Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014
— 2015
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0057
DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2014
DOI Kapitel:II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:Schmidt, Jochen: Nietzsches »Wille zur Macht« – Eine Entzauberung: Gesamtsitzung am 26. April 2014
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0057
- Schmutztitel
- Titelblatt
- Geleitwort
- 7-12 Inhaltsverzeichnis
- 13-128 A. Das akademische Jahr 2014
-
129-228
B. Die Forschungsvorhaben
- 129-130 I. Forschungsvorhaben und Arbeitsstellenleiter
-
131-225
II. Tätigkeitsberichte
- 131-132 1. Goethe-Wörterbuch (Tübingen)
- 133-141 2. The Role of Culture in Early Expansions of Humans (Frankfurt und Tübingen)
- 141-145 3. Historische und rezente Hochwasserkonflikte an Rhein, Elbe und Donau im Spannungsfeld von Naturwissenschaft, Technik und Sozialökologie (Stuttgart)
- 145-148 4. Deutsche Inschriften des Mittelalters
- 149-151 5. Wörterbuch der altgaskognischen Urkundensprache/Dictionnaire onomasiologique de l’ancien gascon (DAG)
- 151-156 6. Deutsches Rechtswörterbuch
- 156-158 7. Martin Bucers Deutsche Schriften
- 158-162 8. Melanchthon-Briefwechsel
- 162-167 9. Dictionnaire étymologique de l’ancien français (DEAF)/Altfranzösisches etymologisches Wörterbuch
- 167-171 10. Epigraphische Datenbank Heidelberg (EDH)
- 172-175 11. Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts
- 175-181 12. Edition literarischer Keilschrifttexte aus Assur
- 181-187 13. Buddhistische Steininschriften in Nordchina
- 187-192 14. Geschichte der südwestdeutschen Hofmusik im 18. Jahrhundert
- 193-196 15. Nietzsche-Kommentar (Freiburg)
- 196-199 16. Klöster im Hochmittelalter: Innovationslabore europäischer Lebensentwürfe und Ordnungsmodelle
- 200-207 17. Der Tempel als Kanon der religiösen Literatur Ägyptens (Tübingen)
- 207-210 18. Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Freiburg)
- 210-216 19. Kommentierung und Gesamtedition der Werke von Karl Jaspers sowie Edition der Briefe und des Nachlasses in Auswahl
- 216-219 20. Historisch-philologischer Kommentar zur Chronik des Johannes Malalas (Tübingen)
- 219-225 21. Religions- und rechtsgeschichtliche Quellen des vormodernen Nepal
- 226-228 III. Archivierung der Materialien abgeschlossener Forschungsvorhaben
-
229-309
C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
- 229-233 I. Die Preisträger
-
234-302
II. Das WIN-Kolleg
- 234-235 Aufgaben und Ziele
- 236-238 Verzeichnis der WIN-Kollegiaten
- 239 Fünfter Forschungsschwerpunkt „Neue Wege der Verflechtung von Natur‑ und Geisteswissenschaften“
-
251
Sechster Forschungsschwerpunkt „Messen und Verstehen der Welt durch die Wissenschaft“
- 251 3. Analyzing, Measuring and Forecasting Financial Risks by means of High-Frequency Data
- 252-257 4. Das menschliche Spiegelneuronensystem: Wie erfassen wir, was wir nicht messen können?
- 257-259 5. Geld, Gunst und Gnade. Die Monetarisierung der Politik im 12. und 13. Jahrhundert
- 259-264 6. Neogeographie einer Digitalen Erde: Geo-Informatik als methodische Brücke in der interdisziplinären Naturgefahrenanalyse (NEOHAZ)
- 264-267 7. Quantifizierung und Operationalisierung der Verhältnismäßigkeit von internationalen und interlokalen Sanktionen
- 267-269 8. Selbstregulierung in den Naturwissenschaften
- 270-275 9. Texte messen – Messungen interpretieren. Altertumswissenschaften und Digital Humanities als zukunftsträchtige Symbiose
- 275-278 10. Vom corpus iuris zu den corpora iurum. Konzeption und Erschließung eines juristischen Referenzkorpus (JuReko)
- 278-281 11. Die Vermessung der Welt: Religiöse Deutung und empirische Quantifizierung im mittelalterlichen Europa
- 281-284 12. Wissen(schaft), Zahl und Macht
- 284-290 13. Thermischer Komfort und Schmerz: Verstehen von menschlicher Adaption an Störfaktoren durch die Kombination psychologischer, physikalischer und physiologischer Messungen und Messmethoden
- 291-293 14. Charakterisierung von durchströmten Gefäßen und der Hämodynamik mittels modell- und simulationsbasierter Fluss-MRI (CFD-MRI)
- 294-299 15. Zählen und Erzählen – Spielräume und Korrelationen quantitativer und qualitativer Welterschließung
- 300-302 16. Metaphern und Modelle. Zur Übersetzung von Wissen in Verstehen
- 303-309 III. Akademiekonferenzen
- 311-368 D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
- 401-406 E. Anhang
- 407-415 Personenregister
Jochen Schmidt
zur Macht“. Obwohl Nietzsche in seinen späten Schriften durchaus die Kalamität
von Schopenhauers Willensbegriff erkannte, blieb er an seinem „Willen zur Macht“
haften. Nicht so missverständlich und irreführend wäre es gewesen, wenn Scho-
penhauer statt vom „Willen zum Leben“ vom Lebensdrang und statt vom „Willen in
der Natur“ von einem Naturtrieb gesprochen hätte.
Einen solchen „Willen zum Leben“ kodierte Nietzsche seit 1881 in einen
„Willen zur Macht“ um, indem er „Leben“ als Drang zur Macht interpretierte und
damit die imperialistischen Macht- und Gewaltideologien des späten 19. Jahr-
hunderts ideologisch radikalisierte. Das Hauptzeugnis dafür ist der Zarathustra,
in dem Nietzsche den „Willen“ und das „Wollen“ in einem voluntaristischen Sinn
zu deuten versuchte und „Macht“ bloß noch als „Herrschaft“ der Herrschenden
über die Unterworfenen propagierte. Deshalb bejahte er auch nachdrücklich
Sklaverei und Ausbeutung. Thomas Mann, der Nietzsche als Kritiker durch-
aus anerkannte, resü-
mierte in seinem 1947
erschienenen Aufsatz
Nietzsches Philosophie im
Lichte unserer Eifahrung
mit psychologischem
Scharfblick: „Dieser
gesicht- und gestaltlo-
se Unhold und Flügel-
mann Zarathustra mit
der Rosenkrone des
Lachens auf dem un-
kenntlichen Haupt, sei-
nem „Werdet hart!“ und
seinen Tänzerbeinen ist
keine Schöpfung, er ist
Rhetorik, erregter Wort-
witz, gequälte Stimme
und zweifelhafte Pro-
phetie, ein Schemen
von hilfloser Grandez-
za, oft rührend und al-
lermeist peinlich - eine
an der Grenze des Lä-
cherlichen schwanken-
DER SPIEGEL 24/1981.
de Unfigur“.
57
zur Macht“. Obwohl Nietzsche in seinen späten Schriften durchaus die Kalamität
von Schopenhauers Willensbegriff erkannte, blieb er an seinem „Willen zur Macht“
haften. Nicht so missverständlich und irreführend wäre es gewesen, wenn Scho-
penhauer statt vom „Willen zum Leben“ vom Lebensdrang und statt vom „Willen in
der Natur“ von einem Naturtrieb gesprochen hätte.
Einen solchen „Willen zum Leben“ kodierte Nietzsche seit 1881 in einen
„Willen zur Macht“ um, indem er „Leben“ als Drang zur Macht interpretierte und
damit die imperialistischen Macht- und Gewaltideologien des späten 19. Jahr-
hunderts ideologisch radikalisierte. Das Hauptzeugnis dafür ist der Zarathustra,
in dem Nietzsche den „Willen“ und das „Wollen“ in einem voluntaristischen Sinn
zu deuten versuchte und „Macht“ bloß noch als „Herrschaft“ der Herrschenden
über die Unterworfenen propagierte. Deshalb bejahte er auch nachdrücklich
Sklaverei und Ausbeutung. Thomas Mann, der Nietzsche als Kritiker durch-
aus anerkannte, resü-
mierte in seinem 1947
erschienenen Aufsatz
Nietzsches Philosophie im
Lichte unserer Eifahrung
mit psychologischem
Scharfblick: „Dieser
gesicht- und gestaltlo-
se Unhold und Flügel-
mann Zarathustra mit
der Rosenkrone des
Lachens auf dem un-
kenntlichen Haupt, sei-
nem „Werdet hart!“ und
seinen Tänzerbeinen ist
keine Schöpfung, er ist
Rhetorik, erregter Wort-
witz, gequälte Stimme
und zweifelhafte Pro-
phetie, ein Schemen
von hilfloser Grandez-
za, oft rührend und al-
lermeist peinlich - eine
an der Grenze des Lä-
cherlichen schwanken-
DER SPIEGEL 24/1981.
de Unfigur“.
57