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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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A. Das akademische Jahr 2017
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III. Veranstaltungen
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Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie“
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Drös, Harald: »O Herr behüt vor falscher Lehr.«: Die Reformation im Spiegel südwestdeutscher Inschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0140
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III. Veranstaltungen

Der abschließende Blick richtet sich auf diejenigen Inschriften, in denen die
Reformatoren Luther und Melanchthon ausdrücklich genannt werden oder in
denen sie durch eigene Texte zu Wort kommen. Verglichen mit den Inschriften-
beständen in Norddeutschland und Sachsen ist ihre Zahl freilich verschwindend
gering. So beginnt auf einer Grabplatte von 1600 in Enzweihingen (Lkr. Lud-
wigsburg) ein Vierzeiler mit dem ersten Vers aus dem Sterbelied Martin Luthers
über Simeons Lobgesang. 1626 wurde die Pfarrkirche in Großsüßen (Lkr. Göp-
pingen) mit Gemälden und Inschriften ausgemalt. Die Darstellung der Taufe
Christi im Jordan war begleitet von den sieben Strophen von Luthers Wochen-
lied zum Tage Johannes’ des Täufers: Christ unser Herr zum Jordan kam/nach seines
Vatters Willen ....

Die Verehrung Luthers bei sei-
nen Anhängern kommt wohl am ein-
drucksvollsten zum Ausdruck auf dem
1596 gezimmerten Kanzeldeckel in der
Pfarrkirche in Niklashausen (Main-
Tauber-Kreis), auf dem die im Kreis
angeordnete Inschrift AD PAPAM/
PESTIS ERAM VIWS MORIENS
TVA MORS ERO PAPA („an den
Papst: Unheil war ich die lebend,
sterbend werd ich dein Tod sein“)
überschrieben ist mit S(ANCTVS)


Kanzeldeckel aus Niklashausen von 1586
(Foto: HAdW)

LVTHER(VS). Luther wird auch an-
derweitig in Inschriften mitunter als
„divus“ bezeichnet.
Auf den Reformator Philipp Me-
lanchthon bezügliche Inschriften fan-

den sich in seinem Heimatort Bretten. Im Vorgängerbau des dortigen Rathauses
wurden - vielleicht in den Jahren nach 1592 - lateinische Lobverse angebracht, in
denen Melanchthon als Zierde und primus vates (erster Prophet) der Stadt geprie-
sen wird.

Und ebenfalls im ausgehenden 16. Jahrhundert - jedenfalls vor 1595 - be-
malte man die Nordwand des Turms der Brettener Stadtkirche mit einem vermut-
lich ganzfigurigen Porträt des Reformators in Lebensgröße und setzte darunter
zwei lateinische Distichen, welche - ohne direkte wörtliche Anspielung auf Me-
lanchthon - die Einwohner zu Eintracht, zur gemeinsamen Verteidigung der
Heimatstadt und zur Verehrung des wahren Glaubens aufrief. Bild und Inschrift
wurden 1624 übermalt, nachdem die Kurpfalz im Zuge des Dreißigjährigen Kriegs
von bayerischen Truppen besetzt worden war. An die Stelle des Reformators trat
ein Bild der Muttergottes und der Kirchenpatrone St. Stephan und St. Laurentius,

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