Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2017
DOI Kapitel:
III. Veranstaltungen
DOI Kapitel:
Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie“
DOI Artikel:
Dall'Asta, Matthias: Albtraum Reformation – Melanchthon und die Wut der Theologen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0136
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
III. Veranstaltungen

vergleichbaren Mischwesen, der sogenannten „Hyäne des Regensburger Buches“.
Der Reformator hat seinen Angsttraum damals in einem bemerkenswerten lateini-
schen Gedicht festgehalten, das er alsbald an einige Vertraute verschickte: „Philipps
Traum von der Hyäne auf dem Regensburger Reichstag“.6
Heinz Scheible und Thorsten Fuchs zeigen sich davon überzeugt, dass es sich
bei Melanchthons Hyänen-Traum von 1541 keineswegs um eine rein literarische
Fiktion oder bloße Metaphorik, sondern um einen tatsächlichen Angsttraum aus
der Zeit der letztlich erfolglosen Religionsgespräche in Worms und Regensburg
gehandelt hat, den der Reformator in dichterischer Form festhielt und so zu be-
wältigen suchte.7 Rezipiert wurde dieser Hyänen-Traum aber noch etliche Jahre
später, und zwar als „Medium der innerprotestantischen Polemik“.8 Diese Polemik
entzündete sich daran, dass Melanchthon das 1548 auf dem Augsburger Reichstag
verabschiedete Religionsgesetz, das sog. Augsburger Interim, zwar abgelehnt, in
Rücksicht auf Kurfürst Moritz von Sachsen und den Kaiser aber eine konsensori-
entierte Unterscheidung vorgenommen hatte: Melanchthon unterschied zwischen
heilsnotwendigen evangelischen Glaubenswahrheiten einerseits - und weniger
zentralen „Adiaphora“ oder „Mitteldingen“ andererseits. Während Melanchthon
meinte, die Evangelischen könnten nötigenfalls altgläubige Riten wie bestimmte
Gesänge, Fastenbräuche oder Kleidervorschriften für Geistliche tolerieren, hielten
andere Lutheraner solche Konzessionen an den katholischen Ritus grundsätzlich
für Teufelswerk.9
Dr. Matthias Dall’Asta nahm 1983 zunächst das Studium der evangelischen Theologie in
Tübingen auf, dann ab 1984 der Klassischen Philologie und Italianistik in Göttingen und
Rom. Seit 1994 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Heidelberger Akademie der Wis-
senschaften tätig, zunächst in der Reuchlin-Forschungsstelle in Pforzheim und seit 2008für
das Forschungsprojekt „Melanchthon-Briefwechsel“.

6 Thorsten Fuchs, Philipp Melanchthon als neulateinischer Dichter in der Zeit der Reforma-
tion, Tübingen 2008, S. 219-234.
7 Vgl. ebd., S. 221 und 224; Scheible, Melanchthon (wie Anm. 5), S. 162: „Als Hyäne, als ein
hässliches Untier, erschien ihm dieses [Regensburger] Buch, und ihm wurde befohlen, es zu
verschönen. Bewältigt hat er diese Angst, indem er ein Gedicht darüber machte.“
8 Fuchs, Melanchthon (wie Anm. 6), S. 233.
9 Vgl. Matthias Dall’Asta, Melanchthon und Magdeburg - Aspekte einer Beziehung, in: Mag-
deburg und die Reformation, hrsg. von Maren Ballerstedt, Gabriele Köster und Cornelia Po-
enicke, Teil 1: Eine Stadt folgt Martin Luther, Halle a. d. Saale 2016, S. 301-313, bes. 305 ff.

136
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften