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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0264
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25. Kirchenordnung 1578

denburg kommen und wollte einen von ihm verfaßten „Begriff” in jede Kirchenordnung vor der
Vorrede schriftlich einfügen, damit die Kirchendiener nur einerlei Wort gebrauchen. Die weitläufige
Yorrede für den Katechismusdruck wurcle verworfen. Dieser sollte nur den Titel tragen: „Cate-
chismo [-mus], wie derselbe in der löblichen grafschaft Hohenloe vermög derselben kirchenordnung
mit clen einfeltigen und jungen soll tractiert und gehandelt werden.“ Graf Wolfgang war ungehalten,
claß die Waldenburger Kirchendiener erst nach der Drucklegung der KO „ihre vergebliche witz
darinnen gebrauchen“ uncl clas „zerstückelt werk“ von neuem beginne 81. Für den Sonderdruck sollte
der Text nach den Hauptstücken im 4. Kapitel, die Auslegung in den Fragstücken aber Luthers
Katechismus angeglichen werden. Der darauf gedruckte Katechismus wurcle zunächst in der Öhrin-
ger Lateinschule eingeführt. Der deutsche Schulmeister Martin Stötter ließ wegen des hohen Preises
die Kincler clen Katechismus abschreiben 82. DaStötter sich nicht an den neuen Katechismus hielt,
mußte Meder mehrere Beschwerden an die Herrschaft richten. Das Verhör von 13 Öhringer Amts-
trägern reichte zur Aufhellung der Widerspenstigkeit nicht aus 83. Stötter hatte die alte Form ge-
braucht, clie Auslegung vom Amt der Schlüssel, Abend- und Morgensegen, Tischgebete und Haus-
tafel in der Kirche nicht sprechen lassen; die Haustafel sei zuviel zum Lernen.

Es kam noch viel schlimmer. Schon am 24. 9. 1579 verfaßte Meder eine ausführliche Verteidi-
gungsschrift 84, weil in den Katechismusfragstücken in der Antwort auf die Frage „Warumb bistu
ein christ“ die Worte „und wandel in dem gehorsam seiner gebot“ „als unrecht, ja papistisch,
interimistisch und mayoristisch“ 85, also als Ausclruck von Werkgerechtigkeit, abgelehnt worden
waren. Am 14. 3. 1580 mußte sich der Generalsuperintendent beschweren, daß sein Diakon Bien
seinem Sohn clie Worte gestrichen und in der Klasse habe zeigen lassen und daß auch der Lehrer
Georg Beyschlag die Worte seinen Schülern ausgestrichen habe. Graf Wolfgang war wegen der
„Verkleinerung seiner gräflichen Reputation“ clurch clie Gesetzesmißachtung höchst ungnädig 86,
führte aber eine Disputation in Neuenstein am 28. 4. 1580 durch, bei der die Mehrheit der führenden
Kirchendiener die Worte streichen wollte und nur Kremer (Langenburg) und Mögner (Weikersheim)
Mecler unterstützten 87. Am 26. 7. 1580 legte Jakob Andreä bei einem Besuch in Neuenstein den
Streit vorläufig bei. Das Protokoll mit der Überschrift „Die fragstück sollen also geendert und ange-
stellt werden“ wurde von Anclreä, Meder, Hartmann, Kremer und Rudolph unterschrieben 88. Am
21.8. 1580 schlugen die Räte beicler Herrschaften vor, daß die beiden Neuensteiner Prediger clie ver-
besserten Fragstücke ganz abschreiben und in gebührende Form bringen sollten. Fiir den Kate-
chismussonclerdruck brauche man eine kleine Vorrede, die der Öhringer Prediger (Meder) ver-
fassen könne 89. Graf Wolfgang bestimmte, daß man (wenn Waldenburg zustimme in Nürnberg)
100 oder 300 Exemplare drucke uncl den Kindern, besonclers den armen, die den Katechismus

81 Graf Wolfgang an Gräfin Agatha 10. 11. 1578, GA

14, 2.

82 Rechtfertigung Stötters 16. 2. 1580 Punkt 4 (GA

15, 15). Die Auflage war trotz der Klage des Buch-
binders rasch vergriffen. Pfarrer Lilienfein erklärte
,,er wiß wol, das man sovil hie verkauft, das vil auß-
wendiger personen solchen zu kaufen begert, aber
nicht bekommen mögen.“

83 2. Beschwerde Meders 23. 9. 1579 erwähnt GA 15,
15. Großes Verhör durch die Amtleute in Öhringen
im Februar 1580. Graf Wolfgang war mit Verhör und
Protokoll sehr unzufrieden, Schreiben vom 20. 4.
1580.

84 „Christliche nottwendige und wolgegründe erclerüng
und def ensionschriefft herrn Davidis Mederi... wider

etlicher seiner mißgünstigen calumnien uber die frag
und antwort deß hohenloeischen catechismi ge-
stellt...“ (PA 93, 6, 1).

85 Gegen Georg Majors Lehre, daß gute Werke nötig
zur Seligkeit seien, richtete sich der 4. Art. der Kon-
kordienformel (BSLK 936f.).

86 Meder an Gräfin Agatha, GA 15, 6. Graf Wolfgang
an Gräfin Agatha am 22. 3. 1580, GA 15, 6. Bien und
Beyschlag wurden nach Langenburg vorgefordert.
Angeblich erzeigten sich die Kirchendiener der
Grafschaft „fast eines geistlichen ufrurs“.

87 Wibel 1, 619f. Franz, Kirchenleitung 112.

88 Siehe Druckvorlagen („Anderung 1580“).

89 Bericht von Hyso an Graf Wolfgang vom 22. 8. 1580,
HStA A 63, 57, 3.

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