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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2014
DOI Kapitel:
I. Jahresfeier am 24. Mai 2014
DOI Artikel:
Debus, Jürgen: Festvortrag von Jürgen Debus „Strahlenheilkunde: eine multidisziplinäre Herausforderung“
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0031
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Festvortrag von Jürgen Debus

Bei lonenstrahlen nutzen wir noch einen anderen Effekt. Wenn dieser Strahl
in den Patienten hineintritt, wird dieser auch etwas gestreut. Wenn wir einen 4 mm
großen Strahl in den Patienten hineinschießen, dann unterscheidet sich das Pro-
ton, Helium-, Carbon- oder Kohlenstoffion genau durch diese Streuung. In 20 cm
Tiefe ist der Kohlenstoffionenstrahl der Strahl, der die höchste Präzision hat, und
darauf kommt es an. Wir wollen eine hohe Präzision erreichen.
Wie wirkt die Strahlung?
Strahlung wirkt relativ einfach. Wir erzeugen an der Erbinformation der Tumor-
zelle eine Veränderung, meist einen Einzelstrangbruch. Dieser wird in der Regel
einfach repariert. Schwieriger ist es, wenn beide Stränge der DNA brechen: ein
Doppelstrangbruch. Durch diese Veränderung kann sich die Zelle nicht mehr in
geordneter Weise teilen und dann laufen in der Zelle Reparaturprozesse ab, die wir
mit der modernen Biologie heute sichtbar machen können. Hierzu veiwenden
wir in der Regel die Färbung des Proteins P21. Nach einer konventionellen Be-
strahlung sind diese DNA-Schäden gleichmäßig über den Zellkern verteilt. Wenn
wir das mit lonenstrahlen machen, sieht man weniger Treffer, die aber dafür we-
sentlich intensiver sind, weil hier der Strahl eine höhere Dichte der Ionisation
hat. Diese Methode hat mittlerweile mannigfaltige Anwendungen. Wenn Sie ein
Phänomen entdecken, finden Sie plötzlich in der Kommunikation mit anderen
Wissenschaftlern ganz viele neue Anwendungen. Das reicht von der Tumorthera-
pie über den Strahlenschutz bis in die Weltraummedizin. Warum ist das so? Weil
im Weltraum genau diese Art von Strahlen existiert, die glücklicherweise bei uns
hier auf der Erde, man muss sagen, noch gut abgeschirmt wird, zum einen durch
unser Erdmagnetfeld und zum anderen durch die Atmosphäre, welche die kosmi-
sche „lonenstrahlung“ abgeschirmt.
Wenn wir allerdings Astronauten zum Mars schicken wollen, müssen wir
den Beitrag der kosmischen Strahlung bei der Risikobetrachtung berücksichtigen.
Deshalb haben wir eine Kooperation mit der NASA, wo es darum geht, wie wir
die Menschen sicher zum Mars bringen und vielleicht auch wieder zurück. Und
es scheint in der Tat so, dass die Strahlenbelastung im Weltraum einer der limitie-
renden Faktoren ist. Die lonenstrahlen haben auch medizinische Anwendungen,
die wir systematisch untersuchen. Dies erfordert in der Grundlagenforschung eine
intensive Zusammenarbeit mit unseren biologischen Kollegen. Diese charakteri-
sieren den Strahl, wobei die relative biologische Effektivität der einzelnen lonen-
strahlen berechnet wird. In der Regel brauchen wir mit Ionen nur etwa A bis A
der Dosis, um den gleichen biologischen Effekt im Vergleich zu Röntgenstrahlen
zu erreichen. Wenn wir die gleiche Dosis verabreichen, haben wir einen wesent-
lich höheren biologischen Effekt.

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