Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie'
die ursprüngliche Bedeutung marginal bzw. schwindet. Ein namengebender Bach
kann dann versiegen, ohne dass sich der Name ändert.
Obwohl Namen identifizieren und damit stabil bleiben sollten, entwickeln
sie sich wie die Sprache über die Jahrhunderte gesehen teils erheblich. So geht der
heute sehr kurze Name Sierße, Kreis Peine, auf ein Sigihardishusen zurück. Es
sind daher genaue Kenntnisse des örtlichen Dialekts bzw. der einstmals vor Ort
gesprochenen Sprache(n) nötig. So waren es in Süddeutschland neben dem Deut-
schen auch das Lateinische und Keltische, teils auch das Slavische. Gleichzeitig gibt
es regional begrenzte Namenmoden und -typen. Zudem können sich die gleichen
Namenelemente je nach Region in ihrer Veiwendung und Funktion oder Bedeu-
tung voneinander unterscheiden. Sowohl in Nord- wie in Süddeutschland finden
sich zahlreiche Ortsnamen, die auf -ing oder -ingen ausgehen. Während sie im
Süden vor allem mit einem Personennamen im vorderen Teil des Namens gebildet
sind, ist das in Niedersachsen und Westfalen nicht oder nur teilweise der Fall. Hier
besteht die Funktion darin, das Vorhandensein des im Namen Genannten anzu-
geben. Ein Name wie Reitlingen sagt lediglich, dass dort Schilf, Reet existiert.
Es gibt drei Möglichkeiten, einen Namen zu bilden. Der einfachste ist der,
dass ein Wort zu einem Namen wird. München ist zu interpretieren als „bei den
Mönchen“, Reute als „Rodung“. Die meisten Namen sind aus zwei Elementen
zusammengesetzt, wobei die Anzahl der Zweitelemente relativ eingeschränkt ist,
weil mit ihnen eine Auffälligkeit wie Berg, Tal, Moor, eine Rodung oder eine Sied-
lung (hausen, heim, dorf) benannt wird.
Das Bestimmungswort kann aus einem Namen oder einem Wort bestehen.
Handelt es sich um einen Namen, liegt in den meisten Fällen ein Personenname
vor. Völker- oder Stammesnamen sind sehr selten. Prominentestes Beispiel ist si-
cher Frankfurt - eine Furt der Franken. Frauennamen sind äußerst selten, was die
die früh- und hochmittelalterlichen Lebensverhältnisse widerspiegelt. Handelt es
sich um ein Wort, liegen Konkreta vor, wobei sich unseren heutigen Vorstellungen
die Feindifferenzierung gelegentlich entzieht. Dass Wald nicht gleich Wald ist und
im niedersächsisch-westfälischen Raum nur selten mit dem Wort Wald selbst be-
zeichnet wird, belegt die Zusammenstellung der mehr als 20 verschiedenen in den
Ortsnamen belegten Bezeichnungen für Wald, auch Niederwald, Gestrüpp usw.
Zwar bestehen Unterschiede zwischen einem unspezifischen Waldwort wie holt
und der Bezeichnung sprok „Reisig, dürres Holz“, auch „Leseholz“. Was aber der
Unterschied zwischen holt und widu ist, bleibt unklar.
Ein dritter Typ ist der suffixale Ortsname. Hier tritt ein Ableitungselement,
ein Suffix, an ein Wort bzw. Wortstamm an. Anders als in der Sprache wird dieser
Bildungstyp in Ortsnamen sehr früh nicht mehr veiwendet.
Da Ortsnamen sich nicht fortbewegen, in großer Zahl existieren und Räu-
me flächendeckend überspannen, sind sie hervorragend geeignet, übergreifende
sprachliche Untersuchungen anzustellen und auch Kontakte zwischen verschiede-
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die ursprüngliche Bedeutung marginal bzw. schwindet. Ein namengebender Bach
kann dann versiegen, ohne dass sich der Name ändert.
Obwohl Namen identifizieren und damit stabil bleiben sollten, entwickeln
sie sich wie die Sprache über die Jahrhunderte gesehen teils erheblich. So geht der
heute sehr kurze Name Sierße, Kreis Peine, auf ein Sigihardishusen zurück. Es
sind daher genaue Kenntnisse des örtlichen Dialekts bzw. der einstmals vor Ort
gesprochenen Sprache(n) nötig. So waren es in Süddeutschland neben dem Deut-
schen auch das Lateinische und Keltische, teils auch das Slavische. Gleichzeitig gibt
es regional begrenzte Namenmoden und -typen. Zudem können sich die gleichen
Namenelemente je nach Region in ihrer Veiwendung und Funktion oder Bedeu-
tung voneinander unterscheiden. Sowohl in Nord- wie in Süddeutschland finden
sich zahlreiche Ortsnamen, die auf -ing oder -ingen ausgehen. Während sie im
Süden vor allem mit einem Personennamen im vorderen Teil des Namens gebildet
sind, ist das in Niedersachsen und Westfalen nicht oder nur teilweise der Fall. Hier
besteht die Funktion darin, das Vorhandensein des im Namen Genannten anzu-
geben. Ein Name wie Reitlingen sagt lediglich, dass dort Schilf, Reet existiert.
Es gibt drei Möglichkeiten, einen Namen zu bilden. Der einfachste ist der,
dass ein Wort zu einem Namen wird. München ist zu interpretieren als „bei den
Mönchen“, Reute als „Rodung“. Die meisten Namen sind aus zwei Elementen
zusammengesetzt, wobei die Anzahl der Zweitelemente relativ eingeschränkt ist,
weil mit ihnen eine Auffälligkeit wie Berg, Tal, Moor, eine Rodung oder eine Sied-
lung (hausen, heim, dorf) benannt wird.
Das Bestimmungswort kann aus einem Namen oder einem Wort bestehen.
Handelt es sich um einen Namen, liegt in den meisten Fällen ein Personenname
vor. Völker- oder Stammesnamen sind sehr selten. Prominentestes Beispiel ist si-
cher Frankfurt - eine Furt der Franken. Frauennamen sind äußerst selten, was die
die früh- und hochmittelalterlichen Lebensverhältnisse widerspiegelt. Handelt es
sich um ein Wort, liegen Konkreta vor, wobei sich unseren heutigen Vorstellungen
die Feindifferenzierung gelegentlich entzieht. Dass Wald nicht gleich Wald ist und
im niedersächsisch-westfälischen Raum nur selten mit dem Wort Wald selbst be-
zeichnet wird, belegt die Zusammenstellung der mehr als 20 verschiedenen in den
Ortsnamen belegten Bezeichnungen für Wald, auch Niederwald, Gestrüpp usw.
Zwar bestehen Unterschiede zwischen einem unspezifischen Waldwort wie holt
und der Bezeichnung sprok „Reisig, dürres Holz“, auch „Leseholz“. Was aber der
Unterschied zwischen holt und widu ist, bleibt unklar.
Ein dritter Typ ist der suffixale Ortsname. Hier tritt ein Ableitungselement,
ein Suffix, an ein Wort bzw. Wortstamm an. Anders als in der Sprache wird dieser
Bildungstyp in Ortsnamen sehr früh nicht mehr veiwendet.
Da Ortsnamen sich nicht fortbewegen, in großer Zahl existieren und Räu-
me flächendeckend überspannen, sind sie hervorragend geeignet, übergreifende
sprachliche Untersuchungen anzustellen und auch Kontakte zwischen verschiede-
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