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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0094
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5. Kirchenordnung 1553

doselbst in seiner pfarkirchen 138 pleiben bis der pfar-
her neben andern gepreuchlichen ceremonien ein
kurtze predig oder vermanung tue vom gebet, dar-
durch das volk vor krieg, ungewitter, tewrung und
pestilentz etc. ernstlich zu bitten bewegt 139 werde.
Darnach soll man die litaney singen und der pfar-
her dieselben mit einer teutschen collecten, so dar-
bey gesetzt 140, und mit der collecten umb geyst-
lichen und zeitlichen segen (welche in der ordnung
der meß die eylfte ist) 141 zu und unter einem be-
schlus beschheßen.

[21.] Von eeheinsegen 142

Zum ersten soll ein yeglicher pfarherr vor aUen
dingen achtung haben uf frembde und unbekante
personen, das er dieselben nit einlaite, sie haben
dann zuvor gewiße kuntschaft dargetonn, das sie
recht sach fuerehn.

Zum andern soll auch der pfarher vleyssig erfor-
schen, ob eine oder beede personen, so das einsegen
begeren, nicht zuvor mit einer andern person ver-
trawet hab 143.

Zum dritten sollen die pfarherr ehi vleyssige nach-
forschung haben beeder personen plutfreundschaft

v In A geändert für gemahel.

138 ,,in seiner pfarkirchen“ fehlt in Neuburger KO
1543.

139 Neuburger KO 1543: angereitzt.

140 Lutbers Deutsche Litanei 1529 (WA 30, 3, 1—36 -
EKGr 38) entbielt auch Kollekten = Gebete.

141 Gemeint ist der Abschnitt „Ordnung der messe,
so man communicanten bat“ der Neuburger KO
1543 (Sehling 13, 81). In der Brand. KO 1533, die
in Hohenlohe wegen der Kollekten benutzt werden
sollte, ist es die siebente (Sehling 11, 189. Vgl. KO
1578, S. 268 (Umb erhaltung und frucht ..., 1. Kol-
lekte). ,,zu und“ feblt in Neuburger KO 1543.

142 „Eheeinsegnung“ und „Eheeinleitung“ bedeutet
den Gottesdienst für junge Eheleute (z.B. „der sicb
erlich verbeirat und docb noch nit eelicb eingeleyt
ist“ 1487, DRW 2, 1424 und 1455). Die Yerlobung
als Art bürgerliche Ebescbließung ist zwar bindend;
die Ehe darf aber erst nach dem kirchlichen Akt
vollzogen werden. Grundlage für die entsprecben-
den Teile der evang. Kirchenordnungen ist Lutbers
Traubüchlein von 1529 (WA 30, 3, 74-80), dem
auch vorliegende Ordnung folgt. Lutber unter-
scbeidet die Trauung durch den Pfarrer vor der
Kirche und die Einsegnung, die in der Regel am
Tage nach der Trauung vor dem Altar stattfindet.

halben, ob sie auch unverhmdert derselben sich zu-
einander ehehchen verheyraten konnen und solchs
nicht wider gottliche, naturhche und kayserliche
recht sei 144. Dann wo sie einiche verhinderung be-
finden, sollen sie solche personen kainswegs einlay-
ten, sonder vor die hoffret weysen 145.

Zum vierten soll auch em yeder pfarher nyemand
einlayten, es haben dann zuvor bede personen sich
an offenlicher cantzel zway- oder dreymal gemay-
nem prauch nach laßen uf bieten und verkundigen 146.

Und sollen die eheleut m der kirchen vor dem
altar wie in andern evangehschen kfi-chen eingeseg-
net werden. Nemlich, wan sie sampt ierer freund-
und nachparschaft in die kirchen khomen, Gottes
wort zu horen, denn segen Gottes zu empfahen und
das christlich gebett fur sie aus Gottes wort laßen
zu ton, auch ieren ehestand offentlieh zu bezeugen,
so soll alsdami der pfarherr zum altar gehn und beede
personen, so sie auch herzukhomen, fragen, wie sie
heyssen und also zusamen geben.

Ersthch spreche er zum breutigam:

N„ bekennet ir (oder: du) alhie vor Gott, dem
Herren und diser loblichen christlichen versamlung,
das ir N„ liie zugegen, zu ewerm ehelichen weib v
genhomen hapt?

In Brand. KO 1533 (Seliling 11, 200-202), der
Württ. KO 1553/1559 (Bl. 90a-93a) und den da-
von abbängigen Ordnungen sind beide Akte als
„Ebeeinleitung“ in der Kircbe vereinigt, so aucb
KO 1578 (Nr. 25, Kap. 9). Unsere KO 1553 kennt
dagegen keine Trauung durcb den Pfarrer und bat
Lutbers Eormular für die Einsegnung im Sinne der
solemnisatio matrimonii in facie ecclesiae umge-
wandelt.

143 sich vertrauen = sicb verloben, vermäblen (Grimm
12, 1, 1951).

144 Zu den verbotenen Graden der Blutsverwandt-
schaft (und Scbwagerscbaft) vgl. EbeO 1572 (Nr.
19, §3).

145 Nachdem der Öbringer Prediger Huberinus und
der Rat Stemler auf Befebl von Graf Albrecbt 1546
ein Ehe- und Zuchtgericht für Öbringen gebildet
baben, sollten jetzt die hohenlohischen Ebepro-
zesse an das gemeinsame Hofgericbt in Öbringen
gewiesen werden. Die Akten eines Ebeprozesses
von 1554-56 sind erhalten. Das Urteil wurde von
„ITofrichter und Rät“ gefällt (Frcmz, Kirchenlei-
tung 34).

146 Die Form des Aufgebots findet sicb in Lutbers
Traubüchlein (WA 30, 3, 76) und in vielen Kircben-
ordnungen.

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