III. Veranstaltungen
Die Länge der Gottesdienste führte dazu, dass ein Teil der Gemeinde den
versäumten Schlaf nachholte. Einige Gläubige nutzten den Gottesdienst auch zu
einer Erkundung der Kirche, oder sie verließen die Kirche, um einen Spaziergang
auf dem Friedhof zu machen oder dort ihre Notdurft zu verrichten.
Außer am Sonntag hielten die meisten Pfarrer in der Woche noch an ein oder
zwei weiteren Tagen Gottesdienst. Die Wochengottesdienste waren deutlich kür-
zer als die Gottesdienste am Sonntag, litten aber, wie die Klagen der Pfarrer zeigen,
an vielen Orten trotz aller obrigkeitlichen Mandate, die zu ihrem Besuch auffor-
derten, unter der geringen Zahl von Besuchern. Vor allem in der Erntezeit waren
die Leute auf dem Land anscheinend nicht in die Kirche zu bewegen.
Zahlreiche Kirchenordnungen sahen den Hauptgottesdienst am Sonntag für
die Taufen vor. Die Pfarrer rückten davon aber gerne ab, um den Gottesdienst
nicht noch weiter auszudehnen, und verlegten die Taufen in die Woche. Die meis-
ten Kinder wurden nur wenige Tage nach ihrer Geburt zur Taufe getragen. Vor
der Taufe hatte der Vater dem Pfarrer die Paten zu melden. Der Pfarrer erhielt
damit die Gelegenheit, deren Eignung für das Patenamt zu überprüfen. Katholiken
oder Reformierte schieden von vornherein für das Amt aus. Durch die Anmeldung
suchte man auch die Zahl der Paten zu begrenzen, da die Eltern, in der Hoffnung
auf Patengeschenke, möglichst viele Paten bestellten. Weit verbreitet waren im
16. Jh. noch die Nottaufen. Da in der Regel Hebammen die Gebärenden begleite-
ten, erteilten ihnen die Pfarrer Unterricht, wie eine gültige Nottaufe durchgeführt
werden sollte. Auf diese Weise hofften sie, altgläubige Praktiken, wie die Taufe im
Mutterleib oder die Taufe eines noch nicht vollständig entbundenen Kindes, zu
verhindern.
Trauungen fanden am Sonntagnachmittag oder in der Woche statt. Die
Brautleute mussten sich beim Pfarrer anmelden. Im „Traugespräch“ ging es um
die Klärung der Fragen, ob nicht einer der beiden bereits mit einem anderen
Partner verheiratet war, und ob nicht eine zu enge verwandtschaftliche Ver-
bindung zwischen den zukünftigen Eheleuten bestand. Das Problem der Ver-
wandtenehe scheint im 16. Jh. weit verbreitet gewesen zu sein. Das legen die
zahlreichen überlieferten Eheordnungen nahe, in denen detailliert die erlaubten
und verbotenen Verwandtschaftsgrade aufgeführt waren. Die Trauungen selbst
bildeten oft ein Ärgernis für die Pfarrer, vor allem wenn die Hochzeitsfeier be-
reits vor der Kirche begonnen hatte: Die Brautleute kamen dann zu spät zum
Gottesdienst oder zogen unter lautem Johlen und mit Musik in die Kirche ein.
Fand die Trauung am späten Nachmittag statt, war ein Teil der Hochzeitsgäste
bereits angetrunken.
Bei den Begräbnissen geleitete der Pfarrer den Verstorbenen in einem „Lei-
chenzug“ vom Sterbehaus zum Friedhof, wo dieser beläutet und besungen wurde.
In Städten begleiteten Schüler den Leichenzug mit ihrem Gesang. Um eine über-
mäßige Inanspruchnahme der Schüler zu verhindern, schrieben die Kirchenord-
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Die Länge der Gottesdienste führte dazu, dass ein Teil der Gemeinde den
versäumten Schlaf nachholte. Einige Gläubige nutzten den Gottesdienst auch zu
einer Erkundung der Kirche, oder sie verließen die Kirche, um einen Spaziergang
auf dem Friedhof zu machen oder dort ihre Notdurft zu verrichten.
Außer am Sonntag hielten die meisten Pfarrer in der Woche noch an ein oder
zwei weiteren Tagen Gottesdienst. Die Wochengottesdienste waren deutlich kür-
zer als die Gottesdienste am Sonntag, litten aber, wie die Klagen der Pfarrer zeigen,
an vielen Orten trotz aller obrigkeitlichen Mandate, die zu ihrem Besuch auffor-
derten, unter der geringen Zahl von Besuchern. Vor allem in der Erntezeit waren
die Leute auf dem Land anscheinend nicht in die Kirche zu bewegen.
Zahlreiche Kirchenordnungen sahen den Hauptgottesdienst am Sonntag für
die Taufen vor. Die Pfarrer rückten davon aber gerne ab, um den Gottesdienst
nicht noch weiter auszudehnen, und verlegten die Taufen in die Woche. Die meis-
ten Kinder wurden nur wenige Tage nach ihrer Geburt zur Taufe getragen. Vor
der Taufe hatte der Vater dem Pfarrer die Paten zu melden. Der Pfarrer erhielt
damit die Gelegenheit, deren Eignung für das Patenamt zu überprüfen. Katholiken
oder Reformierte schieden von vornherein für das Amt aus. Durch die Anmeldung
suchte man auch die Zahl der Paten zu begrenzen, da die Eltern, in der Hoffnung
auf Patengeschenke, möglichst viele Paten bestellten. Weit verbreitet waren im
16. Jh. noch die Nottaufen. Da in der Regel Hebammen die Gebärenden begleite-
ten, erteilten ihnen die Pfarrer Unterricht, wie eine gültige Nottaufe durchgeführt
werden sollte. Auf diese Weise hofften sie, altgläubige Praktiken, wie die Taufe im
Mutterleib oder die Taufe eines noch nicht vollständig entbundenen Kindes, zu
verhindern.
Trauungen fanden am Sonntagnachmittag oder in der Woche statt. Die
Brautleute mussten sich beim Pfarrer anmelden. Im „Traugespräch“ ging es um
die Klärung der Fragen, ob nicht einer der beiden bereits mit einem anderen
Partner verheiratet war, und ob nicht eine zu enge verwandtschaftliche Ver-
bindung zwischen den zukünftigen Eheleuten bestand. Das Problem der Ver-
wandtenehe scheint im 16. Jh. weit verbreitet gewesen zu sein. Das legen die
zahlreichen überlieferten Eheordnungen nahe, in denen detailliert die erlaubten
und verbotenen Verwandtschaftsgrade aufgeführt waren. Die Trauungen selbst
bildeten oft ein Ärgernis für die Pfarrer, vor allem wenn die Hochzeitsfeier be-
reits vor der Kirche begonnen hatte: Die Brautleute kamen dann zu spät zum
Gottesdienst oder zogen unter lautem Johlen und mit Musik in die Kirche ein.
Fand die Trauung am späten Nachmittag statt, war ein Teil der Hochzeitsgäste
bereits angetrunken.
Bei den Begräbnissen geleitete der Pfarrer den Verstorbenen in einem „Lei-
chenzug“ vom Sterbehaus zum Friedhof, wo dieser beläutet und besungen wurde.
In Städten begleiteten Schüler den Leichenzug mit ihrem Gesang. Um eine über-
mäßige Inanspruchnahme der Schüler zu verhindern, schrieben die Kirchenord-
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