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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Franz, Gunther [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0032
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Geistlichen. Nach der Visitation verfaßte die Waldenburger Vormundschaft ein Bedenken (Nr. 12 a
und b). Graf Ludwig Casimir erließ verschiedene wichtige Ordnungen. Die Polizeiordnung von 1558
(Nr. 13) ist unabhängig von der vor Durchführung der Reformation im Januar 1556 erlassenen
Waldenburger Polizeiordnung (Nr. 6) und basiert auf der Württembergischen Landesordnung von
1552. Die Polizeiordnungen sincl wichtige Dokumente für die Auswirkung der Reformation auf das
öffentliche Leben, die Sitte und die Ehegerichtsbarkeit. Die Ordnung von 1558 wurde 1571 einge-
schärft (Nr. 17) und teilweise in die wichtige Eheordnung von 1572 aufgenommen, die lange Zeit
Bedeutung hatte.

Graf Ludwig Casimir konnte Johann Hartmann für dauernd als Öhringer Prädikant und
Superintendent cler Gesamtgrafschaft gewinnen und holte dessen Bruder Gallus Hartmann als Hof-
prediger nach Neuenstein. Auch der Waldenburger Hofprediger Philipp Knötzel kam aus Württem-
berg. Das Examen neu angestellter Geistlicher wurde von einer Kommission in Öhringen durch-
geführt. Nach der Visitation von 1558 wurde die Einrichtung eines geistlichen Schiedsgerichts und
Konvents in Öhringen vorgeschlagen; eine Durchführung ist aber nicht bezeugt. Es gab keine Kon-
sistorien, vielmehr wurden Eheurteile von den Kanzleien gefällt, die auch in steigendem Maße die
Aufsicht über die Pfarrer erstrebten. Obwohl schon vorher Pläne für eine Generalvisitation der
Grafschaft bestanden, wurde erst 1571 eine Visitation in der Neuensteiner Herrschaft durch den
Öhringer Superintendenten vorgenommen (Nr. 18). Um eine größere Gleichheit in den Zeremonien
zu erreichen, wurde eine ganz kurze Kirchenordnung übergeben. Die regelmäßige Haltung der drei
Nebengottesdienste (Freitagspredigt, Vesper und Katechismus am Sonntagnachmittag) wurde in
einem Generalbefehl nach der Visitation noch einmal eingeschärft (Nr. 18 c und d). Der kurze Bericht
über die im östlichen Amt Schillingsfürst gehaltene Ordnung des Gottesdienstes liefert einen w reite-
ren Baustein zur Kenntnis cler bis 1578 geübten Zeremonien (Nr. 23).

1576-1583 waren entscheidende Jahre fiir die hohenlohische Kirche und ihre Ordnung. Graf
Wolfgang nutzte als Waldenburger Mitvormund die Gelegenheit zu einer gemeinsamen Neuordnung
des Kirchenwesens der Gesamtgrafschaft. Am 22. Mai 1576 trug er gleichzeitig den Plan einer
Polizeiordnung (die zu einem umfassenden Landrecht ausgebaut werclen sollte) und einer Kirchen-
ordnung vor. Im Mai/Juni 1577 gelang es nach mancherlei Versuchen, David Meder aus Leuters-
hausen in der Markgrafschaft Brandenburg als Generalsuperintendent in Öhringen zu gewinnen.
Nach mehreren Entwürfen und Änderungen konnte die Kirchenordnung im Juni 1578 nach Nürn-
berg zum Druck gebracht werden. Der hohenlohischen Tradition entsprechend vereinigt sie Ein-
fiüsse der Brandenburg-Nürnbergischen und cler Württembergischen Kirchenordnungen. Im An-
hang wurden Luthers Kleiner Ivatechismus, Katechismusfragstücke, die Brandenburgischen Kin-
derpredigten und zu verlesende Abendmahlsermahnungen aufgenommen (Nr. 25). Die teilweise von
Meder verfaßten Fragstücke boten bis 1581 ein Streitobjekt unter den führenden Geistlichen der
Grafschaft. Die Kirchenordnung wurde 1688 fast unverändert nachgedruckt und bildete bis ins
19. Jahrhundert clie Gruncllage des gegenüber Württemberg liturgisch reicheren Gottesdienstes in
Hohenlohe. In clen ergänzenden Kapitels-, Visitations- und Konsistorialordnungen von 1579 (Nr. 26
u. 27) wurde eine ausführliche Kirchenverfassung entworfen, durch die eine ,,gleichförmige Ord-
nung“ als oberstes Icleal erreicht werden sollte. Neben der gemeinsamen Stadt Öhringen wurden die
Grafschaften in 7 feste Spezialsuperintenclenzen gegliedert, in denen jährlich Synoden oder Kapitel
der Geistlichen und Visitationen stattfinden sollten. Das Konsistorium sollte keine feste Behörde
mit bestimmten Mitgliedern sein, sondern ein bei Bedarf zusammentretender Konvent mit den
Öhringer Kirchendienern als Kern. Obwohl clie Kirchenzucht als öffentliche Abbitte vor der Ge-
meinde in clen Kirchen- und Konsistorialordnungen geregelt war, wurde sie wegen der Gefahr des
Mißbrauchs 1580 untersagt (Nr. 28). 1581 fand seit Jahrzehnten das erste und — soweit wir sehen -

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