C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
raturgeschichtlichen Phänomens der Intrige in der mittelalterlichen Literatur wid-
met, und verfolgt dabei eine dezidiert historisch-narratologische Perspektive. Im
Zentrum steht die Frage nach dem literarischen Umgang und der wissenschaft-
lichen Erschließung von narrativen Mustern wie der Intrige, aber auch anderen
wie der Heldenreise oder Brautwerbung, die als symbolische Repräsentationen
„anthropologisch vorgegebene [r], kulturell entwickelte [r] und diversifizierte [r]
Grundmuster“2 zum Kernbestand abendländischer Literaturgeschichte gehören
und in charakteristischer Weise zur Welterschließung beitragen. Entscheidend ist
dabei der Ansatz, dass diese narrativen Muster in der Regel durch numerisch ve-
rifizierbare „Erzählbausteine“ festgelegt sind, ihre Qualität jedoch darauf beruht,
dass in der jeweiligen narrativen Entfaltung und ästhetischen Darstellung „mehr“
geboten wird als die Summe der Einzelbausteine. Das Erkenntnisinteresse des
Projektes ist hierbei ein spezifisch doppeltes: (1) Literarisches zählen und erzählen:
Wie gestaltet sich in mittelalterlichen literarischen Erzählmustern die narrative
Welterschließung? Worin besteht das Potenzial operativer Verfahren und Funk-
tionen des Messens und inwiefern ist literarisches Erzählen zugleich auch immer
mehr als die Summe seiner Teile? Pointiert gefragt: Wie und wo verortet sich das
spezifisch Literarische im Spannungsfeld quantitativer und diskursiver Informati-
onsvergabe und wie schlägt das eine in das andere um? (2) Narratologie: Was leistet
in diesem Zusammenhang die Narratologie, die als Wissenschaft des Erzählens
ihrem Untersuchungsgegenstand methodisch Rechnung trägt? Worin liegt bei-
spielsweise das Potenzial einer quantitativen Herangehensweise, die mehrere Texte
in den Blick nimmt und für diese systematisch einen „typische [n] Handlungs-
oder Erzählablauf“3 herausarbeitet, der sich nach gemeinsamen, d. h. teilbaren
Einheiten im Sinne von so genannten „Handlungsfixpunkten“4 oder „Stationen“5
sequenzieren lässt? Und was erreichen demgegenüber narratologische Methoden,
die sich - insbesondere seit dem cultural turn verstärkt auch interdisziplinär - v. a.
qualitativ der inhaltlichen Analyse, sprachlich-formalen Präsentation und histo-
risch-kulturellen Kontextualisierung von Erzählmustern in Einzeltexten widmen
und dabei neben Gemeinsamkeiten v. a. auch Differenzen z. B. zur literarischen
Darstellung des Musters in anderen Texten oder zum außerliterarischen Kontext
herausarbeiten? Mit anderen Worten: Wie stehen die unterschiedlichen quantita-
2 Sdiönert, Jörg: Zum Status und zur disziplinären Reichweite von Narratologie. In: Geschichts-
darstellung. Medien - Methoden - Strategien. Hg. von Vittoria Borsö und Christoph Kann.
Köln 2004, S. 131 - 143, hier S. 132.
3 Martinez, Matias: Erzählschema. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Bd. 1.
Hg. von Klaus Weimar gemeinsam mit Harald Fricke [u. a.] Berlin, New York 1997, Sp. 506-
509, hier Sp. 506.
4 Schmid-Cadalbert, Christian: Der Ortnit AW als Brautwerbungsdichtung. Ein Beitrag zum Ver-
ständnis mittelhochdeutscher Schemaliteratur. Bern 1985, S. 87.
5 Vgl. z. B. Pörksen, Gunhild und Uwe: Die „Geburt“ des Helden in mittelhochdeutschen Epen
und epischen Stoffen des Mittelalters. In: Euphorien 74 (1980), S. 257-286.
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raturgeschichtlichen Phänomens der Intrige in der mittelalterlichen Literatur wid-
met, und verfolgt dabei eine dezidiert historisch-narratologische Perspektive. Im
Zentrum steht die Frage nach dem literarischen Umgang und der wissenschaft-
lichen Erschließung von narrativen Mustern wie der Intrige, aber auch anderen
wie der Heldenreise oder Brautwerbung, die als symbolische Repräsentationen
„anthropologisch vorgegebene [r], kulturell entwickelte [r] und diversifizierte [r]
Grundmuster“2 zum Kernbestand abendländischer Literaturgeschichte gehören
und in charakteristischer Weise zur Welterschließung beitragen. Entscheidend ist
dabei der Ansatz, dass diese narrativen Muster in der Regel durch numerisch ve-
rifizierbare „Erzählbausteine“ festgelegt sind, ihre Qualität jedoch darauf beruht,
dass in der jeweiligen narrativen Entfaltung und ästhetischen Darstellung „mehr“
geboten wird als die Summe der Einzelbausteine. Das Erkenntnisinteresse des
Projektes ist hierbei ein spezifisch doppeltes: (1) Literarisches zählen und erzählen:
Wie gestaltet sich in mittelalterlichen literarischen Erzählmustern die narrative
Welterschließung? Worin besteht das Potenzial operativer Verfahren und Funk-
tionen des Messens und inwiefern ist literarisches Erzählen zugleich auch immer
mehr als die Summe seiner Teile? Pointiert gefragt: Wie und wo verortet sich das
spezifisch Literarische im Spannungsfeld quantitativer und diskursiver Informati-
onsvergabe und wie schlägt das eine in das andere um? (2) Narratologie: Was leistet
in diesem Zusammenhang die Narratologie, die als Wissenschaft des Erzählens
ihrem Untersuchungsgegenstand methodisch Rechnung trägt? Worin liegt bei-
spielsweise das Potenzial einer quantitativen Herangehensweise, die mehrere Texte
in den Blick nimmt und für diese systematisch einen „typische [n] Handlungs-
oder Erzählablauf“3 herausarbeitet, der sich nach gemeinsamen, d. h. teilbaren
Einheiten im Sinne von so genannten „Handlungsfixpunkten“4 oder „Stationen“5
sequenzieren lässt? Und was erreichen demgegenüber narratologische Methoden,
die sich - insbesondere seit dem cultural turn verstärkt auch interdisziplinär - v. a.
qualitativ der inhaltlichen Analyse, sprachlich-formalen Präsentation und histo-
risch-kulturellen Kontextualisierung von Erzählmustern in Einzeltexten widmen
und dabei neben Gemeinsamkeiten v. a. auch Differenzen z. B. zur literarischen
Darstellung des Musters in anderen Texten oder zum außerliterarischen Kontext
herausarbeiten? Mit anderen Worten: Wie stehen die unterschiedlichen quantita-
2 Sdiönert, Jörg: Zum Status und zur disziplinären Reichweite von Narratologie. In: Geschichts-
darstellung. Medien - Methoden - Strategien. Hg. von Vittoria Borsö und Christoph Kann.
Köln 2004, S. 131 - 143, hier S. 132.
3 Martinez, Matias: Erzählschema. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Bd. 1.
Hg. von Klaus Weimar gemeinsam mit Harald Fricke [u. a.] Berlin, New York 1997, Sp. 506-
509, hier Sp. 506.
4 Schmid-Cadalbert, Christian: Der Ortnit AW als Brautwerbungsdichtung. Ein Beitrag zum Ver-
ständnis mittelhochdeutscher Schemaliteratur. Bern 1985, S. 87.
5 Vgl. z. B. Pörksen, Gunhild und Uwe: Die „Geburt“ des Helden in mittelhochdeutschen Epen
und epischen Stoffen des Mittelalters. In: Euphorien 74 (1980), S. 257-286.
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