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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

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A. Das akademische Jahr 2014
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II. Wissenschaftliche Vorträge
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Esch, Arnold: Große Geschichte und kleines Leben. Wie Menschen in historischen Quellen zu Wort kommen: Akademievorlesung
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https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0118
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III. Veranstaltungen

Lizenzen, Verträge mit Ammen, mit Mäusefängern usw. erhalten sind, die doch
nur für den Tag geschrieben waren und gar nicht überliefert sein wollten]
Das ist Alltagsgeschichte pur, während unsere Pönitentiarie-Quelle doch
auch anderes gibt: elementare menschliche Erfahrungen, die nicht die Umwelt des
Alltags, sondern die Innenwelt des Menschen betreffen. Und anders ist eben auch
der Überlieferungsweg: Bei unseren Pönitentiarie-Stücken stand sozusagen am
Eingang der Arche Noah der Überlieferung eine Institution (die Kirche), die nur
Fälle von menschlicher und kirchenrechtlicher Problematik hineinließ. Und auch
der Ausgang aus der Arche war gesichert: da stand nicht der Überlieferungs-Zu-
fall, der blind zuschlägt und die Überlieferung absichtslos dezimiert: 10 m weiter
rechts in Oxyrhynchos, und der Sand ist feucht und konserviert die dort liegenden
Papyri nicht. Während der Zufall über das päpstliche Archiv keine Macht hatte:
wer da erst einmal drin ist, auch der Kleinste, kommt da heute wohlbehalten und
ungehindert wieder heraus. Einzige Voraussetzung: dass ein Historiker in der Nä-
he und bereit ist, auch gewöhnliche Menschen wahrzunehmen - sonst bleiben sie
zwischen den großen Tieren der Arche unbemerkt.
Diese Quelle zeigt nicht ein „anderes“, ein „neues“ Mittelalter. Aber sie zeigt
menschliches Verhalten in einem breiten Spektrum auch extremer Situationen,
zeigt sozusagen einige Schwingungen menschlichen Verhaltens mehr als andere
Quellen, und von diesen Menschen endlich einmal selbst erzählt und so persön-
lich, dass wir sie ausreden lassen und ihnen nicht gleich mit kanonistischen Fragen
ins Wort fallen sollten.
Natürlich müssen solche kleinen Aussagen immer in größere Zusammenhän-
ge eingeordnet werden. Wenn man sie isoliert belässt, ihre Thematisierung als neue
Wissenschaft hinstellt (obwohl die Geschichtswissenschaft sich doch wahrhaftig
auch früher schon mit ähnlichen Quellen beschäftigt hat), dann ist die vermehrte
Berücksichtigung solcher Quellen nicht die behauptete (und gewiss eiwünschte)
Ausweitung des bisherigen Horizonts: dann ist sie, im Gegenteil, eine Verengung,
wenn sie darüber die großen Entwicklungslinien aus dem Auge verliert. Man ver-
schone uns mit der Alternative Hänschen klein ODER Karl der Große.
Man könnte nun meinen, dass unsere Frage, wie gewöhnliche Menschen in
historischen Quellen zu Worte kommen, in der Neueren Geschichte kein Prob-
lem mehr sei. Schon der frühmoderne Staat erfasst sie alle - aber ob sie auch zu
Worte kommen, ist eine andere Frage. All die publizierten Memoiren einfacher
Leute, dann die Arbeiter-Memoiren des 19. Jahrhunderts, sind nur auf ausdrück-
liche Ermutigung durch Pfarrer, Literaten, Sozialdemokraten geschrieben worden
(oder ausnahmsweise auch aus dem pietistischen Bedürfnis, über jeden Schritt des
eigenen Lebens vor Gott Rechenschaft zu geben). Denn wer, dachten sich diese
Arbeiter, will das schon lesen?
Dazu, am Rande, eine nichtliterarische Quellengattung aus dem Rom des
späten 19. Jahrhunderts. Wie die Großen, die Namhaften der Literatur, der Kunst,

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