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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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A. Das akademische Jahr 2017
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III. Veranstaltungen
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Ptashnyk, Stefaniya: Historisches Code-Switching mit Deutsch: Internationale Tagung am 16. und 17.November 2017
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0160
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III. Veranstaltungen

Zu den verbreitetsten Phänomenen gehört dabei das Code-Switching (CS), der
abwechselnde Gebrauch verschiedener Codes innerhalb einer Äußerung, - eine
Erscheinung, die in Bezug auf die historische Schriftlichkeit bislang wenig unter-
sucht ist. Entsprechend sollte die Heidelberger Tagung, welche dankenswerterwei-
se von der Akademie der Wissenschaften großzügig unterstützt wurde, die Rolle
von CS in der Geschichte der deutschen Sprache näher beleuchten und zugleich
eine theoretische, methodische und empirische Bestandsaufnahme der verstreuten
Forschungsansätze in diesem Bereich liefern.
Nach der Begrüßung durch den Dekan der Neuphilologischen Fakultät, Prof.
Dr. Jörg Riecke, skizzierte zunächst Arend Mihm (Duisburg-Essen) im Rahmen
einer Keynote die vielfältigen Erscheinungsformen der Mehrsprachigkeit in vor-
modernen Texten. Für das Deutsche sei ein umfangreicher Bestand an multilin-
gualen Texten seit dem Frühmittelalter verfügbar, dessen Auswertung sich als eine
wertvolle Erkenntnisquelle für historische Mehrsprachigkeitskonstellationen er-
weise. Für die zweite Keynote konnte der Wiener Anglist Herbert Schendl, einer
der Begründer der historischen CS-Forschung, gewonnen werden. In seinem Vor-
trag lieferte er am Beispiel der Kopräsenz von Englisch, Latein und Französisch in
Quellen aus Großbritannien einen detaillierten Rückblick auf die Entstehung und
Entwicklung dieser Forschungsrichtung in den letzten Jahrzehnten.
Die Referate der Tagung deckten eine breite Palette historischer Phasen, geo-
graphischer Herkunftsorte wie auch Textsorten ab. Letztere reichten von literari-
schen Texten über Ego-Dokumente bis hin zu akademischem Schriftgut. Einen
deutlichen Schwerpunkt bildeten dabei Rechtstexte: Vincenz Schwab (Bamberg)
analysierte Einbettungsstrukturen und Translationstypen volkssprachiger Inserte
in den rund 350 mittellateinischen Handschriften der Leges Barbarorum. Andreas
Deutsch (Heidelberg) untersuchte lateinische Formulierungen in den deutsch-
sprachigen Rechtsbüchern aus der Rezeptionszeit des römischen Rechts. Für die
Lexikographie hat CS dieser Art praktische Konsequenzen, da die Grenze zur Ent-
lehnung nicht immer klar zu ziehen ist. Eine weitere Schwierigkeit der mittel-
alterlichen Schreibpraxis beleuchtete Inga Siegfried (Zürich) anhand lateinischer
Urkunden aus der Region Lausanne: Bei der Verschriftlichung der Ortsnamen
mussten sich die Schreiber je nach Ausstellungsort und Zielgruppe für französi-
sche oder deutsche Namenvarianten entscheiden.
Mehrsprachige Schriftzeugnisse entstanden ferner im kirchlichen bzw. klös-
terlichen Umfeld. So diskutierte Claudia Wich-Reif (Bonn) die Ausprägungen des
deutsch-lateinischen CS in Bibelkommentaren, indem sie die lateinischen und
volkssprachigen Elemente marginaler Kommentierungen analysierte. Christine
Ganslmayer (Erlangen-Nürnberg) wertete Notizen und Revisionsprotokolle aus
Luthers Umfeld zur Übersetzung der Deutschen Bibel aus - als Beispiel für die
multilinguale Sprachverwendung in der frühneuzeitlichen Gelehrtenkultur. Car-
men Kämmerer (Neustadt) analysierte die syntaktischen Regelmäßigkeiten beim

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