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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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A. Das akademische Jahr 2017
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III. Veranstaltungen
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Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie“
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Drös, Harald: »O Herr behüt vor falscher Lehr.«: Die Reformation im Spiegel südwestdeutscher Inschriften
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0138
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III. Veranstaltungen

Das Eintreten für den „rechten Glauben“, Einführung und Förderung der
Reformation sind Elemente, die man außer in den Grabinschriften für Landesher-
ren auch in denen für führende Theologen und Pfarrer findet. Insgesamt liefert
das Untersuchungsmaterial 19 Belege. Dezidiert antikatholische Formulierungen
begegnen dabei relativ selten: Vertreibung des Papstes aus den Kirchen (Johann
Hartmann in Öhringen, f 1561), tapferer Kampf gegen Gottlosigkeit und Irrleh-
ren des römischen Antichrist und anderer Häretiker mit dem Schwert des Wortes
Gottes (Jakob Andreae in Tübingen, f 1590), schriftstellerische Tätigkeit gegen die
Päpstlichen, Calvinisten und Sektierer (Jakob Heerbrand in Tübingen, f 1604).
Die Betonung des Einsatzes für die Glaubensbrüder scheint ein besonderes Merk-
mal in Grabinschriften von Calvinisten gewesen zu sein (Daniel Toussaint in Hei-
delberg, f 1602).
Unter den Grabinschriften mit speziell protestantischer Thematik ist noch
eine weitere Gruppe hervorzuheben, die vereinzelt Überschneidungen mit den
Inschriften für die Theologen aufweist. Es sind dies die Grabmäler für Konvertiten
und Glaubensflüchtlinge, deren beklagenswertes Schicksal, wegen des Festhaltens
an der wahren Religion und dem reinen Glauben verfolgt zu sein und deshalb
fern der Heimat sterben zu müssen, in den Inschriften thematisiert wird. Eine
besondere Häufung derartiger Inschriften ist im Heidelberg des ausgehenden 16.
und frühen 17. Jahrhunderts festzustellen. Das eindrucksvollste Beispiel liefert
das Tübinger Epitaph für Pierpaolo Vergerio aus Istrien (f 1565), der Bischof von
Modrusch (Kroatien) und später von Capodistria (Slowenien) war und 1548 zum
protestantischen Glauben übertrat, daraufhin vom Papst exkommuniziert wurde
und nach Württemberg floh. In der lateinischen Versinschrift wird die Konversion
ausführlich beschrieben, und sie schließt mit den Worten: So wollte ich lieber gläubig
als Verbannter in der Welt herumschweifen, als gottlos im Vaterland Bischof sein.
Außer in den Grabinschriften kommen Einführung oder Förderung der Re-
formation vornehmlich in - zumeist in herrschaftlichem Auftrag entstandenen
- Bau- und Gedenkinschriften zur Sprache. Das früheste Beispiel von 1532 aus
dem reichsstädtisch ulmischen Geislingen-Altenstadt ist zugleich eines der dras-
tischsten und anschaulichsten: Alß man zahlt 1532 Nach der Geburt Jesu Christi vß
Ordnung Göttlicherfürsichtigkeit durch unsern Herren und Gott verordneter Obrigkeit zu
Ulm ist dieses Hauß von demgrewel der Gottßlästerlichen Meßen altarien Götzendienst und
menschlicher dichte werck und Satzungen ... geseübert undgereiniget worden und die Heil-
same lehr deß Heiligen wort Gottes deß Heilig abendmahl deß Herren unsers Seeligmachers
Jesu Christi an statt der vßgerütten Ketzereyen herwiderumb verordnet und vjjgerichtet zu lob
Gottes und mehrung seiner gemaindt des Reiches Christi .... Ein originelles Zeugnis für
die Umnutzung katholischer Kirchenausstattung für evangelische Zwecke bietet
eine Gedenkinschrift von 1579 zur Erinnerung an die Übertragung einer Orgel
aus dem Dominikanerinnenkloster Maria Reuthin (bei Wildberg im Schwarz-
wald) in die Herrenberger Stadtkirche. Bezeichnend für das orthodoxe Luther-

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