Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014
— 2015
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https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0096
DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2014
DOI Kapitel:II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:Casemir, Kirstin: Linsengericht. Bierbergen und Elend, Deutsche Ortsnamen und ihre Entstehung: Mitarbeitervortrag
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0096
- Schmutztitel
- Titelblatt
- Geleitwort
- 7-12 Inhaltsverzeichnis
- 13-128 A. Das akademische Jahr 2014
-
129-228
B. Die Forschungsvorhaben
- 129-130 I. Forschungsvorhaben und Arbeitsstellenleiter
-
131-225
II. Tätigkeitsberichte
- 131-132 1. Goethe-Wörterbuch (Tübingen)
- 133-141 2. The Role of Culture in Early Expansions of Humans (Frankfurt und Tübingen)
- 141-145 3. Historische und rezente Hochwasserkonflikte an Rhein, Elbe und Donau im Spannungsfeld von Naturwissenschaft, Technik und Sozialökologie (Stuttgart)
- 145-148 4. Deutsche Inschriften des Mittelalters
- 149-151 5. Wörterbuch der altgaskognischen Urkundensprache/Dictionnaire onomasiologique de l’ancien gascon (DAG)
- 151-156 6. Deutsches Rechtswörterbuch
- 156-158 7. Martin Bucers Deutsche Schriften
- 158-162 8. Melanchthon-Briefwechsel
- 162-167 9. Dictionnaire étymologique de l’ancien français (DEAF)/Altfranzösisches etymologisches Wörterbuch
- 167-171 10. Epigraphische Datenbank Heidelberg (EDH)
- 172-175 11. Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts
- 175-181 12. Edition literarischer Keilschrifttexte aus Assur
- 181-187 13. Buddhistische Steininschriften in Nordchina
- 187-192 14. Geschichte der südwestdeutschen Hofmusik im 18. Jahrhundert
- 193-196 15. Nietzsche-Kommentar (Freiburg)
- 196-199 16. Klöster im Hochmittelalter: Innovationslabore europäischer Lebensentwürfe und Ordnungsmodelle
- 200-207 17. Der Tempel als Kanon der religiösen Literatur Ägyptens (Tübingen)
- 207-210 18. Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Freiburg)
- 210-216 19. Kommentierung und Gesamtedition der Werke von Karl Jaspers sowie Edition der Briefe und des Nachlasses in Auswahl
- 216-219 20. Historisch-philologischer Kommentar zur Chronik des Johannes Malalas (Tübingen)
- 219-225 21. Religions- und rechtsgeschichtliche Quellen des vormodernen Nepal
- 226-228 III. Archivierung der Materialien abgeschlossener Forschungsvorhaben
-
229-309
C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
- 229-233 I. Die Preisträger
-
234-302
II. Das WIN-Kolleg
- 234-235 Aufgaben und Ziele
- 236-238 Verzeichnis der WIN-Kollegiaten
- 239 Fünfter Forschungsschwerpunkt „Neue Wege der Verflechtung von Natur‑ und Geisteswissenschaften“
-
251
Sechster Forschungsschwerpunkt „Messen und Verstehen der Welt durch die Wissenschaft“
- 251 3. Analyzing, Measuring and Forecasting Financial Risks by means of High-Frequency Data
- 252-257 4. Das menschliche Spiegelneuronensystem: Wie erfassen wir, was wir nicht messen können?
- 257-259 5. Geld, Gunst und Gnade. Die Monetarisierung der Politik im 12. und 13. Jahrhundert
- 259-264 6. Neogeographie einer Digitalen Erde: Geo-Informatik als methodische Brücke in der interdisziplinären Naturgefahrenanalyse (NEOHAZ)
- 264-267 7. Quantifizierung und Operationalisierung der Verhältnismäßigkeit von internationalen und interlokalen Sanktionen
- 267-269 8. Selbstregulierung in den Naturwissenschaften
- 270-275 9. Texte messen – Messungen interpretieren. Altertumswissenschaften und Digital Humanities als zukunftsträchtige Symbiose
- 275-278 10. Vom corpus iuris zu den corpora iurum. Konzeption und Erschließung eines juristischen Referenzkorpus (JuReko)
- 278-281 11. Die Vermessung der Welt: Religiöse Deutung und empirische Quantifizierung im mittelalterlichen Europa
- 281-284 12. Wissen(schaft), Zahl und Macht
- 284-290 13. Thermischer Komfort und Schmerz: Verstehen von menschlicher Adaption an Störfaktoren durch die Kombination psychologischer, physikalischer und physiologischer Messungen und Messmethoden
- 291-293 14. Charakterisierung von durchströmten Gefäßen und der Hämodynamik mittels modell- und simulationsbasierter Fluss-MRI (CFD-MRI)
- 294-299 15. Zählen und Erzählen – Spielräume und Korrelationen quantitativer und qualitativer Welterschließung
- 300-302 16. Metaphern und Modelle. Zur Übersetzung von Wissen in Verstehen
- 303-309 III. Akademiekonferenzen
- 311-368 D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
- 401-406 E. Anhang
- 407-415 Personenregister
III. Veranstaltungen
nen Völkern festzustellen. Weiterhin können Namen Auskünfte geben über sozia-
le oder rechtliche Verhältnisse, Vorstellungen der Bevölkerung oder die historische
Fauna oder Flora. Aber auch „negative“ Ergebnisse lassen sich durch Ortsnamen
ermitteln. So stellte die Einführung des Christentums einen starken Einschnitt dar
und man sollte erwarten, dass dieses seinen Niederschlag in den Ortsnamen fand,
zumal Kirchen und Klöster großen Landbesitz hatten und an Rodungen sowie
Neusiedlungen erheblichen Anteil hatten. Für Nordwestdeutschland ist insgesamt
von ca. 40.000 Ortsnamen auszugehen. Nur etwas mehr als 300 von diesen enthal-
ten nach derzeitigem Forschungsstand Bezeichnungen für geistliche Bauten oder
Ämter. Viele dieser Ortschaften sind recht junge Namen auf -rode oder -hagen
und viele von ihnen wurden später wieder aufgegeben, erwiesen sich also als Fehl-
siedlungen. Deutlich weniger Ortsnamen (etwas mehr als 100 Namen) enthalten
Heiligennamen wie Maria, was einem Anteil von 0,25 % im Namenbestand ent-
spricht. Hierbei handelt es sich häufig um Klostergründungen. Das zeigt, dass ein
gesellschaftlich relevanter Einschnitt sich nicht zwangsläufig in Namen spiegeln
muss bzw. andere Motive wichtiger waren.
Abschließend seien die drei im Titel genannten Namen erklärt. Bier gibt es
in Bierbergen selbstverständlich nicht oder war zumindest nicht namengebend.
Vielmehr gab es an der Stelle einen Birnbaum oder mehrere Birnbäume. Die Bir-
ne lautete älter bire, d. h. enthielt kein -n-. Dieses drang erst durch die flektierten
Formen allmählich ein, so dass die heutige Form Birne entstand. Für Elend be-
stehen zwei Möglichkeiten: entweder ist eine Grenze gemeint - elilenti bedeu-
tet das „fremde Land“. In jüngeren Namen kann auch das schlechte oder schwer
zu bearbeitende Land gemeint sein, was angesichts der Lage Elends im Hochharz
etwas überzeugender ist. Der Name Linsengericht ist erst jung. Der Gemeinde-
name entstand 1970 im Zuge der Gemeindereform. Älteste Belege für das Gebiet
als Linsengericht finden sich erst aus dem 19. Jahrhundert. Dabei reflektiert das
Element gericht durchaus hochmittelalterliche Rechtsformen, denn die fünf zu
Linsengericht gehörenden Orte bildeten gemeinsam einen Gerichtsbezirk. Für das
Vorderelement ist ein Zusammenhang mit dem dortigen großflächigen Linsenan-
bau zu sehen.
Dr. Kirstin Casemir ist Leiterin der Forschungsstelle „Ortsnamen zwischen Rhein und Elbe -
Onomastik im europäischen Raum“ der Göttinger Akademie der Wissenschaften.
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nen Völkern festzustellen. Weiterhin können Namen Auskünfte geben über sozia-
le oder rechtliche Verhältnisse, Vorstellungen der Bevölkerung oder die historische
Fauna oder Flora. Aber auch „negative“ Ergebnisse lassen sich durch Ortsnamen
ermitteln. So stellte die Einführung des Christentums einen starken Einschnitt dar
und man sollte erwarten, dass dieses seinen Niederschlag in den Ortsnamen fand,
zumal Kirchen und Klöster großen Landbesitz hatten und an Rodungen sowie
Neusiedlungen erheblichen Anteil hatten. Für Nordwestdeutschland ist insgesamt
von ca. 40.000 Ortsnamen auszugehen. Nur etwas mehr als 300 von diesen enthal-
ten nach derzeitigem Forschungsstand Bezeichnungen für geistliche Bauten oder
Ämter. Viele dieser Ortschaften sind recht junge Namen auf -rode oder -hagen
und viele von ihnen wurden später wieder aufgegeben, erwiesen sich also als Fehl-
siedlungen. Deutlich weniger Ortsnamen (etwas mehr als 100 Namen) enthalten
Heiligennamen wie Maria, was einem Anteil von 0,25 % im Namenbestand ent-
spricht. Hierbei handelt es sich häufig um Klostergründungen. Das zeigt, dass ein
gesellschaftlich relevanter Einschnitt sich nicht zwangsläufig in Namen spiegeln
muss bzw. andere Motive wichtiger waren.
Abschließend seien die drei im Titel genannten Namen erklärt. Bier gibt es
in Bierbergen selbstverständlich nicht oder war zumindest nicht namengebend.
Vielmehr gab es an der Stelle einen Birnbaum oder mehrere Birnbäume. Die Bir-
ne lautete älter bire, d. h. enthielt kein -n-. Dieses drang erst durch die flektierten
Formen allmählich ein, so dass die heutige Form Birne entstand. Für Elend be-
stehen zwei Möglichkeiten: entweder ist eine Grenze gemeint - elilenti bedeu-
tet das „fremde Land“. In jüngeren Namen kann auch das schlechte oder schwer
zu bearbeitende Land gemeint sein, was angesichts der Lage Elends im Hochharz
etwas überzeugender ist. Der Name Linsengericht ist erst jung. Der Gemeinde-
name entstand 1970 im Zuge der Gemeindereform. Älteste Belege für das Gebiet
als Linsengericht finden sich erst aus dem 19. Jahrhundert. Dabei reflektiert das
Element gericht durchaus hochmittelalterliche Rechtsformen, denn die fünf zu
Linsengericht gehörenden Orte bildeten gemeinsam einen Gerichtsbezirk. Für das
Vorderelement ist ein Zusammenhang mit dem dortigen großflächigen Linsenan-
bau zu sehen.
Dr. Kirstin Casemir ist Leiterin der Forschungsstelle „Ortsnamen zwischen Rhein und Elbe -
Onomastik im europäischen Raum“ der Göttinger Akademie der Wissenschaften.
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