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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

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A. Das akademische Jahr 2014
DOI chapter:
II. Wissenschaftliche Vorträge
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Schmidt, Jochen: Nietzsches »Wille zur Macht« – Eine Entzauberung: Gesamtsitzung am 26. April 2014
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https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0057
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Jochen Schmidt

zur Macht“. Obwohl Nietzsche in seinen späten Schriften durchaus die Kalamität
von Schopenhauers Willensbegriff erkannte, blieb er an seinem „Willen zur Macht“
haften. Nicht so missverständlich und irreführend wäre es gewesen, wenn Scho-
penhauer statt vom „Willen zum Leben“ vom Lebensdrang und statt vom „Willen in
der Natur“ von einem Naturtrieb gesprochen hätte.
Einen solchen „Willen zum Leben“ kodierte Nietzsche seit 1881 in einen
„Willen zur Macht“ um, indem er „Leben“ als Drang zur Macht interpretierte und
damit die imperialistischen Macht- und Gewaltideologien des späten 19. Jahr-
hunderts ideologisch radikalisierte. Das Hauptzeugnis dafür ist der Zarathustra,
in dem Nietzsche den „Willen“ und das „Wollen“ in einem voluntaristischen Sinn
zu deuten versuchte und „Macht“ bloß noch als „Herrschaft“ der Herrschenden
über die Unterworfenen propagierte. Deshalb bejahte er auch nachdrücklich
Sklaverei und Ausbeutung. Thomas Mann, der Nietzsche als Kritiker durch-


aus anerkannte, resü-
mierte in seinem 1947
erschienenen Aufsatz
Nietzsches Philosophie im
Lichte unserer Eifahrung
mit psychologischem
Scharfblick: „Dieser
gesicht- und gestaltlo-
se Unhold und Flügel-
mann Zarathustra mit
der Rosenkrone des
Lachens auf dem un-
kenntlichen Haupt, sei-
nem „Werdet hart!“ und
seinen Tänzerbeinen ist
keine Schöpfung, er ist
Rhetorik, erregter Wort-
witz, gequälte Stimme
und zweifelhafte Pro-
phetie, ein Schemen
von hilfloser Grandez-
za, oft rührend und al-
lermeist peinlich - eine
an der Grenze des Lä-
cherlichen schwanken-

DER SPIEGEL 24/1981.

de Unfigur“.

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