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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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A. Das akademische Jahr 2017
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III. Veranstaltungen
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Ptashnyk, Stefaniya: Historisches Code-Switching mit Deutsch: Internationale Tagung am 16. und 17.November 2017
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0161
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Internationale Tagung: „Historisches Code-Switching mit Deutsch'

mittellateinisch-frühneuhochdeutschen sowie mittellateinisch-altitalienischen
CS in Predigten des Spätmittelalters aus konstruktionsgrammatischer Perspekti-
ve. Simone Schultz-Balluff (Bonn/Rostock) & Timo Bülters (Bonn) präsentierten
interessante Zeugnisse lateinisch-niederdeutschen Sprachwechsels in spätmittelal-
terlichen Handschriften aus Beständen der Lüneburger Frauenklöster - ein Beleg
für die Sprach- und Textsortenkompetenz der Nonnen sowohl auf Lateinisch als
auch auf Niederdeutsch.
Ab dem 17. Jahrhundert sind multilinguale Phänomene auch in der akade-
mischen Schriftlichkeit verstärkt anzutreffen, da in dieser Zeit eine allmähliche
Loslösung von der rein lateinischen Schreibkultur begann. Kaidi Kriisa (Tartu)
führte anhand eines umfangreichen Textkorpus vor, dass im 17. Jahrhundert an
der Universität Dorpat neben der lateinischen Unterrichtssprache auch Hebrä-
isch, Altgriechisch, Schwedisch, Deutsch, seltener Französisch, Finnisch und Ita-
lienisch verwendet wurden, sodass sich die Academia Dorpatensis als hochgradig
mehrsprachig eiweist. Michael Prinz (Zürich/Helsinki) beleuchtete in seinem
Vortag die „buntschäkkigte Universitätssprache“ des 18. Jahrhunderts: Ein an
der Universität Zürich entstehendes annotiertes Vorlesungskorpus belegt für das
18. Jahrhundert den Zusammenhang zwischen der quantitativen Entwicklung von
deutsch-lateinischem CS in Vorlesungsnachschriften und dem language shift in
der akademischen Domäne.
Markus Schiegg (Augsburg) & Monika Foldenauer (Erlangen-Nürnberg)
beschrieben den Wechsel zwischen Dialekt und Standard anhand von etwa hun-
dert Briefen des 19. Jahrhunderts. Die Texte wurden in psychiatrischen Anstalten
verfasst und lassen vielfach eine ausgeprägte Varietätenkompetenz und ein reflek-
tiertes sprachliches Bewusstsein der Schreiber erkennen. Zwei weitere Vorträge
erweiterten die Palette der Kontaktsprachen noch einmal: Jana-Katharina Mende
(Wroclaw) analysierte Fälle von CS zwischen Französisch, Deutsch und Polnisch
in den Vorlesungen des polnischen Nationalautors Adam Mickiewicz, die die-
ser 1840-1844 am College de France in Paris gehalten hatte. Stefaniya Ptashnyk
(Heidelberg) zeigte anhand Lemberger Pressetexten des 19. Jahrhunderts vielfäl-
tige multilinguale Schreibpraktiken, bei denen neben Deutsch auch Ukrainisch,
Polnisch und Hebräisch veiwendet wurden. Die beobachteten Erscheinungen
eiweisen sich dadurch als besonders komplex, dass die Mehrsprachigkeit von un-
terschiedlichen Schreibsystemen - lateinisch, kyrillisch und hebräisch - beglei-
tet wird. Dies gilt z. T. auch für das deutsch-französische CS, das Lena Sowada
(Heidelberg) in Feldpostbriefen, Postkarten und Tagebüchern aus dem Ersten
Weltkrieg aus Elsass und Lothringen analysierte. Auch hier verfügten die Schreiber
nicht nur über eine zwei- oder mehrsprachige orale Ausdruckskompetenz, son-
dern auch über eine bi- oder gar triliterale Schreibkompetenz.
Eine hervorragende Klammer um die vorherigen Analysen konkreter his-
torischer Mehrsprachigkeitskonstellationen bot der abschließende Vortrag von

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