Nietzsche-Colloquium „Nietzsche als Leser'
rischer wie systematischer Perspektive. Erläutert wurden Katalogisierungsansätze
von Rudolf Steiner, Elisabeth Förster-Nietzsche über Mazzino Montinari bis hin
zum heutigen Standardverzeichnis von Giuliano Campioni u. a., das heuristische
Prinzip der „ideellen Bibliothek“ Nietzsches, die nachweisliche Lektüren und er-
haltene Buchexemplare umfasse, sowie die verschiedenen Entwicklungs- und Ge-
brauchsphasen der Bibliothek, etwa den mobilen Bestand (die „Bücherkiste“) des
umherreisenden Nietzsche in den 1880er Jahren.
Methodische und technische Ansätze zur Digitalisierung und Kommen-
tierung von „Nietzsches Bibliothek“ im Rahmen des so betitelten Forschungs-
projekts stellten Helmut Heit und Yannick Souladie am Beispiel von Nietzsches
Drossbach-Lektüre vor. Während Heit die Möglichkeiten und Grenzen der Aus-
wertung von Nietzsches Lesespuren aufzeigte, veranschaulichte Souladie, wie die
zu kommentierende Bibliothek in die elektronische Nietzsche-Gesamtausgabe
(www.nietzschesource.org) eingebunden werde.
Der Vortrag von Sara San widmete sich Nietzsches Baudelaire-Lektüre, die sie
anhand namentlicher Eiwähnungen und stilistischer Annäherungen in Werken,
Briefen und Nachlass sowie den entsprechenden Bibliotheksbefunden, den ver-
schiedentlich unterstrichenen und annotierten Werken von und über Baudelaire
rekonstruierte.
Mit der Hesiod-Rezeption Nietzsches beschäftigte sich Alexandra Hertlein,
die sowohl die frühe philologische Auseinandersetzung mit Hesiod als auch des-
sen spätere philosophische Indienstnahme durch Nietzsche betrachtete. Durch die
Analyse von Annotationen in Bibliotheksexemplaren und Textstellen im Werk cha-
rakterisierte Hertlein Nietzsche als „gewaltsamen Leser“, der Hesiod zunächst als
„ersten wahren Hellenen“, sodann als Bezugspunkt für philosophische Äußerun-
gen instrumentalisiere, indem er sich unter Verschleierung seiner Quelle Motive
aneigne und in eigene Argumente umwandle.
Jing Huangs Beitrag zielte darauf ab, Nietzsches oft unterschätztes Inte-
resse an Aristoteles hervorzukehren. Huang bezog sich insbesondere auf die
Studien- und Professorenzeit Nietzsches und erklärte, wie Aristoteles seit dem
Abschlussjahr in Schulpforta, in dem Nietzsche eine Hausarbeit über die Tragö-
dientheorie geschrieben hatte, sukzessive an Bedeutung gewann. Nietzsches Ein-
führungsvorlesung, seine Ausleihen in der Basler Universitätsbibliothek wie auch
die Übernahmen in der Geburt der Tragödie bezeugen demnach eine umfangreiche
Aristoteles-Lektüre Nietzsches.
Auf die Quellen der Basler Rhetorik-Vorlesungen konzentrierte sich Anna-
maria Lossi vor dem Hintergrund von Nietzsches frühen sprachphilosophischen
Lektüren. Anhand einer Re- und Dekonstruktion der Vorlesungen zeige sich
Nietzsches große Abhängigkeit von den von ihm konsultierten Sachbüchern, dar-
unter solche von Gustav Gerber oder Diederich Volkmann.
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rischer wie systematischer Perspektive. Erläutert wurden Katalogisierungsansätze
von Rudolf Steiner, Elisabeth Förster-Nietzsche über Mazzino Montinari bis hin
zum heutigen Standardverzeichnis von Giuliano Campioni u. a., das heuristische
Prinzip der „ideellen Bibliothek“ Nietzsches, die nachweisliche Lektüren und er-
haltene Buchexemplare umfasse, sowie die verschiedenen Entwicklungs- und Ge-
brauchsphasen der Bibliothek, etwa den mobilen Bestand (die „Bücherkiste“) des
umherreisenden Nietzsche in den 1880er Jahren.
Methodische und technische Ansätze zur Digitalisierung und Kommen-
tierung von „Nietzsches Bibliothek“ im Rahmen des so betitelten Forschungs-
projekts stellten Helmut Heit und Yannick Souladie am Beispiel von Nietzsches
Drossbach-Lektüre vor. Während Heit die Möglichkeiten und Grenzen der Aus-
wertung von Nietzsches Lesespuren aufzeigte, veranschaulichte Souladie, wie die
zu kommentierende Bibliothek in die elektronische Nietzsche-Gesamtausgabe
(www.nietzschesource.org) eingebunden werde.
Der Vortrag von Sara San widmete sich Nietzsches Baudelaire-Lektüre, die sie
anhand namentlicher Eiwähnungen und stilistischer Annäherungen in Werken,
Briefen und Nachlass sowie den entsprechenden Bibliotheksbefunden, den ver-
schiedentlich unterstrichenen und annotierten Werken von und über Baudelaire
rekonstruierte.
Mit der Hesiod-Rezeption Nietzsches beschäftigte sich Alexandra Hertlein,
die sowohl die frühe philologische Auseinandersetzung mit Hesiod als auch des-
sen spätere philosophische Indienstnahme durch Nietzsche betrachtete. Durch die
Analyse von Annotationen in Bibliotheksexemplaren und Textstellen im Werk cha-
rakterisierte Hertlein Nietzsche als „gewaltsamen Leser“, der Hesiod zunächst als
„ersten wahren Hellenen“, sodann als Bezugspunkt für philosophische Äußerun-
gen instrumentalisiere, indem er sich unter Verschleierung seiner Quelle Motive
aneigne und in eigene Argumente umwandle.
Jing Huangs Beitrag zielte darauf ab, Nietzsches oft unterschätztes Inte-
resse an Aristoteles hervorzukehren. Huang bezog sich insbesondere auf die
Studien- und Professorenzeit Nietzsches und erklärte, wie Aristoteles seit dem
Abschlussjahr in Schulpforta, in dem Nietzsche eine Hausarbeit über die Tragö-
dientheorie geschrieben hatte, sukzessive an Bedeutung gewann. Nietzsches Ein-
führungsvorlesung, seine Ausleihen in der Basler Universitätsbibliothek wie auch
die Übernahmen in der Geburt der Tragödie bezeugen demnach eine umfangreiche
Aristoteles-Lektüre Nietzsches.
Auf die Quellen der Basler Rhetorik-Vorlesungen konzentrierte sich Anna-
maria Lossi vor dem Hintergrund von Nietzsches frühen sprachphilosophischen
Lektüren. Anhand einer Re- und Dekonstruktion der Vorlesungen zeige sich
Nietzsches große Abhängigkeit von den von ihm konsultierten Sachbüchern, dar-
unter solche von Gustav Gerber oder Diederich Volkmann.
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