Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie'
Eine Altersversorgung fehlte noch weitgehend: Ein Pfarrer, der keinen Sohn
hatte, dem er die Stelle übertragen konnte, musste sich entweder einen Hilfspre-
diger halten oder entsprechende Absprachen mit seinem Amtsnachfolger treffen.
Daher blieben die meisten Geistlichen so lange auf ihrer Pfarre sitzen, wie es eben
ging. Beim Tod eines Pfarrers waren die Witwe und ihre Kinder nicht versorgt. Auch
das sogenannte „Gnadenjahr“, in welchem die Witwe noch im Pfarrhaus wohnen
und die Einkünfte der Stelle genießen durfte, bedeutete nur ein Hinausschieben des
Problems. Aus Gründen der Versorgung heirateten viele Pfarrwitwen den Nach-
folger auf der Stelle ihres verstorbenen Mannes. In einzelnen Territorien kam es
ab der ersten Hälfte des 17. Jh. zur Einrichtung sogenannter „Pfarrwitwenkassen“.
In sie zahlte jeder Pfarrer beim Antritt seines Amtes eine gewisse Summe ein. Die
Unterstützung wurde dann aus den Zinsen des Fonds bestritten. Eine ausreichende
Versorgung der Pfarrwitwen war damit aber immer noch nicht gewährleistet.
Die Tätigkeit der Pfarrer im 16. Jh. unterschied sich nicht grundsätzlich von
der Tätigkeit heutiger Pfarrer: Zu ihren Pflichten gehörten die Gottesdienste und
Kasualien (Taufen, Trauungen und Beerdigungen) und immer mehr auch die
kirchliche Verwaltung. Gewöhnlich hielt der Pfarrer am Sonntag um 8 Uhr den
Hauptgottesdienst, während die Frühgottesdienste (im Sommer um 5 Uhr, im
Winter um 6 Uhr) in den Aufgabenbereich der Diakone und Helfer fielen. Der
Hauptgottesdienst dehnte sich über mehr als zwei Stunden aus. Die Predigt allein
beanspruchte dabei eine dreiviertel Stunde oder sogar eine Stunde. In den Visita-
tionsberichten finden sich zahlreiche Klagen der Gemeinden über die Predigten
und ihre Länge. Auch die damals verbreitete Predigtmethode, bei der aus dem
Text einzelne Punkte (Loci) ausgewählt und durch eine unendliche Aneinander-
reihung von Bibelsprüchen erläutert wurden, trug sicherlich nicht zur Erbauung
der Gemeinde bei. Außer der Länge mussten in den Kirchenordnungen noch wei-
tere Auswüchse der Predigten bekämpft werden: Dazu gehörten die Behandlung
hoher und spitziger Fragen (wie der Abendmahls- und der Prädestinationslehre) auf
der Kanzel oder das weit verbreitete Schimpfen und Lästern der Geistlichen über
Kollegen und Gemeindemitglieder.
Neben den Predigten trugen auch die ausladenden Gebete und die Verlesung
obrigkeitlicher Mandate zur Dauer der Gottesdienste bei. Wenn zusätzlich noch
Abendmahl gefeiert wurde, nahm der Gottesdienst fast den gesamten Sonntag-
vormittag ein. Wer das Abendmahl empfangen wollte, musste sich vorher beim
Pfarrer anmelden, die Beichte ablegen und die Absolution empfangen. In vielen
Landgemeinden fand die Beichte noch vor dem eigentlichen Gottesdienst am
Sonntagmorgen statt. An anderen Orten gab es eine Vorbereitungsfeier am Sams-
tagnachmittag mit einer Predigt des Pfarrers über die Bedeutung des Abendmahls,
einer Vermahnung zu dessen würdigem Empfang sowie Beichte und Absolution.
Fremde oder Personen, deren Lebensführung Anlass zur Kritik gab, lud der Pfarrer
in sein Haus ein, um sie noch einmal ausgiebig zu befragen.
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Eine Altersversorgung fehlte noch weitgehend: Ein Pfarrer, der keinen Sohn
hatte, dem er die Stelle übertragen konnte, musste sich entweder einen Hilfspre-
diger halten oder entsprechende Absprachen mit seinem Amtsnachfolger treffen.
Daher blieben die meisten Geistlichen so lange auf ihrer Pfarre sitzen, wie es eben
ging. Beim Tod eines Pfarrers waren die Witwe und ihre Kinder nicht versorgt. Auch
das sogenannte „Gnadenjahr“, in welchem die Witwe noch im Pfarrhaus wohnen
und die Einkünfte der Stelle genießen durfte, bedeutete nur ein Hinausschieben des
Problems. Aus Gründen der Versorgung heirateten viele Pfarrwitwen den Nach-
folger auf der Stelle ihres verstorbenen Mannes. In einzelnen Territorien kam es
ab der ersten Hälfte des 17. Jh. zur Einrichtung sogenannter „Pfarrwitwenkassen“.
In sie zahlte jeder Pfarrer beim Antritt seines Amtes eine gewisse Summe ein. Die
Unterstützung wurde dann aus den Zinsen des Fonds bestritten. Eine ausreichende
Versorgung der Pfarrwitwen war damit aber immer noch nicht gewährleistet.
Die Tätigkeit der Pfarrer im 16. Jh. unterschied sich nicht grundsätzlich von
der Tätigkeit heutiger Pfarrer: Zu ihren Pflichten gehörten die Gottesdienste und
Kasualien (Taufen, Trauungen und Beerdigungen) und immer mehr auch die
kirchliche Verwaltung. Gewöhnlich hielt der Pfarrer am Sonntag um 8 Uhr den
Hauptgottesdienst, während die Frühgottesdienste (im Sommer um 5 Uhr, im
Winter um 6 Uhr) in den Aufgabenbereich der Diakone und Helfer fielen. Der
Hauptgottesdienst dehnte sich über mehr als zwei Stunden aus. Die Predigt allein
beanspruchte dabei eine dreiviertel Stunde oder sogar eine Stunde. In den Visita-
tionsberichten finden sich zahlreiche Klagen der Gemeinden über die Predigten
und ihre Länge. Auch die damals verbreitete Predigtmethode, bei der aus dem
Text einzelne Punkte (Loci) ausgewählt und durch eine unendliche Aneinander-
reihung von Bibelsprüchen erläutert wurden, trug sicherlich nicht zur Erbauung
der Gemeinde bei. Außer der Länge mussten in den Kirchenordnungen noch wei-
tere Auswüchse der Predigten bekämpft werden: Dazu gehörten die Behandlung
hoher und spitziger Fragen (wie der Abendmahls- und der Prädestinationslehre) auf
der Kanzel oder das weit verbreitete Schimpfen und Lästern der Geistlichen über
Kollegen und Gemeindemitglieder.
Neben den Predigten trugen auch die ausladenden Gebete und die Verlesung
obrigkeitlicher Mandate zur Dauer der Gottesdienste bei. Wenn zusätzlich noch
Abendmahl gefeiert wurde, nahm der Gottesdienst fast den gesamten Sonntag-
vormittag ein. Wer das Abendmahl empfangen wollte, musste sich vorher beim
Pfarrer anmelden, die Beichte ablegen und die Absolution empfangen. In vielen
Landgemeinden fand die Beichte noch vor dem eigentlichen Gottesdienst am
Sonntagmorgen statt. An anderen Orten gab es eine Vorbereitungsfeier am Sams-
tagnachmittag mit einer Predigt des Pfarrers über die Bedeutung des Abendmahls,
einer Vermahnung zu dessen würdigem Empfang sowie Beichte und Absolution.
Fremde oder Personen, deren Lebensführung Anlass zur Kritik gab, lud der Pfarrer
in sein Haus ein, um sie noch einmal ausgiebig zu befragen.
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