Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2017
DOI Kapitel:
III. Veranstaltungen
DOI Kapitel:
Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie“
DOI Artikel:
Drös, Harald: »O Herr behüt vor falscher Lehr.«: Die Reformation im Spiegel südwestdeutscher Inschriften
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0139
Lizenz: In Copyright

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie'

tum ist die Behauptung, die Orgel habe zuvor in der klösterlichen Liturgie mit
den Nonnen bei Meß und Götzenwerk nur Misstöne hervorgebracht. 1611 ließ Graf
Philipp Ernst von Hohenlohe in Hermuthausen bei Ingelfingen die Pfarrkirche
neu errichten. Die lateinische Bauinschrift schließt mit den Worten: Fern seist du,
Calvin, fern auch du, Papst von Babylon! Hier wird eine Heimstatt der reinen Religion sein.
Und auf einem 1619 entstandenen Altarretabel im ulmischen Geislingen stand
in lateinischen Versen: Du, beschütz uns und unsere Enkel, gütiger Vater ... Würge den
Papst und die Türken, die Deinen Namen befeinden, deren Absicht es ist, Christus vom
Thron zu stoßen.
Nebenbei sei erwähnt, dass das erste Reformationsjubiläum 1617 in einigen
wenigen Inschriften direkt fassbar wird. So war an der Stadtkirche in Göppingen
eine Bauinschrift Herzog Johann Friedrichs von Württemberg mit der Datierung
Anno Christi 1617 Ipso Jubileo versehen.
Die Ablehnung der angeblichen katholischen Bilder- und Götzenverehrung
klang schon in einigen der Inschriften an. Ab dem späten 16. Jahrhundert findet
sich eine Reihe von lutherischen Inschriften, bei welchen der Gedanke des Primats
der Wortverkündigung und die Ablehnung der Bilderverehrung im Mittelpunkt
stehen, in denen aber zugleich die Zulässigkeit von Bildern zur Belehrung der
Gläubigen thematisiert wird. Am nachdrücklichsten kommt dieser Gedanke in
zwei langen Versinschriften in Geislingen (Altarkruzifixus, 1615) und in Weikers-
heim (Altarretabel, 1618) zum Ausdruck.
Typisch für lutherische Kirchen, zumindest in einigen Regionen, scheint die
programmatische Ausmalung des gesamten Kirchenraums vorwiegend mit Bi-
belsprüchen gewesen zu sein, teils auch in Kombination mit belehrenden Bibel-
szenen, bevorzugt mit typologischen Szenen aus Altem und Neuem Testament.
Hier sind es weniger die Inhalte der Inschrifttexte, als vielmehr das Gesamtpro-
gramm, welches den protestantischen Charakter ausmacht. Derartige - allesamt
in der Zeit zwischen 1607 und 1621 entstandene - Ausmalungen mit deutschen
und lateinischen, einmal sogar zusätzlich mit hebräischen Bibelsprüchen, teils
auch in Kombination mit Versinschriften, gab es im württembergischen Malms-
heim (Lkr. Böblingen), im ulmischen Geislingen und im ebenfalls ulmischen
Türkheim (Lkr. Göppingen), ferner in der Schlosskapelle im hohenlohischen
Langenburg.
Abgesehen von dem bereits Vorgestellten blieb die Suche nach dezidiert pro-
testantischem Gedankengut in den südwestdeutschen Inschriften wenig ergiebig.
Ein Beispiel für typisch evangelisches Kirchengerät mit Inschriften bietet eine 1640
in die Kirche im hohenlohischen Pfedelbach gestiftete Abendmahlskanne mit Stif-
tungsvermerk: Gott, der Heiligen Drifaltigkeit zu Ehrn und zum reinen Gebrauch des hei-
ligen Abendmais ist dise Altar Kanten ... in die Kirchen zu Pfedelbach gestiftet worden darbei
zuverbleiben so lang sie durch Gottes Gnad bei der unverenderten Augspurgischen Confession
und reinen evangellischer lutherischer Religion bestendig halten wirt.

139
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften