hat. Der EU kommt eine Vorreiterrolle zu, da mit der Durchsetzung des
Binnenmarktes bereits ein Prozess der Deterritorialisierung eingesetzt hat, der den
Nationalstaat in grundlegender Weise verändert hat, und der von vielen Bürgern
als politischer Kontrollverlust erlebt wird, im Übrigen nicht nur in Deutschland.
Die beiden wichtigsten Slogans der BREXIT-Befüiworter waren „Wo want our
country back“ und „Take back control“. Die Außengrenzen der EU sind in ge-
wisser Weise zu den neuen Außengrenzen eines jeden einzelnen Mitgliedsstaats.25
Aber die politischen Mechanismen, um die damit verbundenen Implikationen, vor
allem eine faire Kostenverteilung in gemeinsam getragene Kompromisse zu über-
führen, haben sich als nicht belastbar genug eiwiesen.
Wie kann zwischen diesen beiden Positionen vermittelt werden? Das soll in
einem letzten Schritt mit Blick auf die grundgesetzliche Verfassungsordnung ver-
sucht werden.
4. Bekenntnis zu den Menschenrechten im Grundgesetz und der Umgang mit Flüchtlingen
Tatsächlich kann man im Grundgesetz einen Brückenschlag zwischen universellen
Menschenrechten und demokratischen Bürgerrechten als den beiden hier gegen-
übergestellten Aspekten erkennen. Als grundlegendes Merkmal einer demokra-
tischen Republik wird festgehalten, dass das Völk sich diese Verfassung gegeben
hat, dass es die Quelle der Staatsgewalt ist und diese - durch beauftragte demo-
kratische Institutionen - selbst ausübt. Als Mitglieder des Volkes gelten diejeni-
gen, die über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügen, ihnen kommt der volle
Katalog der Grundrechte zu. Auf der anderen Seite kennt das Grundgesetz nicht
nur Bürgerrechte, sondern auch Menschenrechte, die jedermann zustehen, der
sich in Deutschland aufhält, wie die Meinungsfreiheit oder Religions- und Ge-
wissensfreiheit. Und schließlich und vor allem heißt es in Art. 1, dass die Würde
23 Peter Graf Kielmansegg, Populismus.
24 Preuß, Krise, S. 63.
25 Vgl. Preuß, Krise, S. 60.
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